Dieser Artikel erörtert die Folgen der letzten israelischen Massaker in GAZA1 im Hinblick auf seine globalen Konsequenzen für Menschenrechte und globalen Antisemitismus in der Gegenwart. Der erste Teil ist eine Erörterung der Folgen von GAZA für die Menschenrechte. Der zweite Teil ist eine Erörterung der Folgen von GAZA für den globalen Antisemitismus. Der letzte Teil ist eine Erörterung des Fundamentalismus in der heutigen Welt, insbesondere der hegemonialen, stillschweigenden und allgegenwärtigen Form des Fundamentalismus: eurozentrischer Fundamentalismus.
8.1 Menschenrechte nach GAZA
Jede Auseinandersetzung mit den Menschenrechten heute muss die folgenden drei Postulate anerkennen:
1. Postulat: Menschenrechte in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts sind eine Fortführung der westlichen globalen/kolonialen Entwürfe von Rechten der Völker (Rights of People) im 16. Jahrhundert und Rechten des Menschen/Mannes (Man) im 18. Jahrhundert.
Als Teil seiner globalen/kolonialen Entwürfe schuf der Westen über mehrere Jahrhunderte hinweg verschiedene globale/koloniale Diskurse, die sich im Laufe der Zeit verlagerten.
Erstens: Die Rechte von Völkern im 16. Jahrhundert waren das Problem von Vitoria, Sepúlveda und Las Casas als Teil der Kolonisation der Amerikas durch das spanische Imperium. Ihr Problem bestand darin, die Völker zu definieren, auf die sie in den Amerikas stießen. Die Debatte über die Rechte der Völker fand innerhalb der kirchlichen Eliten des spanischen Imperiums statt, ohne dass der Wille und die Ansichten der kolonialen Subjekte/Untertanen je Berücksichtigung gefunden hätten. Sie wurde gleichwohl zum hauptsächlichen Diskurs der europäischen kolonialen Expansion während der spanischen Hegemonie des Weltsystems im 16. Jahrhundert. Der Diskurs über Rechte der Völker war von Anfang an mit einem universalistischen Projekt verbunden, das von einer christozentrischen Kosmologie aus provinziell definiert war.
Zweitens: Nachdem die Rechte der Völker definiert waren, wurden die Rechte des Menschen/Mannes (Man) zum neuen globalen/kolonialen Entwurf im neuen säkularen Projekt der Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Die Rechte des Menschen/Mannes der Aufklärung waren eine Fortführung des westzentrischen und patriarchalischen Konzepts des Menschen (Human), das mit den Rechten der Völker begonnen hatte. Frauen aller Farben und nicht-westliche Völker wurden nicht in das Konzept der Rechte des Menschen/Mannes aufgenommen.
Wie Emmanuel Eze2 und Walter Mignolo3 ausführlich dargelegt haben, fand das kantische Projekt des transzendentalen Subjekts und der Rechte des Menschen/Mannes in Kants anthropologischen Schriften eine besonders klare Darstellung. Kant erachtete die weiße Rasse als superior gegenüber anderen Rassen und als die einzige mit Zugang zur Vernunft. Hinter der Kulisse von Kants transzendentalem Subjekt verbirgt sich ein weißer Mensch/Mann.
Einige Jahrhunderte später entwickelten sich die Menschenrechte in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem neuen Diskurs unter US-Hegemonie in einem Kontext, in dem offene Formen des Kolonialismus bereits durch antikoloniale Kämpfe in der Dritten Welt eine Niederlage erfahren hatten. Die Menschenrechte haben Elemente der Rechte der Völker und der Rechte des Menschen/Mannes in dem neuen entwicklungsideologischen Projekt der postkolonialen Ära, die vom Aufstieg der US-Hegemonie im Weltsystem eingeleitet wurde, fortgesetzt und miteinander kombiniert. Der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die 1948 verkündet wurde, besagt:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.
Der Begriff der „Menschen“ (human beings), der hier verwendet wurde, hatte wie auch der Begriff des Volkes und des Menschen/Mannes zuvor universelle Ansprüche, war aber provinziell definiert und kam eingeschränkt zur Anwendung. Ohne den Begriff des „Menschen“ (human) von einem westzentrischen patriarchalischen Blick zu dekolonisieren und ohne die globale Kolonialität der Macht von der Hegemonie der euro-amerikanischen weißen Suprematie als dem führenden Land der westlichen imperialistischen Einheitsfront der Nachkriegszeit zu dekolonisieren, ist es schlicht unmöglich, ein mehr kosmopolitisches und multi-epistemisches Konzept der Menschenrechte zu entwickeln und auch nur das gegenwärtige hegemoniale Konzept der Menschenrechte in einer fairen und kohärenten Weise zur Anwendung zu bringen. Vom Koreakrieg in den frühen fünfziger Jahren bis zum Irakkrieg der jüngeren Vergangenheit waren Menschenrechte stets ein Privileg des Westens und wurden in nicht-westlichen Räumen nur dann in Anspruch genommen, wenn der Nationalstaat von Feinden des Westens kontrolliert wurde.
2. Postulat: Der Begriff der „Menschenwürde“ (human dignity) im ersten Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist ein westzentrischer Begriff, der das Individuum gegenüber gemeinschaftsbasierten Definitionen privilegiert.
Nicht-westliche Begriffe der Menschenwürde werden von der UN-Erklärung ausgeschlossen. Dies ist eine Fortführung des epistemischen Rassismus, der die westlichen globalen/kolonialen Entwürfe von den Rechten der Völker bis hin zu den Rechten des Menschen/Mannes und den Menschenrechten prägte, die allesamt von innerhalb der westlichen Denktradition aus unter Ausschluss, Unterordnung und Inferiorisierung von nicht-westlichen Epistemologien definiert wurden. Die epistemische Hierarchie des Weltsystems mit seinem epistemisch-rassistischen Anspruch auf westliche epistemische Superiorität gegenüber dem Rest ist ein entscheidender Faktor in der Konstruktion des Menschenrechtsdiskurses unter der US-Hegemonie nach dem zweiten Weltkrieg.
3. Postulat: Die Rhetorik der Menschenrechte wurde stets gegen Feinde der westlichen imperialistischen Einheitsfront in Anschlag gebracht und dann, wenn es um befreundete Regime ging, übergangen.
Befreundete Diktatoren wurden stets vor Beschuldigungen von Verstößen gegen die Menschenrechte geschützt, während Feinden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden. Dies führte zu der paradoxen Situation, dass einerseits manche Regime mit einer schauerlichen Menschenrechtsbilanz davor in Schutz genommen wurden, als Verletzer der Menschenrechte angeklagt zu werden, wohingegen andererseits einige Regime mit einer besseren Menschenrechtsbilanz verurteilt wurden. Dieser Doppelstandard herrschte vom ersten Tag an, da die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte angenommen hatte.
Heutzutage mit dem „Krieg für das Imperium“, der besser bekannt ist als „Krieg gegen den Terrorismus“, sind die kolonialen Kontinuitäten und Inkonsistenzen des Menschenrechtsdiskurses offener und perverser geworden. Staatsterrorismus und seine Kolonialität der Macht werden gerechtfertigt, indem Widerstandsbewegungen des „Terrorismus“ beschuldigt werden. Staatliche Gräueltaten, Verletzungen der Menschenrechte und sogar genozidale Verbrechen werden nunmehr im Namen der Bekämpfung des Terrorismus zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie legitimiert.
GAZA ist das sichtbarste Beispiel der kolonialen Folgen des „Krieges gegen den Terrorismus“, der heute als der hauptsächliche Mechanismus des Staatsterrorismus weltweit in Anschlag gebracht wird, um Befreiungsbewegungen zu bekämpfen. Politik der Apartheid und ethnische Säuberung, die schon bei der Bildung des Staates von Israel im Jahr 1948 vorhanden waren, werden nunmehr mit der neuen Rhetorik der Terrorismusbekämpfung offen gerechtfertigt.
GAZA repräsentiert das Ende einer Ära. Es ist das gleichzeitige Ende von drei Prozessen:
1. Es ist der finale Schlag für das imperialistische internationale Menschenrechtsregime unter US-Hegemonie.
Obgleich das Ende der Menschenrechte schon früher verkündet worden ist – wie etwa in dem hervorragenden Buch von Costas Douzinas mit dem Titel The End of Human Rights4 -, stellt GAZA den finalen Schlag dar, den Tod der Glaubwürdigkeit des internationalen Menschenrechtsregimes. Diese Ordnung befand sich schon in der Krise und war bereits delegitimiert durch die Invasion des Iraks durch die Bush-Regierung ohne Zustimmung der UNO und durch die imperialen Gräueltaten, deren Zeuge wir seither geworden sind, einschließlich der vom Kriegsverbrecher Ariel Scharon begangenen Massaker und der Zerstörung der Westbank seit 2002 im Namen der Terrorismusbekämpfung. Viele Leute weltweit befanden sich in der Illusion, dass diese Gräueltaten auf die Bush-Regierung und einen von den Republikanern kontrollierten Kongress zurückzuführen wären, wohingegen mit einer neuen von den Demokraten geführten US-Regierung dieser Politik ein Ende bereitet würde. GAZA jedoch ist das Ende dieser Illusion.
Die Antwort des demokratisch kontrollierten US-Kongresses auf GAZA war ein Schlag ins Gesicht des internationalen Menschenrechtsregimes. Der US-Kongress fasste nahezu einstimmig einen Beschluss für die Unterstützung von Israels Recht zur Selbstverteidigung gegen den Terrorismus und verlor kein Wort über den israelischen Staatsterrorismus wie auch Kriegsverbrechen, ethnische Säuberung und genozidale Maßnahmen. Peres, Barak, Livni und Olmert, die weithin der Verübung von Kriegsverbrechen in GAZA beschuldigt werden,5 können alle Arten von Gräueltaten, naziartige Verbrechen (wie etwa die Methode von „Sophies Entscheidung“ gegenüber palästinensischen Müttern,6 Massenmorde an Zivilisten und sogar Bombardements von UN-Gebäuden, in denen sich palästinensische Flüchtlinge aufhalten) verüben und vorgeben, gerechtfertigt zu sein, indem sie behaupten, den Terrorismus zu bekämpfen. Überdies beförderten Obamas Erklärungen zugunsten von Israel ohne jegliche Erwähnung der in GAZA begangenen Gräueltaten weltweit die rasche Desillusionierung mit der neuen US-Regierung. Die symbolische Schließung von Guantanamo und das Ende einer offenen Politik der Folter (ich sagte offen, weil Folter in den USA stets als verdeckte Operation betrieben wurde und weiterhin wird), so bedeutend sie auch sein mögen, reichen nicht hin für das, was notwendig wäre, um Legitimität wiederzugewinnen. Diese Erklärung von führenden Eliten der Demokratischen Partei in den USA stellt einen ernsthaften Schlag für die Möglichkeit einer internationalen Wiederlegitimierung des globalen Menschenrechtsregimes nach acht Jahren der Bush-Regierung dar.
So beurteilte Noam Chomsky etwa Obamas Position zu Israel:
Es ist ungefähr die Position von Bush. Er begann damit, zu sagen, dass Israel, wie jede Demokratie, ein Recht auf Selbstverteidigung hat. Das ist wahr, aber es gibt eine Lücke in der Argumentation. Es hat ein Recht, sich selbst zu verteidigen. Es folgt daraus nicht, dass es ein Recht hat, sich selbst mit Gewalt zu verteidigen. So können wir uns beispielsweise darauf einigen, dass, wie man weiß, die britische Armee in den Vereinigten Staaten in den Kolonien 1776 ein Recht hatte, sich selbst gegen den Terror der Armeen von George Washington zu verteidigen, welcher ganz real war, aber es folgte nicht daraus, dass sie ein Recht hatten, sich selbst mit Gewalt zu verteidigen, da sie kein Recht hatten, hier zu sein. Also hatten sie, ja, ein Recht, sich selbst zu verteidigen, und sie hatten eine Weise, es zu tun – nämlich wegzugehen.
Das gilt genauso für die Nazis, die sich selbst gegen den Terror der Partisanen verteidigen. Sie haben kein Recht, es mit Gewalt zu tun.
Im Falle von Israel sieht es ganz genauso aus. Sie haben ein Recht, sich selbst zu verteidigen, und sie können es leicht tun. In einem engen Sinne zunächst hätten sie es tun können, indem sie die Waffenruhe akzeptiert hätten, die Hamas direkt vor der Invasion vorgeschlagen hatte [...] eine Waffenruhe, die in Kraft war und die Israel verletzt und gebrochen hat.7
Kurzum, die US-Rechtfertigung der israelischen Gräueltaten in GAZA schließt rasch die Tore für die weltweiten Illusionen mit der Obama-Regierung und dem von den Demokraten kontrollierten Kongress. Wenige globale Illusionen bleiben für die US-Hegemonie bestehen und wenige Möglichkeiten, um ihre Weltführerschaft wieder zu legitimieren, sind nach GAZA noch vorhanden, wenn es in der Politik nicht eine Wende um 180 Grad gibt, und dass dies tatsächlich geschieht, ist sehr unwahrscheinlich. Dies stellt das Ende einer Ära dar.
Wie Immanuel Wallerstein8 und Giovanni Arrighi9 seit nunmehr fünfzehn Jahren darlegen, befinden wir uns am Ende der US-Hegemonie im Weltsystem. Wir befinden uns jetzt in einer chaotischen Weltordnung und am Beginn einer neuen Großen Depression (Great Depression) mit keinem Hegemon, der noch die Fähigkeit besäße, dem globalen System Ordnung zu verleihen.
2. GAZA ist das Ende der Unschuld des Zionismus.
Es gibt einen rechten Zionismus und einen linken Zionismus. Der linke Zionismus gab sich immer als unschuldig und naiv aus, indem er die rechten Zionisten als die Bösen tadelte und für alle Gräueltaten gegenüber Palästinensern verantwortlich machte. Die linken Zionisten haben in palästinensischen Augen ihre Unschuld schon vor langer Zeit verloren.
Nach GAZA haben die Zionisten aller Tendenzen und politischen Ausrichtungen ihre Unschuld in den Augen der internationalen Gemeinschaft verloren. Der Zionismus wird nun offen identifiziert mit einem und/oder diskutiert als ein rassistisches, Apartheid- und siedlerkolonialistisches Projekt, das auf ethnische Säuberung und naziartige Gräueltaten zurückgreift. Zionisten können heute nicht länger behaupten, nicht einmal mehr vorspielen, unschuldig und naiv zu sein, nach GAZA.
3. GAZA markiert das Ende des verwestlichten imperialistischen, mythischen Projekts des angeblichen Exports von Demokratie als Bestandteil der Rhetorik der Menschenrechte.
Ähnlich wie die Afroamerikaner bis 1964 hatten die Palästinenser nicht das Wahlrecht. Sie haben dieses Recht erst vor drei Jahren errungen. Doch als sie eine Regierung demokratisch gewählt haben, die dem Westen und den Israelis nicht behagte, war die Antwort Bestrafung.
4. GAZA ist eine radikale Infragestellung der hegemonialen Narrative der US-Hegemonie und ihrer Charakterisierung des zweiten Weltkriegs und das Ende ihrer reduktionistischen Inanspruchnahmen des Opferstatus.
Die grob vereinfachende Identitätspolitik des hegemonialen Holocaust-Narratives, das die jüdische Identität als homogenes ewiges Opfer und stets der Absicht nach unschuldig essentialisiert, endete mit GAZA. Es gibt keinen Zweifel, dass Juden innerhalb des christlichen Europas über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten koloniale Subjekte/Untertanen und Opfer aller Arten von Gräueltaten waren, von ihrer Vertreibung zusammen mit Muslimen aus dem katholischen Spanien 1492 bis zu ihrer Vernichtung während des Nazi-Holocausts im zweiten Weltkrieg. Dies führte jedoch zu einem essentialistischen und grob vereinfachenden Verständnis des Nazismus und zu einer essentialisierten Betrachtung der Juden.
Von der Judeophobie zur Judeophilie, vom ewigen Bösen zum ewigen Opfer konnte das eurozentrische rassistische Denken die jüdische Identität nicht außerhalb essentialistischer Dichotomien begreifen. Diese grob vereinfachenden und reduktionistischen Narrative über den Holocaust und die jüdische Identität wurden über die letzten sechzig Jahre hinweg von den Zionisten ausgeschlachtet, um ihren fundamentalistischen jüdischen Staat zu rechtfertigen, der auf den Praktiken und Methoden des Siedlerkolonialismus gegen Palästinenser errichtet wurde. Nach GAZA ist die Legitimation dieser Rhetorik zu Ende gegangen.
Wie Hannah Arendt einst über den Eichmann-Prozess in Jerusalem sagte, zeigen Nazi-Verbrecher die Banalität des Bösen. Jeder, der Kolonialismus betreibt und dessen Vorstellungswelt vom Rassismus infiziert ist, hat das Potential zur ethnischen Säuberung und zum Kriegsverbrecher, und diese Feststellung schließt alle Menschen ein samt Juden.
5. GAZA wirft abermals die Frage auf: „Was ist Hitlerismus?“
Das ist eine Frage, die vor langer Zeit von Emmanuel Levinas und Aimé Césaire aufgeworfen worden ist und die zurückkommt, um uns mit den jüngsten Ereignissen in GAZA zu verfolgen. Wenn Aimé Césaire Recht hat mit seiner Kennzeichnung des Nazismus als einer Fortführung des Kolonialismus, nämlich als „Bumerangeffekt“ der kolonialen Methoden, die zurückkommen, um Europäer zu verfolgen, - indem Nazis Europäern das antun, was der europäische Kolonialismus dem Rest der nicht-westlichen Welt über vierhundert Jahre hinweg angetan hat -, dann ist der Hitlerismus ein integraler Bestandteil der westlichen Subjektivität. Es gibt einen Hitler in der Psyche und Vorstellungswelt eines jeden Westlers samt der am meisten liberalen humanistischen Intellektuellen, stellt Césaire in seinem Discours sur le colonialisme (Rede über den Kolonialismus) fest.10 Wenn dies der Fall ist und wenn die Dekolonisationen von Macht, Sein und Wissen mit dem Ende der Kolonialverwaltungen nicht abgeschlossen waren (woran uns der Begriff der Kolonialität des peruanischen Intellektuellen Aníbal Quijano erinnert) und wenn die Entmenschlichung der nicht-westlichen Mehrheiten der Welt wie nach dem zweiten Weltkrieg üblich fortgesetzt wird, dann müssen wir die hegemonialen Narrative über die Ergebnisse des zweiten Weltkriegs überdenken.
Die hegemoniale Vorstellung ist, dass Hitler den Krieg verloren hat. Dies ist wahr in der gewöhnlichsten und offensichtlichsten Art der militärischen Analyse. Doch die wesentliche Frage ist, ob der Hitlerismus, im Sinne einer Césaireschen Form als koloniale/rassialistische Idee und Ideal des modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems, den zweiten Weltkrieg verloren hat. Diese Frage verlangt eine andere Antwort, und diese Frage wird durch die jüngsten Ereignisse in GAZA wieder aufgeworfen. Wie von Nelson Maldonado-Torres festgestellt,11 tritt für die Verdammten dieser Erde, für die „damnés“, für die am meisten inferiorisierten und überausgebeuteten nicht-westlichen Mehrheiten der Welt der Hitlerismus in der Ära nach dem zweiten Weltkrieg weiterhin in Erscheinung – allerdings, so füge ich hinzu, verkörpert in dem neuen institutionellen internationalen Regime, das von der hegemonialen Supermacht der Nachkriegszeit organisiert worden ist: den USA.
Worin besteht der Unterschied zwischen der massiven Bombardierung der Zivilbevölkerung durch die Nazis und der willkürlichen Bombardierung von Laos, Vietnam und Kambodscha durch Nixon/Kissinger? Wie charakterisieren wir die US-Politik, die Militärputsche in der Dritten Welt organisierte, finanzierte und absichtsvoll hervorrief, durch die eine ganze Generation von Menschen in Lateinamerika, Afrika, Asien und dem Nahen Osten gefoltert, verschwinden gelassen und ausgelöscht worden ist? Wie viele Millionen von Zivilisten wurden in den CIA-Militärputschen in Indonesien, Chile, Guatemala, Kongo und Iran ermordet? Wie soll die US-Unterstützung für Militärdiktaturen charakterisiert werden, die naziartige Methoden der Folter und Ermordung praktizierten, wie Mobutu, Pinochet, Videla, Duvalier, Sukarno, Marcos, der Schah, Somoza, Batista, Trujillo usw.? Was ist der Unterschied zwischen dem GAZA-Ghetto und dem Warschauer Ghetto? Wie stark unterscheidet sich die ethnische Säuberung der Palästinenser vom Hitlerismus? GAZA ist heute die äquivalente Fortführung des Warschauer Ghettos.
8.2 GAZA und Antisemitismus
Es ist schlicht unmöglich, heute über Antisemitismus zu sprechen ohne eine Erörterung der Geschichte des christlichen Europas, des Zionismus und der Bildung des Staates von Israel 1948.
Über Jahrhunderte hinweg waren Juden die Opfer des Antisemitismus des christlichen Europas. Vor und nach 1492 war Antisemitismus mit Islamophobie verbunden. Der Antisemitismus hatte von Anfang an zwei Komponenten: „anti-jüdischer Antisemitismus“ und „anti-arabischer/muslimischer Antisemitismus“. Spaniens christliche Monarchie als eine der Grenzen des christlichen Europas mit der muslimischen Welt führte Krieg, um den islamischen Teil Spaniens, besser bekannt unter dem Namen al-Andalus, zu erobern.12 Nachdem die spanisch-christliche Monarchie schließlich die Streitkräfte von al-Andalus bezwungen hatte, vertrieben sie Anfang 1492 Juden und Araber von der Iberischen Halbinsel, nicht ohne Pogrome und Massaker zu verüben.13 Antisemitismus in jenen Jahren schloss arabische Muslime ein. „Semitische“ Völker wurden dadurch gekennzeichnet, dass sie aus der Region kamen, die heute als Naher Osten bezeichnet wird, und somit waren Araber und Juden eingeschlossen.
Nach der Eroberung des islamischen Spaniens durch die christliche Monarchie wurden die andalusischen Juden nach Nordafrika und in das Osmanische Reich vertrieben, als Flüchtlinge vor den Gräueltaten der katholischen Monarchie in al-Andalus. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die andalusischen Juden in diesen muslimischen Gebieten eine Heimstatt fanden. Ähnlich wie al-Andalus im südöstlichen Teil des heutigen Spaniens14 erkannten die meisten zu dieser Zeit bestehenden muslimischen Regime die Rechte der jüdischen Minderheit an und behandelten sie im Unterschied zum christlichen Europa mit Würde.15 Ohne eine romantische Sicht der Vergangenheit einzunehmen, lebten zumindest bis zur Bildung des Staates von Israel 1948 Araber und Juden in arabischen Gebieten jahrhundertelang in Frieden zusammen, und al-Andalus wird in der Geschichte als eine Zeit der friedvollen Koexistenz zwischen Juden und Muslimen gepriesen. Obgleich diese Geschichte auch nicht frei von Konflikten war, war es keine Geschichte von antisemitischer Vernichtung oder Pogromen.16 Antisemitische Pogrome, Vernichtung, Folter und Massaker gegen Juden waren im Grunde ein christlich-europäisches Problem.
So legt Carl W. Ernst dar:
Juden und Muslime hatten in der Vormoderne sehr viel positivere Beziehungen zu einander als jede dieser beiden Gruppen zu den Christen unterhielt. Antagonistische Haltungen zwischen Juden und Muslimen entstanden in der Tat erst mit der Gründung des Staates Israel.17
8.2.1 Endlösungen des christlichen Europas
Die spanisch-christliche Monarchie begann die europäische koloniale Expansion 1492, im gleichen Jahr, in dem sie Araber und Juden aus al-Andalus vertrieb.18 Die Kolonisation der indigenen Völker in den Amerikas und die Versklavung der Afrikaner in der kolonialen Plantagenwirtschaft in der Neuen Welt leitete das ein, was als moderne Welt bekannt ist. Es geschah auf den Schultern einer kolonialen/rassistischen Konfiguration des anti-schwarzen und anti-indigenen Rassismus, dass eine neue internationale rassialistische Arbeitsteilung ausgebildet und die Moderne begründet wurde.19 Indigene und afrikanische Völker wurden unter die Linie dessen gesetzt, was den Menschen definiert.20 Sie wurden behandelt und gekennzeichnet als Untermenschen oder einfach Nicht-Menschen.21
Mit dem Aufkommen der neuen rassialistischen Ökonomie sind Antisemitismus und Islamophobie als eine besondere Form der Diskriminierung gegen „semitische“ Völker in Europa neue Konnotationen zugekommen. Wenn vor 1492 „anti-jüdischer Antisemitismus“ und „anti-arabischer/muslimischer Antisemitismus“ auf der Basis von religiöser Diskriminierung („zum falschen Gott beten“) oder theologischen Interpretationen von Christus definiert wurden, erwarben in den Amerikas diese alten Formen der Diskriminierung mit dem anti-indigenen und anti-schwarzen Rassismus neue Bedeutungen.22
Anti-schwarzer Rassismus wurde Teil der Grundfesten der Moderne und wirkte sich auf die Lage aller nicht-europäischen Subjekte/Untertanen jener Zeit aus.23 Mit dem kolonialen „Bumerangeffekt“24 kam der koloniale Rassismus in den Amerikas nach Europa zurück und definierte alte Formen der Diskriminierungen gegen Araber, „Zigeuner“ und Juden neu, indem sie wie schwarze und indigene Völker zu Untermenschen oder einfach Nicht-Menschen verwandelt wurden.25 Jahrhundertelang lebten Juden in Europa die Alpträume des Antisemitismus. Sie wurden unterdrückt, gefoltert, ermordet und verfolgt.
Der Holocaust repräsentiert eine der extremsten Formen der europäischen Endlösungen, war aber bei weitem nicht die einzige zu jener Zeit. Eine andere antisemitische „Endlösung“, die von den Nazis schon früh in Betracht gezogen, aber vom britischen Empire entwickelt wurde, bestand darin, die europäischen Juden aus Europa hinaus zu transferieren.26 Da das britische Empire die koloniale Kontrolle über das heilige Land von Juden, Christen und Muslimen in Palästina innehatte, begannen die Briten nach der Balfour-Erklärung im Jahr 1917 und mit der Unterstützung der europäischen zionistischen Bewegung, europäische Juden in großer Zahl massiv in die Gegend zu exportieren, die von diesen monotheistischen Religionen als Heiliges Land verstanden wird.27 Damit begann ein Prozess des Siedlerkolonialismus, wobei der Zionismus als eine Form des jüdischen Nationalismus in Europa in Kolonialismus verwandelt wurde.28
Europäische Juden reproduzierten in Palästina mit dem Segen des britischen Empires die klassischen Formen des europäischen Siedlerkolonialismus. Palästinensische Juden, die eine Vielzahl von Rechten genossen, als das Osmanische Reich in Palästina herrschte,29 standen völlig in Opposition zur Besatzung Palästinas durch das britische Empire und zu den zionistischen Zielen der europäischen Juden, die einen rein jüdischen Nationalstaat in Palästina errichten wollten.30 Das zionistische Projekt der Gründung eines jüdischen Staates war im Grunde ein europäisch-jüdisches Projekt, das europäische koloniale Methoden des Siedlerkolonialismus nach Palästina brachte. Die Bildung des Staates von Israel erfolgte auf den Schultern von Rassismus und Massakern gegen Palästinenser, christliche und muslimische, um sie von ihrem Land zu vertreiben.31
„Ethnische Säuberung“ ist der Ausdruck, der von einer neuen Generation von israelischen Historikern verwendet wird, um die israelischen Maßnahmen gegen Palästinenser zu beschreiben.32 Aimé Césaires Discours sur le colonialisme (Rede über den Kolonialismus)33 paraphrasierend, lässt sich sagen, dass der Hitlerismus als eine Fortführung der kolonialen rassistischen Ideologie zurückkam, um diesmal die Palästinenser durch die Hände von europäischen Juden zu verfolgen, die ironischerweise dem Nazi-Holocaust gerade entflohen waren. Israel wurde als siedlerkolonialistisches Projekt mit einem „antisemitischen Antisemitismus“-Diskurs gegründet. Europäische Juden bauten eine rassistische/koloniale Diskriminierung der Palästinenser auf. Ähnlich wie der nordamerikanische Siedlerkolonialismus gegen indigene Amerikaner haben israelische Eliten, die neue Identität von europäischen Juden, jeden Vertrag verletzt und über die vergangenen mehr als sechzig Jahre hinweg eine systematische Zwangsvertreibung der Palästinenser aus ihrem Land betrieben, um Gebiete zu erobern und dort jüdische Kolonien anzusiedeln.34
Die Einverleibung von europäischen Juden als „Weiße“ in den meisten westlichen metropolitanen Zentren nach dem zweiten Weltkrieg35 und der Gebrauch von Israel als einer westlichen pro-imperialistischen Militärbastion im Nahen Osten36 führte dazu, dass das israelische koloniale Projekt direkt in das Zentrum der US-Hegemonie und der globalen weißen Suprematie Aufnahme fand. Eine dreifache globale Allianz wurde geschaffen zwischen weißen europäischen und weißen euro-amerikanischen Eliten mit euro-amerikanischen und europäischen jüdischen pro-zionistischen Eliten im Westen und europäischen und euro-amerikanischen jüdischen Siedlern in Palästina. Westlicher Segen für Israel legitimierte, finanzierte und gab grünes Licht für den israelischen Siedlerkolonialismus und seine Gräueltaten in Palästina. GAZA ist heute die tragische Konsequenz dieser kolonialen Geschichte.
8.2.2 GAZA und globaler Antisemitismus
Es ist ebenfalls unmöglich, den Antisemitismus zu erörtern, ohne die Transformation der europäischen Juden von rassialisierten Subjekten/Untertanen in „Weiße“ in Westeuropa wie in Nordamerika und ohne die Transformation von Palästina in einen rein jüdischen siedlerkolonialistischen Staat zu berücksichtigen. Mit der Einverleibung der europäischen Juden als Weiße kommt es zu einer erheblichen Reduktion des „anti-jüdischen Antisemitismus“ im Westen und weltweit. Im Gegensatz dazu werden andere Formen des Rassismus wie der „anti-arabische/muslimische Antisemitismus“ zu einem integralen Bestandteil der westlichen Kultur. Die kürzliche Einverleibung der europäischen und euro-amerikanischen Juden in die Weißheit zieht bedeutende Folgen nach sich.37
Können wir uns vorstellen, was heute die Reaktion im Westen wäre, wenn irgendein arabischer Staat den Juden antun würde, was Israel gegenwärtig den Palästinensern antut? Was wäre die Reaktion, wenn ein arabischer Staat in der Weise Juden massakrieren würde, wie Israel heute in GAZA Palästinenser massakriert? Was wäre die Reaktion von Israel, der Europäischen Gemeinschaft und der USA, wenn irgendein europäisches Land einen Minister wie Israels Lieberman einsetzen würde, der zur Vertreibung der Palästinenser aus Israel und zur Vertreibung aller Juden aus ihrem Land aufruft? Es ist nebenbei wichtig, darauf hinzuweisen, dass palästinensische Juden unter dem muslimischen Osmanischen Reich mehr politische, demokratische und zivile Rechte hatten38 als palästinensische Muslime und Christen während der britischen kolonialen Besatzung Palästinas und sechzig Jahre lang unter dem Siedlerkolonialismus des israelischen Staates. Überdies ist ein rein jüdischer Staat einer Apartheid-Republik näher als einer wirklich demokratischen Republik.
Dennoch definieren neokonservative Eliten in den USA und Westeuropa39 „Judeophobie“ und „anti-jüdischen Antisemitismus“ als die hegemonialen Formen des Rassismus im Westen heutzutage in der Absicht, auf eine perverse Weise Arabern und Muslimen die Schuld zu geben und die hegemonialen Formen des weißen Rassismus zu verbergen, die nunmehr zumeist „anti-schwarzer Rassismus“ und „anti-arabischer/muslimischer Antisemitismus“ sind. Unter der Voraussetzung, dass Araber/Muslime Israel kritisch sehen und der israelische Staat Kritiker des zionistischen Staates mit Antisemitismus in Verbindung bringt, haben weiße rassistische Eliten in Europa und Nordamerika eine Strategie der „Arglist“ entwickelt,40 wodurch die Hauptopfer des Rassismus nunmehr bezichtigt werden, die Haupttäter des Rassismus zu sein. Das ist, gelinde gesagt, pervers, in einem Kontext, in dem weißer Rassismus vor allem als „anti-schwarzer Rassismus“ und „anti-arabischer/muslimischer Antisemitismus“ in Erscheinung tritt. Die gleiche perverse Logik geschieht heute im israelisch-palästinensischen Konflikt, wo israelische Kolonisatoren Palästinenser des Antisemitismus bezichtigen, während der „anti-arabische/muslimische Antisemitismus“ stillschweigend übergangen wird.
Manche pro-zionistischen euro-amerikanisch-jüdischen und europäisch-jüdischen Eliten, die sich des Privilegs der „Weißheit“ in den rassialistischen/ethnischen Hierarchien des Westens erfreuen, gebrauchen ihre Machtposition, um unkritische Unterstützung des Westens für Israel zu mobilisieren und Straflosigkeit für seine Verbrechen zu erlangen. Juden aus der gesamten Welt können nach Palästina kommen und Zugang zu Land bekommen, während palästinensische Flüchtlinge nicht zurückkehren können und diejenigen, die in Palästina leben, Bürger zweiter Klasse oder schlicht Parias in ihrem eigenen Land sind.
Die Kritik des „anti-jüdischen Antisemitismus“ und des Holocaust ist stets vom israelischen siedlerkolonialistischen Staat seit seiner Gründung 1948 und bis heute manipuliert, missbraucht und instrumentalisiert worden, um seine koloniale Herrschaft, Expansion und Terror zu rechtfertigen.41 Der israelische Staat ist der Hauptakteur, der für die Banalisierung der Kritik des Antisemitismus verantwortlich ist, während jegliche Kritik des zionistischen Staates mit Antisemitismus gleichgesetzt wird.42 Dieses instrumentalistische Argument hat die wirklichen Vorkommnisse des Antisemitismus trivialisiert und die Glaubwürdigkeit des antirassistischen Diskurses gegen Antisemitismus weltweit herabgesetzt.43
Seit wann ist Kritik an der Politik eines Staates zu einem Äquivalent dafür geworden, rassistisch gegenüber seiner Bevölkerung zu sein? Seit wann ist Kritik am amerikanischen staatlichen Militarismus und Imperialismus äquivalent damit, anti-amerikanisch zu sein, oder seit wann wird Kritik am mexikanischen Staat gleichgesetzt damit, anti-mexikanisch zu sein? Diese diskursive Gleichsetzung von staatlicher Identität und seiner Bevölkerung ist typisch für jeden Nationalismus. An der zionistischen nationalistischen Rhetorik ist allerdings der Versuch besonders, Kritik an Israel nicht nur mit einer anti-nationalen, anti-israelischen Stimmung in Verbindung zu bringen (was jeder Nationalismus tut), sondern auch mit rassistischer Rhetorik vermittels der Schaffung einer diskursiven Äquivalenz von Kritik am israelischen Staat mit Antisemitismus. Israel hat den Antisemitismus banalisiert, indem jeder Kritiker des israelischen Staates systematisch des Antisemitismus beschuldigt wird. Dadurch wurde eine komplexe und perverse Situation geschaffen, in der „anti-jüdischer Antisemitismus“ von manchen banalisiert und von anderen übertrieben wird, während „anti-arabischer Antisemitismus“ im Westen im Namen der Bekämpfung eines gewalttätigen, terroristischen Antisemitismus als erlaubt und akzeptabel gilt und zu dem sogar ermutigt wird.
Wenn wir den anti-arabischen Rassismus als eine Form des Antisemitismus verstehen, sind heutzutage die hauptsächlichen Vertreter dieses „antisemitischen Antisemitismus“ pro-zionistische Intellektuelle, sowohl israelische als auch nicht-israelische.44 Dies hat zu einer Situation geführt, in der wirkliche Ausdrücke von „anti-jüdischem Antisemitismus“ von vielen Leuten banalisiert werden und in der alte Formen des „anti-jüdischem Antisemitismus“ wiederaufbereitet werden, um israelische Gräueltaten zu beschreiben. Beispielsweise sollte Parolen wie „Hamas, Hamas: Jude ins Gas“ auf anti-zionistischen Demonstrationen in Europa heute seitens antikolonialer, antiimperialistischer und antirassistischer Bewegungen mit Sorge begegnet werden. Es ist wahr, dass dies eine Minderheit innerhalb der anti-zionistischen Bewegung ist. Nichtsdestotrotz dürfen wir die Rückkehr des „anti-jüdischen antisemitischen“ Rassismus nicht unterschätzen. Der alte Antisemitismus kommt kraftvoll zurück als Reaktion auf Israels ethnische Säuberung der Palästinenser. „Anti-jüdischer Antisemitismus“ ist falsch, ganz gleich woher er kommt und was die Ursachen für seine Rückkehr sind. Eine Minderheit von weißen christlichen Europäern wiederholt einmal mehr den alten antisemitischen Rassismus; und unterdrückte Gruppen wie Araber, wenn auch in kleiner Zahl innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaften, reproduzieren ebenfalls alte Stereotype über jüdische Menschen.
Es gibt allerdings einen fundamentalen Unterschied zwischen den jüdischen Menschen und dem zionistischen Staat. Einerseits ist der zionistische Anspruch, alle Juden zu repräsentieren, falsch und stellt eine politische Manipulation dar. Aber dies rechtfertigt nicht den Gebrauch von rassistischer Rhetorik, auch dann nicht, wenn die Gruppen unterdrückte Gruppen sind. Andererseits hat die zionistische Rechtfertigung naziartiger ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschheit durch Israel in Palästina und jüngst in GAZA, indem „anti-arabischer Antisemitismus“ eingesetzt und die Kritiker von Israel als „Antisemiten“ beschuldigt wurden, eine globale Empörung und in manchen wenigen Fällen „anti-jüdische antisemitische“ Reaktionen hervorgerufen.
Darüber hinaus befördern Beschlüsse des US-Kongresses, die Israels Recht auf Selbstverteidigung bekräftigen, während das israelische Abschlachten von Palästinensern in vollem Gange ist, Israels Straflosigkeit, wenn es den offenen Rassismus gegen Palästinenser als Volk reproduziert, deren Existenzrecht in Frage gestellt wird, indem sie rassialistisch in das versetzt werden, was Fanon als „Leben in der Hölle“ oder die „Zone des Nicht-Seins“ beschrieben hat.45
Israelische Gräueltaten werden heutzutage unter dem Vorwand gerechtfertigt, den islamischen Fundamentalismus zu bekämpfen. Die kürzlichen Massaker in GAZA wurden im Namen der Bekämpfung der Hamas gerechtfertigt. Nachdem Saddam Hussein ermordet und der Irak unter US-Besatzung gebracht worden ist, ist nun der neue Feind des Zionismus der Iran. Hizbullah und Hamas gelten als ausschließliche Geschöpfe des Irans. Die Rolle, die der Iran beim Aufstieg und/oder dem Fortbestehen dieser Organisationen spielte, ist gewiss nicht von größerer Bedeutung als die Rolle, die der Westen bei der Schaffung und fortgesetzten Unterstützung von Israel als siedlerkolonialem Staat spielte. Der Iran unterstützt Hizbullah und Hamas, hat sie aber nicht geschaffen. Sie sind vielmehr beide ein Resultat des israelischen Kolonialismus in der Region.
So stellt sich nun die Frage: Was ist Fundamentalismus?
8.3 Fundamentalismus und Eurozentrismus
Eine grundlegende Voraussetzung der gegenwärtigen Diskussionen über den politischen Islam und den sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“ ist der „epistemische Rassismus“, wie er von Walter Mignolo begrifflich gefasst wurde.46 „Epistemischer Rassismus“ steht für die Inferiorisierung von nicht-westlichen Epistemologien und Kosmologien, um die westliche Epistemologie als die superiore Form des Wissens und als die einzige Quelle zur Definition von Menschenrechten, Demokratie, Bürgerschaft usw. zu privilegieren. Und dies ist in der Vorstellung begründet, dass Vernunft und Philosophie im Westen liegen, während Nicht-Vernunft im „Rest“ liegt.
So stellte Lewis Gordon fest:
Die Vorstellung, dass Philosophie eine rein europäische Angelegenheit war, führte logischerweise zum Schluss, dass es etwas in den europäischen Kulturen gab (und weiterhin gibt), das sie für philosophische Reflexion förderlicher macht als andere. [...] Die Vorstellung einer wesenhaften Verbindung der Europäer mit der Philosophie ist, anders gesagt, zirkulär: sie definiert sie als philosophisch in dem Bemühen zu bestimmen, ob sie philosophisch waren. [...] Zu schlussfolgern, dass die Arten von intellektueller Tätigkeit, die in der Vergangenheit philosophisch genannt wurden und in der Gegenwart in diesen Bereich fielen, daher auf eine einzige Gruppe von Menschen beschränkt waren, die zumeist künstlich in einen Sack gesteckt wurden, um falsche Vorstellungen von Einheit und einzigartiger Identität zu erwecken, verlangt ein Modell der Menschheit, das nicht zu den Tatsachen passt.47
Epistemischer Rassismus ist eine grundlegende und konstitutive Logik der modernen/kolonialen Welt. Europäische Humanisten und Wissenschaftler im neunzehnten Jahrhundert wie Ernest Renan, der 1883 an der Sorbonne in Paris eine Vorlesung hielt, „in der er ausführte, der Islam sei mit Wissenschaft und Philosophie unvereinbar. Er begründete seine Ansicht auf die Behauptung, der Islam sei eine im Wesentlichen arabische Religion und die Araber seien, da sie zur semitischen Rasse gehörten, wegen ihrer atomistischen Mentalität zur philosophischen Synthesis unfähig [...] Renan [blieb] fest davon überzeugt, dass den Semiten (er meinte damit die Araber und die Juden) diese Fähigkeit abgehe.“48
Dieser epistemische Rassismus tritt heutzutage in Diskussionen über Menschenrechte in Erscheinung. Nicht-westliche Epistemologien, die Menschenrechte und Menschenwürde in anderen Formen als der Westen begreifen, werden schlechterdings vom Gespräch ausgeschlossen. Dies ist eng verbunden mit gegenwärtigen Diskussionen über „Fundamentalismus“. So meint etwa der „wiedergeborene Neocon“ Christopher Hitchens:
[...] die genaue Definition eines „Fundamentalisten“ ist jemand, der glaubt, dass die „heilige Schrift“ das festgelegte und unveränderliche Wort Gottes ist.49
Diese spezifische Definition, die heute die im Westen verwendete hegemoniale Definition ist, verbirgt, was für alle Fundamentalismen fundamental ist, nämlich den Glauben an die Superiorität ihrer eigenen Epistemologie und die Inferiorität des Rests. Die erste Prämisse der Definition von Hitchens lautet, dass ein Fundamentalist notwendigerweise religiös sein muss. In dieser Definition werden sogenannte säkulare Ansichten von vornherein davon ausgenommen, fundamentalistisch zu sein. Die problematische westliche Dichotomie von säkular und religiös wird hier reproduziert. Dementsprechend kann eine säkulare Perspektive nach der Logik dieser Definition nicht fundamentalistisch sein.
Die zweite Prämisse lautet, dass der einzig mögliche Fundamentalismus eine solche Doktrin betrifft, die eine „wörtliche“, „dogmatische“ Interpretation eines „heiligen Textes“ vornimmt. Die Prämisse lautet, dass ein „heiliger Text“ nur ein religiöser Text sein kann. Einen säkularen Text als „heilig“ zu behandeln, wird nicht als Teil der Definition des Fundamentalismus erachtet. Säkulare Formen des Fundamentalismus wie etwa Stalinismus als ein marxistischer Fundamentalismus oder Positivismus als eine Form des wissenschaftlichen Fundamentalismus werden von der hegemonialen Definition ausgenommen.
Kurzum, diese Definition verbirgt die wichtigste Form des Fundamentalismus in der heutigen Welt: den eurozentrischen Fundamentalismus. Er ist so mächtig, dass er als die „Norm“ und hegemoniale „Selbstverständlichkeit“ (common sense) verwendet wird, um zu definieren, was Demokratie ist, was „Terrorismus“ ist, was „Ökonomie“ ist, was Menschenrechte sind, was die Umwelt ist und wer ein Fundamentalist ist. Eurozentristischer Fundamentalismus ist die „Sakralisierung“ der westlichen Denktradition und die Inferiorisierung der nicht-westlichen Epistemologien und Kosmologien. Er ist auf epistemischen Rassismus gegründet. Sein Universalismus besteht in Wirklichkeit darin, ein Partikulares als das Universale für den Rest zu definieren – nämlich als einen globalen/imperialen Entwurf. Wenn wir mit der dichotomen Spaltung von säkular und religiös brechen, so erweist sich, dass das, was alle Fundamentalismen in der modernen/kolonialen Welt gemeinsam haben, der „epistemische Rassismus“ ist.
Eine wesentliche Folge der europäischen kolonialen Expansion und ihres epistemischen Rassismus ist der Epistemizid gegen nicht-westliche Epistemologien, wie Boaventura de Sousa Santos es genannt hat.50 Die Unsichtbarkeit und sogar Auslöschung anderer Epistemologien liegt an der Wurzel des eurozentrischen Fundamentalismus. Die hegemoniale Rolle des eurozentrischen Fundamentalismus tritt überdies darin in Erscheinung, dass viele Gestalten dessen, was heutzutage als Dritte-Welt-Fundamentalismus bezeichnet wird, wie etwa islamischer Fundamentalismus, afrozentrischer Fundamentalismus und indigener Fundamentalismus, umgekehrte Formen des eurozentrischen Fundamentalismus sind. Sie sind Umkehrungen der eurozentrischen fundamentalistischen Dichotomien. Wenn der Westen sich selbst definiert als wesenhaft und naturgemäß demokratisch, als Förderer von Frauenrechten, Menschenrechten, Demokratie, Freiheit usw., dann ist der Nicht-Westen definiert als wesenhaft und naturgemäß autoritär, patriarchalisch usw. Diese eurozentrische Dichotomie, die dem epistemischen Rassismus zugrunde liegt, wird durch die sogenannten Dritte-Welt-Fundamentalismen nicht überwunden, sondern umgekehrt.
Was ich hiermit hervorheben möchte, ist, dass Dritte-Welt-Fundamentalismen wie der islamische Fundamentalismus oder der afrozentrische Fundamentalismus abgeleitete Formen des eurozentrischen Fundamentalismus sind. Sie kehren lediglich die eurozentrische Dichotomie um, bekräftigen die entgegengesetzte Seite der Dichotomie und lassen die hegemoniale Dichotomie intakt. Beispielsweise bekräftigen sie das Patriarchat oder autoritäre Formen der politischen Macht, indem sie das Bild, demokratisch und feministisch zu sein, in den Händen des Eurozentrismus belassen. Hitchens’ Definition dessen, was Fundamentalismus ist, verbirgt die zugrundeliegende Annahme aller Fundamentalismen: die ethnozentrische Idee, dass nur ihre eigene Epistemologie superior und der Rest inferior ist.
Es sind Diaspora- und Grenzdenker, von denen Herausforderungen für den eurozentrischen Fundamentalismus und seine abgeleiteten Formen der eurozentrischen Dritte-Welt-Fundamentalismen ausgehen. Islamische Feministinnen, afro-karibische Philosophen, der marxistische Tojolabalismus der Zapatisten, der „ayllu“ der aymarischen Denker usw. sind Beispiele von Denktraditionen, die institutionelle Formen und Konzepte von nicht-westlicher Demokratie, Ökologie, Feminismus und Menschenrechten jenseits der eurozentrischen fundamentalistischen Dichotomien entwickelt haben.
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1Anm. d. Hrsg.: Dieser Artikel wurde 2009 veröffentlicht und bezieht sich hier auf den Krieg und das Massaker, mit dem das israelische Militär den Gazastreifen unter dem Titel Operation Gegossenes Blei vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009 überzogen hat.
2Emmanuel Eze, „The Color of Reason. The Idea of ‚Race‛ in Kant’s Anthropology“, in: Emmanuel Eze (Hrsg.), Postcolonial African Philosophy. A Critical Reader, Oxford, 1997, S. 103-140.
3Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.
4Costas Douzinas, The End of Human Rights, Hart Publishing, Oxford, 2000.
5Aaron Gray-Block, „World court prosecutor mulls GAZA war crimes probe“, Reuters, 3. Februar 2009.
6Anm. d. Übers.: „Sophies Entscheidung“ ist der Titel eines Films, der auf der Adaption des gleichnamigen Romans von William Styron basiert. Darin wird Sophie als Mutter von zwei Kindern vor folgende Entscheidung gestellt: „Sophie war während des Zweiten Weltkrieges nach Auschwitz deportiert worden. In einer Rückblende sieht man sie mit ihrem Sohn und ihrer Tochter im Zug sitzen. Auf dem Weg vom Zug zu den Baracken hält sie ihre Kinder ängstlich an sich gedrückt. Zwischen ihr und einem sich nähernden KZ-Aufseher entspinnt sich ein Dialog, in dessen Verlauf sie ihre Verbundenheit mit der ‚arischen Rasse‛ betont und darauf hinweist, keine Jüdin zu sein. Der sadistische Aufseher stellt sie daraufhin vor die Wahl, eines ihrer Kinder behalten zu dürfen, sie müsse sich jedoch für eines entscheiden. Den drohenden Verlust beider Kinder vor Augen, trifft Sophie eine Entscheidung: ‚Nehmen Sie mein kleines Mädchen!‛ Die Tochter wird ihr daraufhin entrissen und weggebracht. Ihr Sohn wird in einem getrennten Bereich im Lager untergebracht, Sophie selbst wird aufgrund ihrer Sprachkenntnisse in der Villa des KZ-Kommandanten Rudolf Höß beschäftigt. Sie unternimmt alle opportunen Versuche, ihren Sohn ausfindig zu machen und ihm ‚eine gute Behandlung‛ zu verschaffen; sein Verbleib ist jedoch nicht zu ermitteln.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Sophies_Entscheidung)
7Noam Chomsky, Obama’s Stance on GAZA Crisis „Approximately the Bush Position“, Interview auf Democracy Now! (23. Februar 2009), https://www.democracynow.org/2009/1/23/noam_chomsky_obamas_stance_on_gaza.
8Immanuel Wallerstein, Absturz oder Sinkflug des Adlers? Der Niedergang der amerikanischen Macht, Übers. Britta Dutke, VSA, Hamburg, 2004; englisches Original: Immanuel Wallerstein, Decline of American Power: The U.S. in a Chaotic World, New Press, New York, 2003.
9Giovanni Arrighi, The Long Twentieth Century: Money, Power and the Origins of Our Times, Verso, London, 1994.
10Siehe Aimé Césaire, Über den Kolonialismus, Übers. Monika Kind, Klaus Wagenbach, Berlin, 1968; französisches Original: Aimé Césaire, Discours sur le colonialisme, Réclame, Paris, 1950.
11Nelson Maldonado-Torres, Against War: Views from the Underside of Modernity, Duke University Press, Durham, 2008.
12Hugh Kennedy, Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus, Longman, Essex, 1997.
13Yitzhak Baer, A History of the Jews in Christian Spain, Vol. 2, Jewish Publication Society, Philadelphia & Jerusalem, 1993. Jane S. Gerber, Jews of Spain: A History of the Sephardic Experiment, The Free Press, New York, 1992. Henri Bresc, Arabes de langue, Juifs de religion, Bouchène, Paris, 2001.
14Maria Rosa Melocal, The Ornament of the World: How Muslims, Jews and Christians Created a Culture of Tolerance in Medieval Spain, Back Bay Books, New York, 2003. Chris Lowney, A Vanished World: Medieval Span’s Golden Age of Enlightenment, Free Press, New York, 2005.
15Carl W. Ernst, Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.
16Norman A. Stillman, The Jews of Arab Lands, Jewish Publication Society, Philadelphia, 1979.
17Carl W. Ernst, Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, S. 38; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.
18Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.
19Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.
20Nelson Maldonado-Torres, „Religion, Conquest, and Race in the Foundations of the Modern/Colonial World“, in: Journal of the American Academy of Religion, 82, 2014, S. 636-665. Nelson Maldonado-Torres, „Reconciliation as a Contested Future: Decolonization as Project or Beyond the Paradigm of War“, in: Iain S. Maclean (Hrsg.), Reconciliation: Nations and Churches in Latin America, Ashgate, London, 2006, S. 225-245.
21Aníbal Quijano, „Colonialidad y Modernidad/Racionalidad“, in: Perú Indígena, 13, Lima, 1991, S. 11-20. Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000. Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992. Lewis Gordon, An Introduction to Africana Philosophy, Cambridge University Press, Cambridge, 2008.
22Nelson Maldonado-Torres, „Religion, Conquest, and Race in the Foundations of the Modern/Colonial World“, in: Journal of the American Academy of Religion, 82, 2014, S. 636-665. Nelson Maldonado-Torres, „Reconciliation as a Contested Future: Decolonization as Project or Beyond the Paradigm of War“, in: Iain S. Maclean (Hrsg.), Reconciliation: Nations and Churches in Latin America, Ashgate, London, 2006, S. 225-245.
23Lewis Gordon, Bad Faith and Anti Black Racism, Humanity Books, New Jersey, 1995.
24Aimé Césaire, Über den Kolonialismus, Übers. Monika Kind, Klaus Wagenbach, Berlin, 1968; französisches Original: Aimé Césaire, Discours sur le colonialisme, Réclame, Paris, 1950.
25Ramón Grosfoguel & Eric Mielants, „The Long-Duree Entanglement Between Islamophobia and Racism in the Modern/Colonial Capitalist/Patriarchal World-System“, in: Human Architecture: Journal of the Sociology of Self-Knowledge, 6, 2006, S. 1-12.
26Tom Segev, Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, Übers. Doris Gerstner, Siedler, München, 2005; englisches Original: Tom Segev, One Palestine, Complete: Jews and Arabs Under the British Mandate, Picador, London, 2001.
27Tom Segev, Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, Übers. Doris Gerstner, Siedler, München, 2005; englisches Original: Tom Segev, One Palestine, Complete: Jews and Arabs Under the British Mandate, Picador, London, 2001. Jane S. Gerber, Jews of Spain: A History of the Sephardic Experiment, The Free Press, New York, 1992. Ilan Pappe, A History of Modern Palestine: One Land, Two Peoples, Cambridge University Press, Cambridge, 2006.
28Gabriel Piterberg, The Returns of Zionism: Myth, Politics and Scholarship in Israel, Verso, London, 2008.
29Jane S. Gerber, Jews of Spain: A History of the Sephardic Experiment, The Free Press, New York, 1992.
30Alan Hart, Zionismus: Der wirkliche Feind der Juden, Band 1: Der Falsche Messias, Zambon-Verlag, Frankfurt am Main, 2016; englisches Original: Alan Hart, Zionism: The Real Enemy of the Jews, Band 1: The False Messiah, World Focus Publishing, Kent, 2007.
31Nur Marsalha, Catastrophe Remembered: Palestine, Israel and the Internal Refugees, Zed Books, London, 2005. Alan Hart, Zionismus: Der wirkliche Feind der Juden, Band 1: Der Falsche Messias, Zambon-Verlag, Frankfurt am Main, 2016; englisches Original: Alan Hart, Zionism: The Real Enemy of the Jews, Band 1: The False Messiah, World Focus Publishing, Kent, 2007. Gabriel Piterberg, The Returns of Zionism: Myth, Politics and Scholarship in Israel, Verso, London, 2008.
32Ilan Pappe, Die ethnische Säuberung Palästinas, Westend-Verlag, Frankfurt am Main, 2019; englisches Original: Ilan Pappe, The Ethnic Cleansing of Palestine, Oneworld Publications, Oxford, 2006.
33Aimé Césaire, Über den Kolonialismus, Übers. Monika Kind, Klaus Wagenbach, Berlin, 1968; französisches Original: Aimé Césaire, Discours sur le colonialisme, Réclame, Paris, 1950.
34Nur Marsalha, Expulsion of the Palestinians: The Concept of Transfer’ in Zionist Political Thought, 1882-1948, Institute of Palestinian Studies, Washington, D.C., 1992. Alan Hart, Wer ist der wahre Feind der Juden, Band 2: Aus David wird Goliath, Zambon-Verlag, Frankfurt am Main, 2018; englisches Original: Alan Hart, Zionism: The Real Enemy of the Jews, Band 2: David Becomes Goliath, World Focus Publishing, Kent, 2007. Ilan Pappe, Die ethnische Säuberung Palästinas, Westend-Verlag, Frankfurt am Main, 2019; englisches Original: Ilan Pappe, The Ethnic Cleansing of Palestine, Oneworld Publications, Oxford, 2006.
35Karen Brodkin, How Jews Became White Folks and What that Says about Race in America, Rutgers University Press, New Brunswick, 2000.
36Noam Chomsky, Offene Wunde Nahost. Israel, die Palästinenser und die US-Politik, Übers. Michael Haupt, Europa, Hamburg, 2003; englisches Original: Noam Chomsky, The Fateful Triangle. The United States, Israel & the Palestinians, Pluto Press, London, 1987.
37Carl W. Ernst, Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, S. 36; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.
38Siehe Jane S. Gerber, Jews of Spain: A History of the Sephardic Experiment, The Free Press, New York, 1992.
39Pierre-André Taguieff, La Nouvelle judéophobie, Fayard-Mille et une Nuit, Paris, 2002. Paul Iganski (Hrsg.), A New Anti-Semitism? Debating Judeophobia in 21st Century Britain, Profile Books Ltd., London, 2003.
40Lewis Gordon, Bad Faith and Anti Black Racism, Humanity Books, New Jersey, 1995.
41Norman Finkelstein, Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Missbrauch der Geschichte, Übers. Maren Hackmann, Piper, München, 2006; englisches Original: Norman Finkelstein, Beyond Chutzpah. On the Misuse of Anti-Semitism and the Abuse of History, University of California Press, Berkeley, 2005.
42Etienne Balibar, Rony Brauman, Judith Butler & Eric Hazan, Antisémitisme : l'intolérable chantage. Israël-Palestine, une affaire française ?, Éditions La Découverte, Paris, 2003. Norman Finkelstein, Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Missbrauch der Geschichte, Übers. Maren Hackmann, Piper, München, 2006; englisches Original: Norman Finkelstein, Beyond Chutzpah. On the Misuse of Anti-Semitism and the Abuse of History, University of California Press, Berkeley, 2005.
43Ebenda.
44Nur Marsalha, The Bible and Zionism: Invented Traditions, Archaeology and Post-Colonialism in Palestine Israel, Zed Books, London, 2007. Stephen Spector, Evangelicals and Israel: The Story of American Christian Zionism, Oxford University Press, New York, 2008. Norman Finkelstein, Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Missbrauch der Geschichte, Übers. Maren Hackmann, Piper, München, 2006; englisches Original: Norman Finkelstein, Beyond Chutzpah. On the Misuse of Anti-Semitism and the Abuse of History, University of California Press, Berkeley, 2005.
45Lewis Gordon, „Through the Zone of Non-being: A Reading of Black Skin, White Masks in Celebration of Fanon’s Eightieth Birthday“, in: Worlds and Knowledge Otherwise, 1, 2006, S. 1-29.
46Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.
47Lewis Gordon, An Introduction to Africana Philosophy, Cambridge University Press, Cambridge, 2008, S. 6.
48Carl W. Ernst, Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, S. 45; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.
49Christopher Hitchens, „Assassins of the Mind“, in: Vanity Fair, Nr. 582, Februar 2009, S. 72-75.
50Anm. d. Übers.: „Epistemizid“ ist ein von Boaventura de Sousa Santos geprägter Begriff. Siehe dazu Fußnote 4 auf Seite 71.