1.8 Belagernde Globalisierung und moralische Ökonomie

1.8 Belagernde Globalisierung und moralische Ökonomie Yusuf Kuhn

Um das Verhältnis von Globalisierung und islamischer Gouvernanz näher zu bestimmen, beginnt Hallaq mit einer schematischen Beschreibung der wichtigsten Voraussetzungen, die für eine islamische Gouvernanz gegeben sein müssten:

Nehmen wir an, um den Gedankengang einmal durchzuspielen, dass die islamische Gouvernanz vollends errichtet worden ist. Nehmen wir an, dass die Minimalbedingungen für eine derartige Hervorbringung erfüllt worden sind, einschließlich der, aber nicht begrenzt auf die folgenden: (1) die Errichtung einer göttlichen Souveränität, in der Gottes kosmische Moralgesetze als ein System von Moralprinzipien in praktische »rechtliche« Normen übersetzt sind; (2) eine robuste Trennung der Gewalten, wobei die Legislative – die Entdeckerin der besagten praktischen »rechtlichen« Normen – vollkommen unabhängig ist und die Quelle aller Gesetze des Landes wahrhaft repräsentiert; (3) die legislative und die judikative Gewalt sind aus einem moralischen Stoff gewoben, dessen Kette und Schuss ein durchgängiges Amalgam von Tatsache und Wert sowie von Sein und Sollen ist; (4) eine exekutive Gewalt ist weitgehend auf die Umsetzung des legislativen Willens beschränkt, und es ist ihr erlaubt, temporäre und kleine administrative Regelungen zu erlassen, die mit diesem Willen verträglich sind; (5) eine Lage, in der moralisch gegründete praktische »Rechtsnormen« in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden, indem sie die Gemeinschaft qua Gemeinschaft nähren und ihren Interessen als einer moralisch konstituierten Wesenheit dienen (dies beinhaltet eine gesunde Portion von Egalitarismus und eine koranisch gegründete Ordnung der sozialen Gerechtigkeit); (6) Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen werden entworfen und betrieben von einer völlig unabhängigen Zivilgesellschaft, die durch eine Dialektik der Bedingungen 1-5 oben gebildet worden ist; (7) das Bildungssystem, das niedrigere und das höhere, stellt und beantwortet Fragen über den Sinn des guten Lebens und engagiert Natur- und Geisteswissenschaften nur insofern, als das moralisch gute Leben eine Untersuchung erfordert (hier wird die Vernunft nicht instrumentalisiert); (8) der Begriff des Bürgers ist erfolgreich umgebildet in den Begriff der paradigmatisch moralischen Gemeinschaft, in der jedes Mitglied mit anderen Mitgliedern in einer moralischen Beziehung wechselseitiger Bindungen steht (hier ist der schmittianische Begriff des Politischen der Vergessenheit übergeben und zusammen mit ihm das Opfer des Bürgers); und (9) die einzelnen Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft üben die Kunst der Sorge für das Selbst, indem sie sich, vereinigt wie getrennt, als eine Erweiterung eines moralisch erfüllten Universums sehen. (139-140; Hervorhebung im Original)

1.8.1 Eine globalisierte Welt

Wenn man annimmt, dass eine islamische Gouvernanz unter den Bedingungen der bestehenden Weltlage entsteht, muss auch angenommen werden, dass sie in einer Gemeinschaft mit modernen Staaten leben und von diesen als politische Entität anerkannt werden muss. Darüber hinaus wird sie mit dem diese internationale Staatenordnung zunehmend prägenden Phänomen der Globalisierung konfrontiert werden, die nicht nur ökonomische, sondern auch politische und kulturelle Formen der Hegemonie mit sich bringt. Diese Hegemonie macht sich besonders stark bemerkbar durch die damit einhergehende wechselseitige Durchdringung des Lokalen und Globalen, die insbesondere durch die neuen Technologien der Telekommunikation hervorgerufen wird.

Die ökonomische Hegemonie als Teil der Globalisierung ist zweifellos kapitalistischer Natur. Die Globalisierung ist ein Projekt der reichen und mächtigen Staaten und der ihnen zugehörigen riesigen Konzerne in Gestalt von Kapitalgesellschaften. Das politisch-ökonomische Paradigma dieser mächtigen Staaten ist der Liberalismus mit dem Ziel der Schaffung eines von ihnen kontrollierten Weltmarktes unter weitgehend einheitlichen Rechtsnormen. Auch wenn diese Expansion staatliche Grenzen überschreitet, verkörpert und spiegelt sie doch nahezu die Ideologie des liberalen Staates.

Die Globalisierung auf der kulturellen Ebene bringt die schnelle, aggressive und massive Verbreitung von Formen der westlichen Kultur mit sich, die sich überall ausbreiten und alle nicht-westlichen Kulturen und Traditionen zu zerstören drohen. Der Staat büßt zwar sein Monopol auf die Produktion der Kultur ein, indem wesentliche Funktionen von transnationalen Konzernen übernommen werden. Die Formen der Kultur, die dadurch verbreitet werden, ändern sich jedoch im Kern nicht.

Auf der politisch-militärischen Ebene bleibt der Staat ein entscheidender Hebel der Globalisierung. Die westliche Hegemonie basiert auf dem westlichen Staat als einer globalen Form der Staatsmacht.

Herausragend ist freilich der ökonomische Aspekt der Globalisierung. Die Institutionen, Mechanismen und Märkte, auf die sich die westliche Hegemonie stützt, sind großenteils ein Werk des Staates, wobei sich die ideologische Ausrichtung auf materiellen Reichtum, ökonomisches Wachstum und Profit auf Kosten aller anderen Normen und Werte ohnehin mit der herrschenden Logik des modernen Staates deckt.

Eine zentrale Rolle als treibende Kraft der kapitalistischen Globalisierung spielt der transnationale Konzern, der historisch auf die vom Staat geschaffene und regulierte Kapitalgesellschaft als Korporation zurückgeht. Der frühe moderne Staat erkannte zwar die moralische Verwerflichkeit dieser Korporation an und hat sie zeitweilig mit der Begründung verboten, dass sie die persönliche moralische Verantwortlichkeit untergräbt, aber sie schließlich doch sogar mit einer erweiterten juristischen Persönlichkeit erlaubt.

Eine Korporation in diesem Sinne ist eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschafter (Aktionäre, Anteilseigner) mit Einlagen auf das in Anteilen zerlegte Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft zu haften. Eben diese »Unverantwortlichkeit« hatte ursprünglich zu ihrem Verbot durch die britische Regierung geführt, die dadurch eine Auflösung der persönlichen moralischen Verantwortlichkeit befürchtete, die jahrhundertelang die Geschäftswelt geprägt hatte. Über den Charakter dieser Korporation kann jedenfalls kein Zweifel bestehen.

So legt Hallaq dar:

Die Korporation wird durch das Gesetz zu einem einzigen Zweck geschaffen: ihren Reichtum zu mehren und diesen Zweck über alle anderen zu erheben, einschließlich der sozialen Verantwortung, die, wenn sie überhaupt besteht, in den Dienst der Schaffung von noch mehr Profit gestellt wird. (145)

Die korporativ verfassten transnationalen Konzerne sind berüchtigt dafür, im Interesse der Profitmaximierung und Kapitalakkumulation vor dem Einsatz keiner noch so unmenschlichen, ausbeuterischen und naturzerstörenden Praktik bis hin zur massenhaften Vernichtung von Menschenleben zurückzuschrecken, da diese lediglich als Ressourcen und allenfalls externe Kosten verbucht werden.

Die Betrachtung der Globalisierung und der Rolle des Staates zeigt, dass sich weder die Formeigenschaften des Staates grundsätzlich verändert haben, noch die Globalisierung wesentliche neue Eigenschaften eingeführt hat, so dass sich auch durch die Globalisierung keine wesentlichen Veränderungen hinsichtlich der Rahmenbedingungen für die islamische Gouvernanz ergeben.

Die islamische Gouvernanz muss den Herausforderungen des modernen Staates und der Globalisierung begegnen, wobei allerdings ein Faktor, der im Zusammenhang der Globalisierung besonders hervorgetreten ist, noch in seinem Verhältnis zur islamischen Gouvernanz zu untersuchen bleibt, nämlich der Kapitalismus. Dies ist bisher nicht geschehen, denn Hallaq rechnet den Kapitalismus nicht zu den wesentlichen Eigenschaften des modernen Staates, da er eine bestimmte ökonomische Ausrichtung nicht zum Wesensmerkmal des Staates erklären will, um damit nicht die Möglichkeit der Existenz beispielsweise eines sozialistischen Staates auszuschließen.

1.8.2 Die moralische Ökonomie des Islam

Die islamische Wirtschaftsordnung basiert auf einer Vorstellung der Welt, des Menschen und des politischen Lebens, die von der Scharia geprägt ist. Während die liberale Ökonomie Profitmaximierung und Kapitalakkumulation zum höchsten Zweck erhebt, beruht das islamische Paradigma auf einer moralischen Ökonomie, in der bei aller Vielfalt die Werte und Normen der Scharia unangefochten an erster Stelle stehen.

Zum Verhältnis von Kapitalismus und Scharia führt Hallaq aus:

Der Erfolg kann durch die unbestreitbare Tatsache ermessen werden, dass die islamische materielle Zivilisation und der islamische regionale und internationale Handel zu den kraftvollsten und hervorragendsten in der vormodernen Weltgeschichte gehörten. Diese (möglicherweise untertriebene) Charakterisierung wird nicht nur durch das, was wir über den Islam und seine Wirtschaftsgeschichte wissen, erwiesen, sondern auch durch die Tatsache bestätigt, dass der europäische Kolonialismus im neunzehnten Jahrhundert die muslimischen Gebiete nicht wirklich unter seine Herrschaft bringen konnte, ohne zuerst die ökonomischen Strukturen niederzureißen, und diese Strukturen beruhten in einem erheblichen Maße auf den Regelungen, Gesetzen und Werten der Scharia. Das ist ein wichtiger Grund, weshalb das kolonialistische Projekt alles daran setzte, die Scharia auszumerzen, da sie ein Hindernis für die politische Expansion und noch viel mehr für die ökonomische Herrschaft Europas war. Diese wahrgenommene und tatsächliche Hinderung fasst alles treffend zusammen, denn sie bestätigt die Inkompatibilität der Scharia als moralischer Ordnung mit den Methoden und Werten des modernen Kapitalismus. (147)

Für das Verständnis der moralischen Ökonomie der Scharia ist eine Betrachtung ihres Begriffs des Eigentums von wesentlicher Bedeutung. Der Schutz und die Förderung von Eigentum und Reichtum ist eine der fünf »universellen Prinzipien« (kulliyyāt), durch welche die Zwecke des moralischen Rechts bestimmt werden und gemäß deren die Rechtsordnung der Scharia und damit die islamische Gesellschaft als Ganzes strukturiert wurden. Die anderen vier Prinzipien sind der Schutz des Lebens (nafs), der Religion (dīn), der Vernunft (ʿaql) und der Gemeinschaft (nasl; wörtlich: Nachkommen). Die einzelnen Rechtsnormen können so verstanden werden, dass sie im Dienst dieser allgemeinen Zwecke und somit zugleich im besten Interesse der Gläubigen stehen.

Die maqāsid asch-scharīʿa genannten Prinzipien gingen in der Rechtstheorie aus einer induktiven Untersuchung der Gesamtheit der Scharia-Normen hervor. Sie erfolgte, als die Scharia ein hohes Maß an Reife erreicht hatte, so dass die Rechtsgelehrten auf das Ganze zurückblicken und die Prinzipien aus der vollen Breite der Rechtskultur gewinnen konnten.

Hallaq erläutert:

[…] die Gesamtwirkung der Scharia – als diskursive, theoretische, institutionelle und praktische Ordnung – wurde auf diese allgemeinen Prinzipien konzentriert, die wiederum, einmal entpackt und bis in die kleinsten Einzelheiten ausgearbeitet, nichts anderes als die Scharia in ihrer vollen Entfaltung hervorbrachten. Unter Rückbezug auf mindestens fünf Jahrhunderte einer fest gegründeten Rechtstradition wurden die allgemeinen Prinzipien induktiv ermittelt und später kontinuierlich ausgearbeitet, da sie zu paradigmatischen Eigenschaften der Scharia als rechtlicher und kultureller Ordnung geworden waren. Es kann in der Tat gesagt werden, dass sie vieles von dem erfassen, was den Islam ausmacht. (148)

Keines der fünf Prinzipien ist freilich selbständig. Alle hängen wechselseitig voneinander ab und bedingen sich gegenseitig. Gleichwohl ragen zwei heraus. Das Prinzip des Schutzes des Lebens ist offensichtlich wesentlich, insofern es die grundlegende Struktur der Sozialordnung liefert, während das Prinzip des Schutzes der Religion dieser Ordnung sowie dem Leben des Einzelnen allererst Sinn und Bedeutung verleiht. In ihrer wechselseitigen Verwobenheit bilden sie den Rahmen, in dem der Begriff des Eigentums erst recht verstanden werden kann.

Zum Begriff des Eigentums stellt Hallaq fest:

So wurde das Prinzip des Eigentums durch eine strukturelle Dialektik der Werte, Praktiken und Institutionen der Scharia abgegrenzt, eingeschränkt, unterstützt und zur Verwirklichung gebracht. Die Prinzipien der Eigentumsrechte sowie des Erwerbs, der Erhaltung und der Verausgabung von Reichtum wurden allesamt zugleich von einer Dialektik aus spirituellen, metaphysischen und weltlichen Überlegungen reguliert. (149)

Die Scharia erlaubt Handel, Geschäfte und den Erwerb von Reichtum, stellt aber zugleich alle Praktiken und Verfahren unter strenge Regeln, die von moralischen Werten erfüllt sind. Dies kommt auch in den ausführlichen Abhandlungen zu wirtschaftlichen Themen in den Rechtswerken zum Ausdruck, in denen sie einen breiten Raum einnehmen. Dazu gehören bis in kleinste Einzelheiten gehende Erörterungen und Regelungen zu einer großen Vielfalt von Themen: Kauf, Verkauf, Vertrag, Handel, Markt, Risiko, Zins und Wucher (ribā), Abgaben (zakāt), milde Gaben (sadaqa), Stiftungen (waqf) usw. All diesen Bestimmungen unterlag unlöslich eine große Vielfalt von moralischen Begriffen wie Vergebung, Großmut, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Vermeidung von Gier und Habsucht, Gerechtigkeit, soziale Verantwortlichkeit usw.

Aller Verdienst, Gewinn und Reichtum entspringt nicht einer wertberaubten rohen und trägen Welt, sondern gehört zu den Gaben und Segnungen, mit denen Gott die Menschen bedacht hat und wofür Ihm wiederum Dankbarkeit gebührt. Und diese Dankbarkeit übersetzt sich zugleich im Bewusstsein, dass Gott allein alles gehört, in soziale Verantwortung, in die Bereitschaft, den Bedürftigen zu geben, denen ein natürliches Recht daran zusteht. Denn zwei Verpflichtungen müssen erfüllt werden: die Rechte Gottes und die Rechte der Menschen, die gleichermaßen Pflichten ihrer Mitmenschen sind.

Weiterhin erläutert Hallaq:

Der Erwerb von Reichtum, der erlaubt ist und sogar gefördert wird, ist daher von höheren moralischen Prinzipien geregelt und diesen unterworfen, wodurch ihm qualitative Beschränkungen auferlegt werden. Diese Prinzipien sind nicht von technischer Art, sondern gehen auf die epistemischen und psychologischen Technologien des moralischen Subjekts zurück. Es ist einfach nicht genug, die Aufnahme von offensichtlich wucherischen und risikobeladenen (gharar) geschäftlichen Unternehmungen zu vermeiden, zwei Säulen, auf denen das moderne islamische Bank- und Finanzwesen zu basieren behauptet, und selbst das auf problematische Weise. Das Betreiben von Geschäften und Profitmachen muss von einer ganzheitlichen Weltsicht getragen werden, einer Sicht, die sich von einer Ordnung von Praktiken und Überzeugungen herleitet, die den gesamten Bereich der Technologien des Selbst konstituieren und widerspiegeln, die das moralische Subjekt bilden und stützen. Diese Technologien sind überhaupt nicht auffindbar in den Ansätzen des modernen islamischen Bank- und Finanzwesens, ein Phänomen, das (wenn man es mit den beschränkten technischen Belangen verbindet, welche diese Ansätze prägen) zu der Schlussfolgerung nötigt, dass sowohl die Theorie wie auch die Praxis des gegenwärtigen islamischen Bank- und Finanzwesens zutiefst mangelhaft ist. Letztlich ist es nur dem Namen nach islamisch, da es fast nichts von dem widerspiegelt, was den Islam als moralische Ordnung ausmacht. (151-152)

1.8.3 Abschließende Bemerkungen über Dilemmata

Wenn man die Existenz einer islamischen Gouvernanz annimmt, muss man zweifellos auch annehmen, dass sie sich den Herausforderungen der globalisierten Welt stellen muss, die sich insbesondere auf drei Ebenen manifestieren: der Militarismus der mächtigen imperialen Staaten, das kulturelle Eindringen von außen und der gewaltige liberal-kapitalistische Weltmarkt. Alle drei Faktoren entspringen nahezu den gleichen Machtzentren und sind stark miteinander verknüpft.

Die bestehenden politisch-militärischen Kräfteverhältnisse befördern unzweifelhaft einen modernen Staat im Sinne von Carl Schmitt, so dass eine islamische Gouvernanz jederzeit in seiner Existenz bedroht sein wird.

Aufgrund der äußeren Einflüsse auf der kulturellen Ebene wird eine islamische Gouvernanz dazu gezwungen sein, die Formen der globalisierten Kultur zu untersuchen und zu bewerten. Sie muss deren Quellen verstehen, die unter anderem in Materialismus, Hedonismus, Narzissmus, Entzauberung, Positivismus und der Trennung von Sein und Sollen, von Moral und Werten einerseits und Tatsachen, Wissenschaft, Recht und Ökonomie andererseits zu finden sind. Die kulturellen Kräfte der westlichen Hegemonie samt ihren alles durchsetzenden Konzerne, insbesondere auf dem Gebiet der Informationstechnologie, stellen eine unleugbare Bedrohung für eine islamische Gouvernanz dar, in der nicht Macht und Profit, sondern die Moral die Kultur bestimmt.

Die ökonomische Herausforderung ist sicher nicht geringer. Wie soll sich eine moralische Ökonomie auf dem von Kapitalakkumulation getriebenen Weltmarkt behaupten? Die Folgen einer kapitalistischen Durchdringung um den Preis der Aufgabe aller maßgeblichen Normen und Werte wären nicht hinnehmbar. Schon die Kapitalgesellschaft mit ihrer zerstörerischen Wirkung auf die persönliche moralische Verantwortung könnte unter den Bedingungen der Scharia nicht geduldet werden. Denn die Scharia wäre ohne die moralische und rechtliche Verantwortung natürlicher Personen einer ihrer wichtigsten Grundlagen beraubt. Eine islamische Gouvernanz mit ihrer Betonung der sozialen Gerechtigkeit ist jedenfalls mit den aller Moral spottenden, einzig auf Profit ausgerichteten Praktiken des modernen Kapitalismus unvereinbar.