3 Dekolonisierung postkolonialer Studien und Paradigmen der politischen Ökonomie: Transmoderne, Dekoloniales Denken und Globale Dekolonialität

Autor: Yusuf Kuhn -
Autoren
Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf
Textlänge des Kapitels in Buchseiten ca. 61

Können wir eine radikale antisystemische Politik jenseits von Identitätspolitik entwickeln? Ist es möglich, einen kritischen Kosmopolitismus jenseits von Nationalismus und Kolonialismus zu artikulieren? Können wir Wissen jenseits von Dritte-Welt- und eurozentrischen Fundamentalismen produzieren? Können wir die traditionelle Dichotomie zwischen politischer Ökonomie und kulturellen Studien überwinden? Können wir ökonomischen Reduktionismus und Kulturalismus hinter uns lassen? Wie können wir die eurozentrische Moderne überwinden, ohne das Beste der Moderne zu verwerfen, wie es viele Dritte-Welt-Fundamentalisten tun?

In diesem Artikel lege ich dar, dass eine epistemische Perspektive von der subalternen Seite der kolonialen Differenz aus viel zu dieser Debatte beizutragen hat. Sie kann zu einer kritischen Perspektive jenseits der umrissenen Dichotomien und zu einer Neudefinition des Kapitalismus als Weltsystem beitragen.

Im Oktober 1998 fand an der Duke University eine Konferenz/​ein Dialog zwischen der South Asian Subaltern Studies Group (Gruppe für südasiatische subalterne Studien) und der Latin American Subaltern Studies Group (Gruppe für lateinamerikanische subalterne Studien) statt. Der auf dieser Konferenz begonnene Dialog führte schließlich zur Veröffentlichung mehrerer Ausgaben der Zeitschrift NEPANTLA. Diese Konferenz war jedoch das letzte Treffen der Latin American Subaltern Studies Group, bevor sie sich aufspaltete. Von den vielen Gründen und Debatten, die zu dieser Spaltung führten, möchte ich zwei hervorheben.

Die Mitglieder der Latin American Subaltern Studies Group waren in erster Linie Gelehrte der Lateinamerikanistik in den USA. Trotz ihres Versuchs, ein radikales und alternatives Wissen zu schaffen, reproduzierten sie das epistemische Schema der Area Studies (Regionalstudien) in den Vereinigten Staaten. Mit wenigen Ausnahmen produzierten sie eher Studien über die Subalternität als Studien mit und aus einer subalternen Perspektive. Wie die imperiale Epistemologie der Area Studies war auch die Theorie weiterhin im Norden angesiedelt, während die zu untersuchenden Subjekte/Untertanen im Süden angesiedelt waren. Diese koloniale Epistemologie war ausschlaggebend für meine Unzufriedenheit mit dem Projekt. Als Latino in den Vereinigten Staaten war ich mit den epistemischen Konsequenzen des von dieser lateinamerikanistischen Gruppe produzierten Wissens unzufrieden. Sie unterschätzten in ihrer Arbeit ethnische/rassialistische Perspektiven, die aus der Region kommen, während sie vor allem westliche Denker privilegierten.

Dies hängt mit meinem zweiten Punkt zusammen: Sie ließen den so genannten „vier Pferden der Apokalypse“ (four horses of the apocalypse)1, das heißt Foucault, Derrida, Gramsci und Guha, das epistemische Privileg zuteil werden. Von den vier wichtigsten Denkern, die sie privilegierten, sind drei eurozentrische Denker, wobei zwei von letzteren (Derrida und Foucault) zum poststrukturalistischen/postmodernen westlichen Kanon gehören. Nur einer, Rinajit Guha, ist ein Denker aus dem Süden. Indem sie westliche Denker privilegierten und somit zu ihrem zentralen Theorieapparat erhoben, haben sie ihr Ziel verraten, subalterne Studien zu entwickeln.

Zu den vielen Gründen für die Spaltung der South Asian Subaltern Studies Group gehört der Konflikt zwischen denjenigen, die Subalternität verstehen als postmoderne Kritik (die eine eurozentrische Kritik des Eurozentrismus darstellt), und denjenigen, die Subalternität verstehen als dekoloniale Kritik (die eine Kritik des Eurozentrismus von subalternisiertem und zum Schweigen gebrachtem Wissen aus darstellt).2

Für diejenigen von uns, die sich auf die Seite der dekolonialen Kritik stellten, machte der Dialog mit der Latin American Subaltern Studies Group die Notwendigkeit deutlich, den westlichen Kanon und die westliche Epistemologie epistemologisch zu transzendieren, das heißt zu dekolonisieren. Das Hauptprojekt der South Asian Subaltern Studies Group ist eine Kritik an der westlich-europäischen kolonialen Geschichtsschreibung über Indien und an der indisch-nationalistischen eurozentrischen Geschichtsschreibung von Indien. Durch die Verwendung einer westlichen Epistemologie und die Privilegierung von Gramsci und Foucault wird die Radikalität ihrer Kritik am Eurozentrismus jedoch eingeschränkt und begrenzt. Obwohl sie unterschiedliche epistemische Projekte vertraten, überschnitt sich das Privileg der südasiatischen subalternen Schule mit dem westlichen epistemischen Kanon mit dem Teil der Latin American Subaltern Studies Group, der sich auf die Seite der Postmoderne stellte.

Mit all ihren Grenzen stellt die South Asian Subaltern Studies Group jedoch einen wichtigen Beitrag zur Kritik des Eurozentrismus dar. Sie ist Teil einer intellektuellen Bewegung, die als postkoloniale Kritik (eine Kritik der Moderne/Modernität aus dem globalen Süden) bekannt ist, im Gegensatz zur postmodernen Kritik der Latin American Subaltern Studies Group (eine Kritik der Moderne/Modernität aus dem globalen Norden).3 Diese Debatten machten uns (denjenigen, die sich auf die Seite der oben beschriebenen dekolonialen Kritik stellten) die Notwendigkeit deutlich, nicht nur die Subaltern Studies (Subalterne Studien), sondern auch die Postcolonial Studies (Postkoloniale Studien) zu dekolonisieren.4

Dabei handelt es sich nicht um eine essentialistische, fundamentalistische, antieuropäische Kritik. Es ist eine Perspektive, die sowohl eurozentrischen als auch Dritte-Welt-Fundamentalismen, Kolonialismus und Nationalismus gegenüber kritisch ist. Grenzdenken (border thinking), eine der epistemischen Perspektiven, die in diesem Artikel erörtert werden, ist eben gerade eine kritische Antwort auf sowohl hegemoniale als auch marginale Fundamentalismen. Was alle Fundamentalismen (einschließlich des eurozentrischen) gemeinsam haben, ist die Prämisse, dass es nur eine einzige epistemische Tradition gibt, von der aus Wahrheit und Universalität zu erreichen ist.

Indes sind hier meine Hauptpunkte die folgenden drei:

  1. dass eine dekoloniale epistemische Perspektive einen breiteren Kanon des Denkens erfordert als nur den westlichen Kanon (einschließlich des linken westlichen Kanons);
  2. dass eine wahrhaft universale dekoloniale Perspektive nicht auf einem abstrakten Universalen basieren kann (einem Partikularen, das sich selbst zum universalen globalen Entwurf erhebt), sondern das Ergebnis des kritischen Dialogs zwischen verschiedenen kritischen epistemischen/ethischen/politischen Projekten hin zu einer pluriversalen (pluriversal) im Gegensatz zu einer universalen Welt sein muss;
  3. dass die Dekolonisierung des Wissens erfordern würde, die epistemischen Perspektiven/Kosmologien/Einsichten kritischer Denker aus dem globalen Süden, die von und mit subalternisierten rassialistischen/ethnischen/sexuellen Orten und Körpern denken, ernst zu nehmen. Postmodernismus und Poststrukturalismus sind als epistemologische Projekte im westlichen Kanon gefangen, der in seinen Denk- und Praxisbereichen eine besondere Form der Kolonialität von Macht/Wissen reproduziert.

Was ich über die Latin American Subaltern Studies Group gesagt habe, gilt jedoch auch für die Paradigmen der politischen Ökonomie. In diesem Artikel argumentiere ich dafür, dass eine epistemische Perspektive von rassialistischen/ethnischen subalternen Orten viel zu einer radikalen dekolonialen kritischen Theorie beitragen kann, die über die Art und Weise hinausgeht, wie traditionelle Paradigmen der politischen Ökonomie den Kapitalismus als ein globales oder Weltsystem konzeptualisieren. Die Idee dabei ist, sowohl politisch-ökonomische Paradigmen als auch die Weltsystemanalyse zu dekolonisieren und eine alternative dekoloniale Konzeptualisierung des Weltsystems vorzuschlagen.

Der erste Teil 3.1 ist eine epistemische Diskussion über die Implikationen der epistemologischen Kritik feministischer und subalternisierter rassialistischer/ethnischer Intellektueller für die westliche Epistemologie.

Der zweite Teil 3.2 befasst sich mit den Implikationen dieser Kritiken im Hinblick auf die Art und Weise, wie wir das globale System oder Weltsystem konzeptualisieren.

Der dritte Teil 3.3 ist eine Diskussion über die heutige globale Kolonialität.

Der vierte Teil 3.4 ist eine Kritik sowohl an der Weltsystemanalyse als auch an den postkolonialen/kulturellen Studien, unter der Verwendung der Kolonialität der Macht als Antwort auf das Dilemma der Wahl zwischen Kultur und Ökonomie.

Schließlich ist der fünfte, sechste, siebte und letzte Teil 3.5-3.8 eine Erörterung von dekolonialem Denken, Transmodernität und Sozialisierung von Macht (socialization of power) als dekoloniale Alternativen zum gegenwärtigen Weltsystem.

3.1 Epistemologische Kritik

Der erste Punkt, den es zu diskutieren gilt, ist der Beitrag rassialistischer/ethnischer und feministischer subalterner Perspektiven zu epistemologischen Fragen. Die hegemonialen eurozentrischen Paradigmen, die die westliche Philosophie und Wissenschaft im „modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystem“5 in den letzten 500 Jahren geprägt haben, gehen von einem universalistischen, neutralen, objektiven Gesichtspunkt aus.

Chicana und schwarze feministische Wissenschaftlerinnen6 sowie Dritte-Welt-Gelehrte innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten haben uns daran erinnert,7 dass wir immer von einem bestimmten Ort in den Machtstrukturen aus sprechen. Niemand entkommt den klassistischen, sexuellen, geschlechtlichen, spirituellen, sprachlichen, geografischen und rassialistischen Hierarchien des „modernen/kolonialen kapitalistischen/​patriarchalischen Weltsystems“. Wie die feministische Wissenschaftlerin Donna Haraway8 feststellt, ist unser Wissen immer situiert. Schwarze feministische Wissenschaftlerinnen nannten diese Perspektive „afrozentrische Epistemologie“9 (was nicht gleichbedeutend ist mit der afrozentrischen Perspektive), während der lateinamerikanische Befreiungsphilosoph Enrique Dussel sie „Geopolitik des Wissens“10 nannte. Und ich werde in Anlehnung an Fanon11 und Anzaldúa12 den Begriff „Körperpolitik des Wissens“ verwenden.

Dies ist nicht nur eine Frage der sozialen Werte in der Wissensproduktion oder des Umstands, dass unser Wissen immer partiell ist. Hier geht es vor allem um den Ort der Äußerung (locus of enunciation), das heißt um den geo- und körperpolitischen Ort des Subjekts, das spricht. In der westlichen Philosophie und Wissenschaft ist das Subjekt, das spricht, immer versteckt, verborgen, von der Analyse ausgenommen. Die „Ego-Politik des Wissens“ der westlichen Philosophie hat immer den Mythos eines nicht-situierten „Egos“ privilegiert. Der ethnische/rassialistische/geschlechtliche/sexuelle epistemische Ort und das Subjekt, das spricht, sind immer entkoppelt. Durch die Entkopplung des ethnischen/rassialistischen/geschlechtlichen/sexuellen epistemischen Orts vom Subjekt, das spricht, sind westliche Philosophie und Wissenschaften in der Lage, einen Mythos über ein wahrhaft universales Wissen (Truthful universal knowledge) zu schaffen, der verschleiert, das heißt verbirgt, wer spricht, wie auch den geo- und körperpolitischen epistemischen Ort in den Strukturen der kolonialen Macht/des kolonialen Wissens, aus denen das Subjekt spricht.

Dabei ist es wichtig, den „epistemischen Ort“ von dem „sozialen Ort“ zu unterscheiden. Die Tatsache, dass jemand auf der unterdrückten Seite der Machtverhältnisse sozial verortet ist, bedeutet nicht automatisch, dass er/sie von einem subalternen epistemischen Ort aus epistemisch denkt. Gerade der Erfolg des modernen/kolonialen Weltsystems besteht darin, Subjekte/​Untertanen, die auf der unterdrückten Seite der kolonialen Differenz sozial verortet sind, dazu zu bringen, epistemisch so zu denken wie die auf den herrschenden Positionen. Subalterne epistemische Perspektiven sind Wissen, das von unten kommt und eine kritische Perspektive des hegemonialen Wissens in den beteiligten Machtverhältnissen erzeugt. Ich fordere keinen epistemischen Populismus, bei dem von unten produziertes Wissen automatisch ein epistemisches subalternes Wissen ist. Ich behaupte hingegen, dass alles Wissen epistemisch auf der herrschenden oder subalternen Seite der Machtverhältnisse verortet ist und dass dies mit der Geo- und Körperpolitik des Wissens zusammenhängt. Die entkörperlichte und unverortete Neutralität und Objektivität der Ego-Politik des Wissens ist ein westlicher Mythos.

René Descartes, der Begründer der modernen westlichen Philosophie, leitet eine neue Phase in der Geschichte des westlichen Denkens ein. Er ersetzt Gott als Grundlage des Wissens in der Theo-Politik des Wissens des europäischen Mittelalters durch den (westlichen) Mann als Grundlage des Wissens in der europäischen Moderne. Alle Attribute Gottes werden nun auf den (westlichen) Mann übertragen. Die universale Wahrheit jenseits von Zeit und Raum privilegiert den Zugang zu den Gesetzen des Universums. Und die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien zu produzieren, wird nun in den Geist des westlichen Mannes verlegt. Das cartesianische cogito ergo sum (Ich denke, also bin ich) ist die Grundlage der modernen westlichen Wissenschaften.

Indem er einen Dualismus zwischen Geist und Körper und zwischen Geist und Natur herstellte, vermochte Descartes, ein nicht-situiertes, universales, dem Blick mit dem Auge Gottes entspringendes Wissen zu beanspruchen. Dies ist, was der kolumbianische Philosoph Santiago Castro-Gómez die „Nullpunkt“-Perspektive der eurozentrischen Philosophien nennt.13 Der „Nullpunkt“ ist der Gesichtspunkt, der sich selbst versteckt und verschleiert, als sei er jenseits eines bestimmten Gesichtspunktes, das heißt der Gesichtspunkt, der sich selbst als ohne einen Gesichtspunkt darstellt. Es ist dieser „Blick mit dem Auge Gottes“ (god-eye view), der seine örtliche (local) und bestimmte (particular) Perspektive stets unter einem abstrakten Universalismus verbirgt.

Die westliche Philosophie privilegiert die „Ego-Politik des Wissens“ gegenüber der „Geopolitik des Wissens“ und der „Körper-Politik des Wissens“. Historisch gesehen hat dies dem westlichen Mann (der geschlechtsspezifische Begriff wird hier absichtlich verwendet) erlaubt, sein Wissen als das einzige darzustellen, das vermag, ein universales Bewusstsein zu erreichen und nicht-westliches Wissen als partikularistisch und somit unfähig, Universalität zu erreichen, abzutun.

Diese epistemische Strategie war für die westlichen globalen Entwürfe von entscheidender Bedeutung. Indem sie den Ort des Subjekts der Äußerung verbarg, konnte die europäische/euroamerikanische koloniale Expansion und Herrschaft eine Hierarchie zwischen superiorem und inferiorem Wissen und damit von superioren und inferioren Menschen auf der ganzen Welt ausbilden.

Von der Charakterisierung von „Völkern ohne Schrift“ im 16. Jahrhundert gingen wir über zur Charakterisierung von „Völkern ohne Geschichte“ im 18. und 19. und „Völkern ohne Entwicklung“ im 20. Jahrhundert, und in jüngster Zeit bis hin zu der von „Völkern ohne Demokratie“ zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Von den „Rechten der Völker“ im 16. Jahrhundert (Debatte zwischen Sepúlveda und Las Casas an der Universität von Salamanca in der Mitte des 16. Jahrhunderts) gingen wir über zu den „Rechten des Menschen“ (Philosophen der Aufklärung) bis hin zu den „Menschenrechten“ zum Ende des 20. Jahrhunderts. Sie alle sind Teil globaler Entwürfe, die auf die gleichzeitige Produktion und Reproduktion einer internationalen Arbeitsteilung von Zentrum/Peripherie abzielen, die sich mit der globalen rassialistischen/ethnischen Hierarchie zwischen Europäern/Nichteuropäern überschneidet.

Wie Enrique Dussel14 uns jedoch in Erinnerung gerufen hat, gingen dem cartesianischen cogito ergo sum 150 Jahre (seit den Anfängen der europäischen kolonialen Expansion im Jahr 1492) des europäischen ego conquiro (Ich erobere, also bin ich) voraus. Die sozialen, ökonomischen, politischen und historischen Bedingungen der Möglichkeit für ein Subjekt, sich den Hochmut anzumaßen, gottgleich zu werden und sich selbst zur Grundlage allen wahrhaften Wissens zu machen, war das imperiale Sein/Wesen (Imperial Being), das heißt die Subjektivität derjenigen, die im Zentrum der Welt stehen, weil sie sie bereits erobert haben. Was sind die dekolonialen Implikationen dieser epistemologischen Kritik für unsere Wissensproduktion und für unser Konzept des Weltsystems?

3.2 Kolonialität der Macht als Machtmatrix der modernen/kolonialen Welt

Globalisierungsstudien, Paradigmen der politischen Ökonomie und Weltsystemanalysen haben mit wenigen Ausnahmen nicht die epistemologischen und theoretischen Implikationen der epistemischen Kritik abgeleitet, die von subalternen Orten in der kolonialen Kluft ausgeht und in der akademischen Welt durch Ethnologie und Frauenforschung zum Ausdruck kommt. Sie produzieren nach wie vor Wissen aus dem „Nullpunkt“-Blick mit dem Auge Gottes des westlichen Mannes. Dies hat zu erheblichen Problemen in der Art und Weise geführt, wie wir den globalen Kapitalismus und das „Weltsystem“ konzeptualisieren. Diese Konzepte bedürfen einer Dekolonisierung, und dies kann nur mit einer dekolonialen Epistemologie erreicht werden, die eine dekoloniale Geo- und Körperpolitik des Wissens als Ausgangspunkt für eine radikale Kritik unmissverständlich voraussetzt. Die folgenden Beispiele können diesen Punkt verdeutlichen.

Wenn wir die europäische koloniale Expansion von einem eurozentrischen Gesichtspunkt aus analysieren, ergibt sich ein Bild, in dem die Ursprünge des so genannten kapitalistischen Weltsystems in erster Linie vom interimperialen Wettbewerb zwischen den europäischen Imperien hervorgebracht wurden. Das Hauptmotiv für diese Expansion bestand darin, kürzere Wege nach Osten ausfindig zu machen, was zufällig zur sogenannten Entdeckung und schließlich zur spanischen und portugiesischen Kolonialisierung der Amerikas führte. Unter diesem Gesichtspunkt wäre das kapitalistische Weltsystem in erster Linie ein ökonomisches System, das das Verhalten der wichtigsten gesellschaftlichen Akteure durch die ökonomische Logik der Profitmacherei bestimmt, wie sie sich in der Gewinnung von Mehrwert und der unaufhörlichen Kapitalakkumulation im Weltmaßstab manifestiert. Darüber hinaus privilegiert das in dieser Perspektive implizierte Konzept des Kapitalismus die ökonomischen Verhältnisse gegenüber anderen sozialen Verhältnissen. Dementsprechend bringt die Transformation der Produktionsverhältnisse eine neue, für den Kapitalismus typische Klassenstruktur hervor, die sich von anderen sozialen Systemen und anderen Formen der Herrschaft unterscheidet. Die Klassenanalyse und der ökonomische strukturelle Wandel werden gegenüber anderen Machtverhältnissen privilegiert.

Ohne die Bedeutung der endlosen Kapitalakkumulation im Weltmaßstab und die Existenz einer bestimmten Klassenstruktur im globalen Kapitalismus zu leugnen, stelle ich die folgende epistemische Frage: Wie würde das Weltsystem aussehen, wenn wir den Ort der Äußerung vom europäischen Mann zu einer indigenen Frau in den Amerikas verlegen würden; zu, sagen wir, Rigoberta Menchú in Guatemala oder Domitila Barrios de Chungara in Bolivien? Ich gebe nicht vor, für diese indigenen Frauen zu sprechen oder ihre Perspektive zu vertreten. Was ich versuche, ist, den Ort zu verlagern, von dem aus diese Paradigmen gedacht werden.

Die erste Konsequenz der Verlagerung unserer Geopolitik des Wissens besteht darin, dass das, wozu es in den Amerikas im späten 15. Jahrhundert kam, nicht nur ein ökonomisches System von Kapital und Arbeit zur Warenproduktion war, die für einen Profit auf dem Weltmarkt verkauft werden sollten. Dies war ein entscheidender Teil, aber nicht das einzige Element des verflochtenen „Pakets“. Was in den Amerikas ankam, war eine breitere und umfassendere verflochtene Machtstruktur, der eine ökonomisch-reduktionistische Perspektive des Weltsystems keine Erklärung zu bieten vermag. Vom strukturellen Ort einer indigenen Frau in den Amerikas aus betrachtet war das, was ankam, ein komplexeres Weltsystem als das, was die Paradigmen der politischen Ökonomie und die Weltsystemanalyse darstellen. Ein europäischer/kapitalistischer/militärischer/christlicher/​patriarchalischer/weißer/heterosexueller Mann kam in den Amerikas an und errichtete zugleich in Raum und Zeit mehrere miteinander verflochtene globale Hierarchien, die ich der Klarheit halber im Folgenden aufzählen werde, als ob sie voneinander getrennt wären:

  1. eine bestimmte globale Klassenbildung, in der eine Vielfalt von Arbeitsformen (Sklaverei, Halb-Leibeigenschaft (semi-serfdom), Lohnarbeit, einfache Warenproduktion usw.) nebeneinander bestehen und vom Kapital als Quelle der Mehrwertproduktion durch den profitbringenden Warenverkauf auf dem Weltmarkt organisiert werden;
  2. eine internationale Arbeitsteilung von Zentrum und Peripherie, bei der das Kapital die Arbeit in der Peripherie um erzwungene und autoritäre Formen herum organisierte;15
  3. ein zwischenstaatliches System politisch-militärischer Organisationen, das von europäischen Männern kontrolliert wird und in Kolonialverwaltungen institutionalisiert ist;16
  4. eine globale rassialistische/ethnische Hierarchie, die Europäer gegenüber Nichteuropäern privilegiert;17
  5. eine globale Geschlechterhierarchie, die Männer gegenüber Frauen und das europäische jüdisch-christliche Patriarchat gegenüber anderen Formen von Geschlechterbeziehungen privilegiert;18
  6. eine sexuelle Hierarchie, die Heterosexuelle gegenüber Homosexuellen und Lesben privilegiert (es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die meisten indigenen Völker in den Amerikas Sexualität unter Männern nicht als pathologisches Verhalten ansahen und keine homophobe Ideologie hatten);
  7. eine durch die Globalisierung der christlichen (katholischen und später protestantischen) Kirche institutionalisierte spirituelle Hierarchie, die Christen gegenüber nicht-christlichen/nicht-westlichen Spiritualitäten privilegiert;
  8. eine epistemische Hierarchie, die westliches Wissen und die westliche Kosmologie gegenüber nicht-westlichem Wissen und nicht-westlichen Kosmologien privilegiert und die im globalen Universitätssystem institutionalisiert ist;19
  9. eine sprachliche Hierarchie zwischen europäischen und nichteuropäischen Sprachen, die die Kommunikation und die Wissens-/Theorieproduktion in den ersteren privilegiert und die letzteren als bloße Produzenten von Volkstum oder Kultur, nicht aber von Wissen/Theorie subalternisiert;20
  10. eine in Museen, Kunstgalerien und globalen Kunstmärkten institutionalisierte ästhetische Hierarchie von hoher Kunst versus naiver oder primitiver Kunst, in der der Westen als Produzent superiorer hoher Kunst und der Nicht-Westen als Produzent inferiorer Ausdrucksformen der Kunst angesehen wird;
  11. eine pädagogische Hierarchie, in der die cartesianischen westlichen Formen der Pädagogik gegenüber nicht-westlichen Konzepten und Praktiken der Pädagogik als superior angesehen werden;
  12. eine Medien-/Informationshierarchie, in der der Westen die Kontrolle über die Mittel der globalen Medienproduktion und Informationstechnologie hat, während der Nicht-Westen nicht über die Mittel verfügt, seine Standpunkte in die globalen Mediennetzwerke einzubringen;
  13. eine Altershierarchie, in der die westliche Auffassung vom produktiven Leben (Alter zwischen 15 und 65 Jahren), die die Menschen über 65 Jahren entbehrlich macht, gegenüber nicht-westlichen Formen der Alters-klassifizierung als superior angesehen wird, bei denen gilt: je älter die Person, desto mehr Autorität und Respekt erhält sie von der Gemeinschaft;
  14. eine ökologische Hierarchie, in der die westlichen Auffassungen von der „Natur“ (als Objekt, das ein Mittel zum Zweck ist) mit ihrer Zerstörung von (menschlichem und nicht-menschlichem) Leben gegenüber nicht-westlichen Auffassungen von der „Ökologie“ wie Pachamama, Tauhīd oder Tao (Ökologie oder Kosmos als Subjekt, das in sich selbst einem Zweck verschrieben ist), die in ihrer Rationalität die Reproduktion des Lebens berücksichtigen, privilegiert und als superior angesehen werden;
  15. eine räumliche Hierarchie, die das Städtische gegenüber dem Ländlichen privilegiert, mit der daraus folgenden Zerstörung von ländlichen Gemeinschaften, Bauern und landwirtschaftlicher Produktion im Weltmaßstab.

Es ist kein Zufall, dass die Konzeptualisierung des Weltsystems aus dekolonialen Perspektiven des Südens seine traditionellen Konzeptualisierungen, die von Denkern aus dem Norden stammen, in Frage stellt. Dem peruanischen Soziologen Aníbal Quijano21 folgend könnten wir das gegenwärtige Weltsystem als eine historisch-strukturelle heterogene Totalität mit einer spezifischen Machtmatrix konzeptualisieren, die er als „koloniale Machtmatrix“ (patrón de poder colonial) bezeichnet. Diese Matrix wirkt sich auf alle Dimensionen der sozialen Existenz wie Sexualität, Autorität, Subjektivität und Arbeit aus.22 Das sechzehnte Jahrhundert ist der Beginn einer neuen globalen kolonialen Machtmatrix, die im späten neunzehnten Jahrhundert den gesamten Planeten überziehen sollte.

Einen Schritt weiter als Quijano gehend konzeptualisiere ich die Kolonialität der Macht als eine Verflechtung oder, um das Konzept der amerikanischen Dritte-Welt-Feministinnen zu verwenden, als Intersektionalität23 mannigfaltiger und heterogener globaler Hierarchien („Heterarchien“) sexueller, politischer, epistemischer, ökonomischer, spiritueller, sprachlicher und rassialistischer Formen der Unterdrückung und Ausbeutung, wobei die rassialistische/ethnische Hierarchie der europäischen/nichteuropäischen Kluft alle anderen globalen Machtstrukturen transversal rekonfiguriert. Das Neue an der „Kolonialität der Macht“-Perspektive ist, wie die Idee von Rasse und Rassismus zum Organisationsprinzip wird, das alle mannigfaltigen Hierarchien des Weltsystems strukturiert.24

Zum Beispiel werden die verschiedenen Formen der Arbeit, die sich in der kapitalistischen Akkumulation im Weltmaßstab artikulieren, entsprechend dieser rassialistischen Hierarchie zugewiesen; Zwangsarbeit (oder Billigarbeit) wird von nichteuropäischen Menschen in der Peripherie und „freie Lohnarbeit“ im Zentrum verrichtet. Die globale Geschlechterhierarchie wird auch von der Rasse beeinflusst: Im Gegensatz zu vor-europäischen Patriarchaten, in denen alle Frauen allen Männern gegenüber inferior waren, haben in der neuen kolonialen Machtmatrix einige Frauen (europäischer Herkunft) einen höheren Status und besseren Zugang zu Ressourcen als einige Männer (nichteuropäischer Herkunft).

Die Idee der Rasse organisiert die Weltbevölkerung in einer hierarchischen Ordnung von superioren und inferioren Menschen, die zu einem Organisationsprinzip der internationalen Arbeitsteilung und des globalen patriarchalischen Systems wird. Im Gegensatz zur eurozentrischen Perspektive sind Rasse, Geschlecht, Sexualität, Spiritualität und Epistemologie keine additiven Elemente zu den ökonomischen und politischen Strukturen des kapitalistischen Weltsystems, sondern ein integraler, verflochtener und konstitutiver Teil des umfassenden verflochtenen „Pakets“, das als europäisches modernes/koloniales kapitalistisches/patriarchalisches Weltsystem bezeichnet wird.25

Das europäische jüdisch-christliche Patriarchat und die europäischen Vorstellungen von Sexualität, Epistemologie und Spiritualität wurden globalisiert und durch die koloniale Expansion als hegemoniale Kriterien in den Rest der Welt exportiert, um die Bevölkerung des Rests der Welt in einer Hierarchie zwischen superioren und inferioren Rassen zu rassialisieren, zu klassifizieren und zu pathologisieren.

Diese Konzeptualisierung hat enorme Auswirkungen, die ich hier nur kurz anführen kann:

  1. Die alte eurozentrische Vorstellung, dass sich Gesellschaften auf der Ebene des Nationalstaates im Sinne einer linearen Entwicklung der Produktionsweisen von vorkapitalistischen hin zu kapitalistischen entwickeln, wird überwunden. Wir sind alle in ein kapitalistisches Weltsystem eingebunden, das unterschiedliche Formen der Arbeit gemäß der rassialistischen Klassifizierung der Weltbevölkerung artikuliert.26
  2. Das alte marxistische Paradigma von Basis und Überbau wird durch eine historisch-heterogene Struktur ersetzt,27 oder durch eine „Heterarchie“,28 das heißt durch eine verflochtene Artikulation mannigfaltiger Hierarchien, in der Subjektivität und das gesellschaftliche Bewusstsein nicht abgeleitet, sondern konstitutiv für die Strukturen des Weltsystems sind.29 In dieser Konzeptualisierung sind Rasse und Rassismus nicht Bestandteil des Überbaus oder Werkzeug im Dienst einer übergreifenden Logik der kapitalistischen Akkumulation; sie sind konstitutiv für die kapitalistische Akkumulation im Weltmaßstab. Die „koloniale Machtmatrix“ ist ein Organisationsprinzip, das Ausbeutung und Unterdrückung in mannigfaltigen Bereichen des sozialen Lebens beinhaltet, von ökonomischen, sexuellen oder geschlechtlichen Verhältnissen bis hin zu politischen Organisationen, Wissensstrukturen, staatlichen Institutionen und Haushalten.30
  3. Die alte Trennung zwischen Kultur und politischer Ökonomie, wie sie in postkolonialen Studien und Herangehensweisen der politischen Ökonomie zum Ausdruck kommt, wird überwunden.31 Postkoloniale Studien konzeptualisieren das kapitalistische Weltsystem als primär durch die Kultur konstituiert, während die politische Ökonomie die primäre Bestimmung auf die ökonomischen Verhältnisse legt. Im „Kolonialität der Macht“-Ansatz ist die Frage danach, was zuerst kommt – „Kultur oder Ökonomie“ – ein falsches Dilemma, ein Henne-Ei-Dilemma, das die Komplexität des kapitalistischen Weltsystems verschleiert.32
  4. Kolonialität ist nicht gleichbedeutend mit Kolonialismus. Sie ist von der Moderne/Modernität weder abgeleitet noch geht sie ihr voraus. Kolonialität und Modernität sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. So wie die europäische industrielle Revolution auf den Schultern von Zwangsarbeitern in der Peripherie vollzogen wurde, haben sich die neuen Identitäten, Rechte, Gesetze und Institutionen der Moderne wie Nationalstaaten, Staatsbürgerschaft (citizenship) und Demokratie in einem Prozess der kolonialen Interaktion mit und der Unterdrückung/Ausbeutung von nicht-westlichen Völkern herausgebildet.
  5. Das gegenwärtige Weltsystem als „kapitalistisch“ zu bezeichnen, ist, gelinde gesagt, irreführend. Angesichts des hegemonialen eurozentrischen „Commonsense“ denken die Menschen, sobald wir das Wort „Kapitalismus“ verwenden, sofort, dass wir über die „Ökonomie“ sprechen. Der „Kapitalismus“ ist jedoch nur eine der mannigfaltigen verflochtenen Konstellationen der kolonialen Machtmatrix dessen, was ich, auf die Gefahr hin, albern zu klingen, als „kapitalistisches/patriarchalisches west-/christozentrisches modernes/koloniales Weltsystem“ bezeichnet habe. Der Kapitalismus ist eine wichtige Machtkonstellation, aber nicht die einzige. Angesichts seiner Verflechtung mit anderen Machtverhältnissen würde die Zerstörung der kapitalistischen Aspekte des Weltsystems nicht ausreichen, um das gegenwärtige Weltsystem zu zerstören. Um dieses Weltsystem zu transformieren, ist es entscheidend, die „koloniale Machtmatrix“ genannte historisch-strukturelle heterogene Totalität des „Weltsystems“ mit ihren mannigfaltigen Formen von Machthierarchien zu zerstören. Oben habe ich insgesamt fünfzehn globale Machthierarchien kurz dargestellt, aber ich bin mir sicher, dass es noch mehr gibt, die meiner Konzeptualisierung entgangen sind.
  6. Um dieses System zu überwinden, kann der Kampf daher nicht nur antikapitalistisch, sondern muss eine antisystemische dekoloniale Befreiung sein. Antisystemische Dekolonisierung und Befreiung können nicht nur auf eine Dimension des sozialen Lebens wie das ökonomische System (Kapitalismus) reduziert werden, wie es bei der marxistischen Linken des 20. Jahrhunderts der Fall war. Sie erfordert eine umfassendere Transformation der sexuellen, geschlechtlichen, spirituellen, epistemischen, ökonomischen, politischen, sprachlichen, ästhetischen, pädagogischen und rassialistischen Hierarchien des „modernen/kolonialen west-/christozentrischen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems“. Die „Kolonialität der Macht“-Perspektive fordert uns heraus, über sozialen Wandel und soziale Transformation auf eine nicht-reduktionistische Weise nachzudenken.
  7. Die komplexe Vielzahl von Machthierarchien auf globaler Ebene im gegenwärtigen Weltsystem, in dem wir leben, bildet nicht nur ein soziales oder ökonomisches System, sondern eine Zivilisation, die die Welt erobert hat und versucht, den restlichen Völkern der Welt ihre Weisen des Denkens, Handelns und Lebens kolonial aufzuzwingen. Antisystemische dekoloniale Kämpfe gegen die fünfzehn Machthierarchien des Weltsystems sind gleichzeitig ein zivilisatorischer Kampf für einen neuen Humanismus33 und eine neue Zivilisation (indigene Konzeptionen der Transformation in verschiedenen Teilen der Welt).

3.3 Vom Globalen Kolonialismus zur Globalen Kolonialität

Wir können über die Dekolonisierung nicht im Sinne einer Eroberung der Macht in den rechtlich-politischen Grenzen eines Staates denken, das heißt durch die Erlangung der Kontrolle über einen einzelnen Nationalstaat.34 Die alten nationalen Befreiungs- und sozialistischen Strategien der Machtübernahme auf nationalstaatlicher Ebene reichen nicht aus, denn die globale Kolonialität lässt sich nicht auf das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einer Kolonialverwaltung35 oder auf die politischen/ökonomischen Machtstrukturen reduzieren. Einer der mächtigsten Mythen des zwanzigsten Jahrhunderts war die Vorstellung, dass die Abschaffung der Kolonialverwaltungen einer Dekolonisierung der Welt gleichkommt. Dies führte zu dem Mythos einer „postkolonialen“ Welt.

Die heterogenen und mannigfaltigen globalen Strukturen, die über einen Zeitraum von 450 Jahren geschaffen wurden, sind mit der rechtlich-politischen Dekolonisation der Peripherie in den letzten 50 Jahren nicht verschwunden. Wir leben weiterhin unter derselben „kolonialen Machtmatrix“. Mit der rechtlich-politischen Dekolonisation sind wir von einer Periode des „globalen Kolonialismus“ zur gegenwärtigen Periode der „globalen Kolonialität“ übergegangen. Obwohl die „Kolonialverwaltungen“ fast vollständig abgeschafft wurden und der größte Teil der Peripherie politisch in unabhängigen Staaten organisiert ist, leben nichteuropäische Völker immer noch unter grober europäischer/euroamerikanischer Ausbeutung und Unterdrückung. Die alten kolonialen Hierarchien zwischen Europäern und Nichteuropäern bleiben bestehen und sind mit der „internationalen Arbeitsteilung“ und der Kapitalakkumulation im Weltmaßstab verflochten.36

Hierin liegt die Bedeutung der Unterscheidung zwischen „Kolonialismus“ und „Kolonialität“. Kolonialität ermöglicht es uns, die Kontinuität kolonialer Formen der Unterdrückung nach dem Ende der Kolonialverwaltungen zu verstehen, die durch koloniale Kulturen und Strukturen im modernen/kolonialen kapitalistischen Weltsystem hervorgebracht wurden. „Kolonialität der Macht“ bezieht sich auf einen bedeutenden Strukturierungsprozess im modernen/kolonialen Weltsystem, der periphere Orte in der internationalen Arbeitsteilung mit der globalen rassialistischen/ethnischen Hierarchie und der Eingliederung von Migranten aus der Dritten Welt in die rassialistische/ethnische Hierarchie der metropolitanen globalen Städte verbindet.

Periphere Nationalstaaten und nichteuropäische Völker leben heute unter dem Regime der „globalen Kolonialität“, das von den USA mittels des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank (WB), des Pentagons und der NATO aufgezwungen wird. Periphere Zonen befinden sich weiterhin in einer kolonialen Situation, auch wenn sie nicht mehr unter einer Kolonialverwaltung stehen.

„Kolonial“ bezieht sich nicht nur auf den „klassischen Kolonialismus“ oder den „internen Kolonialismus“ und kann auch nicht auf das Vorhandensein einer „Kolonialverwaltung“ reduziert werden. Quijano unterscheidet zwischen Kolonialismus und Kolonialität. Ich verwende das Wort „Kolonialismus“, um auf „koloniale Situationen“ Bezug zu nehmen, die durch das Vorhandensein einer Kolonialverwaltung erzwungen wurden, wie zum Beispiel in der Periode des klassischen Kolonialismus. Und ich verwende in Anlehnung an Quijano37 „Kolonialität“, um von „kolonialen Situationen“ in der gegenwärtigen Periode zu sprechen, in der Kolonialverwaltungen im kapitalistischen Weltsystem nahezu abgeschafft wurden. Mit „kolonialen Situationen“ meine ich die kulturelle, politische, sexuelle und ökonomische Unterdrückung/Ausbeutung untergeordneter rassialisierter/​ethnischer Gruppen durch beherrschende rassialistische/ethnische Gruppen mit oder ohne Vorhandensein von Kolonialverwaltungen.

Fünfhundert Jahre europäischer kolonialer Expansion und Herrschaft haben eine internationale Arbeitsteilung zwischen Europäern und Nichteuropäern geschaffen, die in der gegenwärtigen so genannten „postkolonialen“ Phase des kapitalistischen Weltsystems reproduziert wird.38 Heute überschneiden sich die zentralen Gebiete der kapitalistischen Weltökonomie mit überwiegend weißen/europäischen/euroamerikanischen Gesellschaften wie Westeuropa, Kanada, Australien und den USA, während sich die peripheren Zonen mit zuvor kolonialisierten nichteuropäischen Völkern überschneiden. Japan ist die einzige Ausnahme, die die Regel bestätigt. Japan wurde nie von Europäern kolonialisiert oder beherrscht und spielte, ähnlich wie der Westen, eine aktive Rolle beim Aufbau seines eigenen kolonialen Imperiums. China wurde zwar nie vollständig kolonialisiert, aber durch koloniale Umschlagplätze wie Hongkong und Macao und durch direkte militärische Interventionen auf peripheren Status herabgesetzt (peripheralized).

Die Mythologie der „Dekolonisation der Welt“ verschleiert die Kontinuitäten zwischen der kolonialen Vergangenheit und den aktuellen globalen kolonialen/rassialistischen Hierarchien und trägt heute zur Unsichtbarkeit der „Kolonialität“ bei. In den letzten fünfzig Jahren haben periphere Staaten, die heute formal unabhängig sind, in Anlehnung an die herrschenden eurozentrischen liberalen Diskurse39 Ideologien der „nationalen Identität“, „nationalen Entwicklung“ und „nationalen Souveränität“ hervorgebracht, die eine Illusion von „Unabhängigkeit“, „Entwicklung“ und „Fortschritt“ erzeugten. Ihre ökonomischen und politischen Systeme waren jedoch durch ihre untergeordnete Stellung in einem kapitalistischen Weltsystem geprägt, das um eine hierarchische internationale Arbeitsteilung herum organisiert war.40 Die mannigfaltigen und heterogenen Prozesse des Weltsystems bilden zusammen mit der Vorherrschaft eurozentrischer Kulturen41 eine „globale Kolonialität“ zwischen europäischen/euroamerikanischen und nichteuropäischen Völkern.

Die „Kolonialität“ ist also mit der internationalen Arbeitsteilung verflochten, aber nicht auf sie reduzierbar. Die globale rassialistische/ethnische Hierarchie zwischen Europäern und Nichteuropäern ist ein integraler Bestandteil der Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung des kapitalistischen Weltsystems.42

In diesen Zeiten der „Post-Unabhängigkeit“ ist die „koloniale“ Achse zwischen Europäern/Euroamerikanern und Nichteuropäern nicht nur in Verhältnisse der Ausbeutung (zwischen Kapital und Arbeit) und der Herrschaft (zwischen metropolitanen und peripheren Staaten) eingeschrieben, sondern auch in die Produktion von Subjektivitäten und Wissen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Teil des eurozentrischen Mythos darin besteht, dass wir in einer so genannten „post“-kolonialen Ära leben und dass die Welt und insbesondere die metropolitanen Zentren keiner Dekolonisation bedürfen. In dieser konventionellen Definition wird Kolonialität auf die Anwesenheit von Kolonialverwaltungen reduziert. Wie jedoch die Arbeiten des peruanischen Soziologen Aníbal Quijano43 mit seiner „Kolonialität der Macht“-Perspektive gezeigt haben, leben wir immer noch in einer kolonialen Welt und müssen mit den engen Weisen des Denkens über koloniale Verhältnisse brechen, um den unvollendeten und unvollständigen Traum des zwanzigsten Jahrhunderts von der Dekolonisation zu verwirklichen. Dies zwingt uns dazu, neue dekoloniale utopische Alternativen jenseits eurozentrischer und „Thirdworldist“-Fundamentalismen (dritteweltistischen Fundamentalismen) zu untersuchen.

3.4 Postkolonialität und Weltsysteme: Ein Aufruf zum Dialog

Das Neudenken der modernen/kolonialen Welt von der kolonialen Differenz aus verändert wichtige Annahmen unserer Paradigmen. Hier möchte ich mich auf die Auswirkungen der „Kolonialität der Macht“-Perspektive auf das Weltsystem und die postkolonialen Paradigmen konzentrieren.

Die meisten Weltsystemanalysen konzentrieren sich darauf, wie die internationale Arbeitsteilung und die geopolitischen militärischen Kämpfe für kapitalistische Akkumulationsprozesse im Weltmaßstab konstitutiv sind. Obwohl ich diesen Ansatz als Ausgangspunkt verwende, zwingt uns das Denken von der kolonialen Differenz aus dazu, ideologische/symbolische Strategien sowie die koloniale/rassistische Kultur der modernen/kolonialen Welt ernster zu nehmen.

Die Weltsystemanalyse hat unlängst das Konzept der Geokultur entwickelt, um auf globale Ideologien Bezug zu nehmen. Die Verwendung des Begriffs „Geokultur“ im Rahmen des Weltsystemansatzes ist jedoch in das marxistische Paradigma von Basis und Überbau eingebettet. Im Gegensatz zu dieser Konzeptualisierung betrachte ich globale ideologische/symbolische Strategien und koloniale/rassistische Kultur zusammen mit kapitalistischen Akkumulationsprozessen und dem innerstaatlichen System als konstitutiv für die Zentrum-Peripherie-Verhältnisse im Weltmaßstab. Diese unterschiedlichen Strukturen und Prozesse bilden eine Heterarchie44 heterogener, komplexer und verflochtener Hierarchien, die im Basis/Überbau-Paradigma nicht berücksichtigt werden können.

Die Postkolonialität teilt mit dem Weltsystemansatz die Kritik an der Entwicklungsideologie, an eurozentrischen Wissensformen, an der Ungleichheit der Geschlechter, an rassialistischen Hierarchien und an den kulturellen/ideologischen Prozessen, die die Unterordnung der Peripherie im kapitalistischen Weltsystem fördern. Die kritischen Einsichten beider Ansätze betonen jedoch unterschiedliche Determinanten. Während die postkoloniale Kritik die koloniale Kultur hervorhebt, betont der Weltsystemansatz die endlose Akkumulation von Kapital im Weltmaßstab. Während die postkoloniale Kritik das Handeln betont, hebt der Weltsystemansatz die Strukturen hervor. Einige Vertreter der postkolonialen Theorie wie Gayatri Spivak45 erkennen die Bedeutung der internationalen Arbeitsteilung als konstitutiv für das kapitalistische System an, während einige Vertreter des Weltsystemansatzes wie Immanuel Wallerstein die Bedeutung kultureller Prozesse wie Rassismus und Sexismus als Bestandteil des historischen Kapitalismus anerkennen.

Im Allgemeinen sind sich die beiden Lager jedoch nach wie vor uneins über die dichotomen Gegensätze Kultur versus Ökonomie und Handeln versus Struktur. Dies ist zum Teil ein Erbe der „zwei Kulturen“ des westlichen Wissens, die die Sozial- und Naturwissenschaften von den Geisteswissenschaften trennen, auf der Grundlage des cartesianischen Dualismus von Geist und Materie.

Bis auf wenige Ausnahmen kommen die meisten postkolonialen Theoretiker aus den Geisteswissenschaften wie Literaturwissenschaft, Rhetorik und Kulturwissenschaften. Nur wenige Wissenschaftler auf dem Gebiet der Postkolonialität kommen aus den Sozialwissenschaften, insbesondere nur wenige aus der Anthropologie. Auf der anderen Seite kommen die Weltsystemforscher hauptsächlich aus sozialwissenschaftlichen Disziplinen wie Soziologie, Anthropologie, Politikwissenschaften und Ökonomie. Nur sehr wenige von ihnen kommen aus den Geisteswissenschaften, mit Ausnahme der Historiker, die dem Weltsystemansatz eher zugeneigt sind, und nur sehr wenige aus der Literaturwissenschaft. Ich habe die Disziplinen hervorgehoben, die in beiden Ansätzen vorherrschen, weil ich denke, dass diese disziplinären Grenzen für einige der theoretischen Unterschiede zwischen beiden Ansätzen konstitutiv sind.

Die postkoloniale Kritik charakterisiert das kapitalistische System als ein kulturelles System. Sie geht davon aus, dass die Kultur das konstitutive Element ist, das die ökonomischen und politischen Verhältnisse im globalen Kapitalismus bestimmt.46 Andererseits betonen die meisten Weltsystemforscher, dass die ökonomischen Verhältnisse im Weltmaßstab für das kapitalistische Weltsystem konstitutiv sind. Kulturelle und politische Verhältnisse werden als Instrument oder Epiphänomen des kapitalistischen Akkumulationsprozesses begriffen. Tatsache ist, dass die Weltsystemtheoretiker Schwierigkeiten haben, Kultur zu theoretisieren, während die postkolonialen Theoretiker Schwierigkeiten haben, politisch-ökonomische Prozesse zu konzeptualisieren.

Das Paradoxe ist, dass viele Weltsystemtheoretiker die Bedeutung der Kultur anerkennen, aber nicht wissen, was sie damit anfangen sollen oder wie sie sie auf nicht-reduktive Weise artikulieren sollen; während viele postkoloniale Theoretiker die Bedeutung der politischen Ökonomie anerkennen, aber nicht wissen, wie sie sie in die kulturelle Analyse integrieren sollen, ohne eine „kulturalistische“ Form des Reduktionismus zu reproduzieren. So schwanken beide Literaturen zwischen der Gefahr des ökonomischen Reduktionismus und der Gefahr des Kulturalismus. Postkoloniale Studien und Weltsystemanalyse bedürfen einer dekolonialen Intervention.

Ich behaupte, dass die Dichotomie Kultur versus Ökonomie ein „Henne-Ei“-Dilemma ist, das heißt ein falsches Dilemma, das auf das zurückzuführen ist, was Immanuel Wallerstein das Erbe des Liberalismus des 19. Jahrhunderts genannt hat.47 Dieses Erbe impliziert die Aufspaltung des Ökonomischen, Politischen, Kulturellen und Sozialen als autonome Bereiche. Wallerstein zufolge sind die Konstruktion dieser „autonomen“ Bereiche und ihre Materialisierung in getrennten Wissensbereichen wie Politikwissenschaft, Soziologie, Anthropologie und Ökonomie in den Sozialwissenschaften sowie den verschiedenen Disziplinen in den Geisteswissenschaften ein schädliches Ergebnis des Liberalismus als Geokultur des modernen Weltsystems. In einer kritischen Würdigung der Weltsystemanalyse stellt Wallerstein fest:

Die Weltsystemanalyse will eine Kritik der Sozialwissenschaft des 19. Jahrhunderts sein. Es war ihr bisher noch nicht möglich, einen Weg zu finden, das dauerhafteste (und irreführendste) Vermächtnis der Sozialwissenschaft des 19. Jahrhunderts zu überwinden – die Unterteilung der Gesellschaftsanalyse in drei Bereiche, drei Lehren, drei „Ebenen“: die ökonomische, die politische und die sozio-kulturelle. Diese Dreifaltigkeit versperrt den Weg wie ein Granitblock, der unsere intellektuelle Weiterentwicklung blockiert. Viele empfinden diese Situation als unbefriedigend, aber meiner Meinung nach hat bis jetzt noch niemand einen Weg gefunden, auf diese Sprache und ihre Implikationen, von denen einige stimmen, die meisten aber wahrscheinlich nicht, zu verzichten.48

[…] wir alle fallen bei fast allem, was wir schreiben, in die Sprache der drei Bereiche zurück. Es ist Zeit, dass wir diese Frage ernsthaft in Angriff nehmen. […] wir [folgen] falschen Modellen und unterhöhlen unsere eigene Argumentation, indem wir fortfahren, eine solche Sprache zu gebrauchen. Wir müssen unbedingt damit beginnen, alternative theoretische Modelle auszuarbeiten.49

Wir müssen noch eine neue dekoloniale Sprache entwickeln, um die komplexen Prozesse des modernen/kolonialen Weltsystems zu erklären, ohne uns auf die alte liberale Sprache der drei Bereiche zu verlassen. Die Tatsache, dass Weltsystemtheoretiker das moderne Weltsystem als eine Weltwirtschaft charakterisieren, verleitet viele Menschen zu der Annahme, dass es bei der Weltsystemanalyse um die Analyse der so genannten „ökonomischen Logik“ des Systems geht. Dies ist indes genau die Art von Interpretation, die Wallerstein in seiner Kritik an den drei autonomen Bereichen zu vermeiden versucht.

Wie Wallerstein jedoch selbst einräumt, ist die in der Weltsystemanalyse verwendete Sprache immer noch in der alten Sprache der Sozialwissenschaft des neunzehnten Jahrhunderts gefangen, und es ist eine große Herausforderung, sich von dieser Sprache zu lösen. Was, wenn der Kapitalismus eine Weltwirtschaft ist, und zwar nicht im begrenzten Sinne eines ökonomischen Systems, sondern im Sinne von Wallersteins historischem System, das definiert ist als „integriertes Netzwerk von wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Prozessen […], deren Summe das System zusammenhält“50? Wir müssen neue Konzepte und eine neue dekoloniale Sprache finden, um die komplexe Verflechtung von Geschlechter-, rassialistischen, sexuellen und Klassenhierarchien innerhalb der globalen geopolitischen, geokulturellen und geoökonomischen Prozesse des modernen/kolonialen Weltsystems zu erklären, in dem die unaufhörliche Kapitalakkumulation von diesen Hierarchien beeinflusst, in sie integriert, für sie konstitutiv ist und durch sie konstituiert wird. Um eine neue dekoloniale Sprache für diese Komplexität zu finden, müssen wir über unsere Paradigmen, Ansätze, Disziplinen und Bereiche hinausgehen. Ich schlage vor, dass wir den metatheoretischen Begriff der „Heterarchien“ untersuchen, der von dem griechischen Sozialtheoretiker, Soziologen und Philosophen Kyriakos Kontopoulos51 entwickelt wurde, ebenso wie den Begriff der „Kolonialität der Macht“, der von Aníbal Quijano52 entwickelt wurde.

Heterarchisches Denken53 ist ein Versuch, soziale Strukturen mit einer neuen Sprache zu konzeptualisieren, die mit dem liberalen Paradigma der Sozialwissenschaften des 19. Jahrhunderts bricht. Die alte Sprache sozialer Strukturen ist eine Sprache geschlossener Systeme, das heißt einer einzigen, übergreifenden Logik, die eine einzige Hierarchie bestimmt. Ein historisches System als „geschachtelte Hierarchie“ (nested hierarchy) zu definieren, wie Wallerstein im Bericht der Gulbenkian-Kommission „Open the Social Sciences“ vorschlug, untergräbt den Weltsystemansatz, indem weiterhin ein metatheoretisches Modell verwendet wird, das geschlossenen Systemen entspricht, also genau das Gegenteil von dem, was der Weltsystemansatz zu tun versucht.

Im Gegensatz dazu bewegen uns Heterarchien über geschlossene Hierarchien hinaus in eine Sprache der Komplexität, der offenen Systeme, der Verflechtung mannigfaltiger und heterogener Hierarchien, der Strukturebenen und der strukturierenden Logiken. Der Begriff „Logik“ wird hier neu definiert und bezieht sich auf die heterogene Verflechtung der Strategien mannigfaltiger Akteure. Die Idee besteht darin, dass es weder autonome Logiken noch eine einzige Logik gibt, sondern mannigfaltige, heterogene, verflochtene und komplexe Prozesse innerhalb einer einzigen historischen Realität. Der Begriff der Verflechtung (entanglement) ist hier von entscheidender Bedeutung und kommt Wallersteins Begriff der historischen Systeme nahe, die als „integriertes Netzwerk von wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Prozessen“54 verstanden werden. In dem Moment, in dem mannigfaltige hierarchische Verhältnisse als verflochten (nach Kontopoulos) oder integriert (nach Wallerstein) betrachtet werden, bleiben keine autonomen Logiken oder Bereiche übrig. Der Begriff einer einzigen Logik birgt die Gefahr des Reduktionismus, der der Idee komplexer Systeme zuwiderläuft, während der Begriff mannigfaltiger Logiken die Gefahr des Dualismus birgt.

Die Lösung für diese ontologischen Fragen (das reduktionistische/autonomistische Dilemma) im heterarchischen Denken besteht darin, über den dichotomen Gegensatz Monismus/Dualismus hinauszugehen und von einem emergentistischen Materialismus zu sprechen, der mannigfaltige, verflochtene Prozesse auf verschiedenen strukturellen Ebenen innerhalb einer einzigen historischen materiellen Realität impliziert (die das Symbolische/Ideologische als Teil dieser materiellen Realität einschließt). In Heterarchien wird der Begriff der „Logik“ nur zu analytischen Zwecken verwendet, um bestimmte Unterscheidungen zu treffen oder bestimmte Prozesse zu abstrahieren, die, sobald sie in einen konkreten historischen Prozess integriert oder verflochten sind, eine andere strukturelle Wirkung und Bedeutung erhalten. Heterarchisches Denken bietet eine Sprache für das, was Immanuel Wallerstein eine neue Weise des Denkens nennt, die mit den liberalen Sozialwissenschaften des neunzehnten Jahrhunderts bricht und sich auf komplexe, historische Systeme ausrichten kann.

Der Begriff der „Kolonialität der Macht“ ist ebenfalls hilfreich, um das Dilemma Kultur versus Ökonomie zu dekolonisieren. Quijanos Arbeit bietet im Hinblick auf dieses Dilemma eine neue Weise des Denkens, die die Grenzen sowohl der postkolonialen als auch der Weltsystemanalyse überwindet. In Lateinamerika privilegierten die meisten Vertreter der Dependenztheorie die ökonomischen Verhältnisse in den sozialen Prozessen auf Kosten der kulturellen und ideologischen Bestimmungen. Die Kultur wurde von der Schule der Dependenztheorie als instrumentell für die kapitalistischen Akkumulationsprozesse wahrgenommen. In vielerlei Hinsicht reproduzierten die Dependenztheoretiker und die Weltsystemanalytiker einen Teil des ökonomischen Reduktionismus der orthodoxen marxistischen Ansätze. Dies führte zu zwei Problemen: erstens zu einer Unterschätzung der kolonialen/rassialistischen Hierarchien und zweitens zu einer analytischen Verarmung, die der Komplexität globaler heterarchischer politisch-ökonomischer Prozesse nicht gerecht werden konnte.

Dependenz-Vorstellungen müssen als Teil der longue durée (lange Dauer) der Moderne-/Modernitätsvorstellungen in Lateinamerika verstanden werden. Die autonome nationale Entwicklung ist ein zentrales ideologisches Thema des modernen Weltsystems seit dem späten achtzehnten Jahrhundert. Die Dependenztheoretiker reproduzierten die Illusion, dass rationale Organisation und Entwicklung durch die Kontrolle des Nationalstaates erreicht werden können. Dies stand im Widerspruch zu der Auffassung, dass Entwicklung und Unterentwicklung das Ergebnis struktureller Verhältnisse innerhalb des kapitalistischen Weltsystems sind. Obwohl die Dependenztheoretiker den Kapitalismus als ein globales System jenseits des Nationalstaates definierten, glaubten sie immer noch, dass es möglich sei, sich vom Weltsystem auf der Ebene des Nationalstaates zu lösen oder mit ihm zu brechen.55 Dies bedeutete, dass ein sozialistischer revolutionärer Prozess auf nationaler Ebene das Land vom globalen System isolieren könnte.

Wie wir heute wissen, ist es jedoch unmöglich, ein System, das im Weltmaßstab operiert, zu verändern, indem man die Kontrolle/Verwaltung des Nationalstaates privilegiert.56 Keine „rationale“ Kontrolle des Nationalstaates würde die Position eines Landes in der internationalen Arbeitsteilung verändern. „Rationale“ Planung und Kontrolle des Nationalstaates tragen zu der entwicklungsideologischen Illusion bei, die Ungleichheiten des kapitalistischen Weltsystems von einer nationalstaatlichen Ebene aus zu beseitigen.

Im gegenwärtigen Weltsystem kann ein peripherer Nationalstaat Transformationen in seiner Form der Eingliederung in die kapitalistische Weltwirtschaft erfahren; eine Minderheit von ihnen könnte sogar in eine halb-periphere Position übergehen. Mit dem gesamten System zu brechen oder es von der Ebene der Nationalstaaten aus zu verändern, liegt jedoch völlig außerhalb ihrer Möglichkeiten.57 Daher kann ein globales Problem keine nationale Lösung haben.

Damit soll nicht die Bedeutung politischer Interventionen auf nationalstaatlicher Ebene bestritten werden. Es geht hier darum, den Nationalstaat nicht zu einer selbstständigen Entität zu erheben und die Grenzen politischer Interventionen auf dieser Ebene für die langfristige Transformation eines Systems zu verstehen, das im Weltmaßstab funktioniert. Der Nationalstaat ist zwar nach wie vor eine wichtige Institution des historischen Kapitalismus, aber er ist ein begrenzter, wenn auch wichtiger Ort für radikale politische und soziale Transformationen.

Kollektives Handeln in der Peripherie erfordert eine globale Reichweite, um eine wirksame politische Intervention im kapitalistischen Weltsystem durchzuführen. Soziale Kämpfe unterhalb und oberhalb des Nationalstaates sind strategische Räume der politischen Intervention, die häufig ignoriert werden, wenn der Fokus der Bewegungen auf der Privilegierung des Nationalstaats liegt. Die lokalen und globalen Verbindungen der sozialen Bewegungen sind entscheidend für wirksame politische Interventionen.

Die Dependenztheoretiker übersahen dies zum Teil aufgrund ihrer Tendenz zur Privilegierung des Nationalstaats als Analyseeinheit wie auch aufgrund des ökonomisch-reduktionistischen Schwerpunkts ihrer Ansätze. Dies hatte schreckliche politische Folgen für die lateinamerikanische Linke und die Glaubwürdigkeit des politischen Projekts der Dependenztheoretiker.

Für die meisten Dependenztheoretiker und Weltsystemanalytiker war die „Ökonomie“ die privilegierte Sphäre der Gesellschaftsanalyse. Kategorien wie „Geschlecht“ und „Rasse“ wurden häufig ignoriert, und wenn sie verwendet wurden, wurden sie entweder auf klassistischen oder ökonomische Interessen reduziert (dafür instrumentalisiert).

Quijano58 ist eine der wenigen Ausnahmen von dieser Kritik. „Kolonialität der Macht“ ist ein Konzept, das versucht, die mannigfaltigen Verhältnisse, in denen kulturelle, politische und ökonomische Prozesse mit dem Kapitalismus als „historischem System“ verflochten sind, als Teil eines heterogenen strukturellen Prozesses zu integrieren. Quijano verwendet den Begriff der „strukturellen Heterogenität“, der dem oben diskutierten Begriff der „Heterarchie“ sehr nahe kommt. Ähnlich wie die Weltsystemanalyse konzeptualisiert der Begriff der „Kolonialität“ den Prozess der Kolonialisierung der Amerikas und die Konstitution einer kapitalistischen Weltwirtschaft als Teil desselben verflochtenen Prozesses. Im Unterschied zum Weltsystemansatz impliziert Quijanos „strukturelle Heterogenität“ jedoch die Herausbildung einer globalen rassialistischen/ethnischen Hierarchie, die sowohl zeitlich als auch örtlich mit der Herausbildung einer internationalen Arbeitsteilung mit Zentrum-Peripherie-Verhältnissen im Weltmaßstab einherging.

Seit der Entstehung des kapitalistischen Weltsystems war die unaufhörliche Kapitalakkumulation mit rassistischen, homophoben und sexistischen globalen Ideologien verflochten. Die europäische koloniale Expansion wurde von europäischen heterosexuellen Männern angeführt. Überall, wo sie hinkamen, exportierten sie ihre kulturellen Vorurteile und bildeten heterarchische Strukturen sexueller, geschlechtlicher, klassistischer und rassialistischer Ungleichheit aus. Im „historischen Kapitalismus“, der als „heterarchisches System“ oder als „heterogene Struktur“ verstanden wird, war der Prozess der Einbindung der Peripherie in die unaufhörliche Kapitalakkumulation also durch homophobe, sexistische und rassistische Hierarchien und Diskurse konstituiert und mit ihnen verflochten.

Im Gegensatz zur Weltsystemanalyse betont Quijano mit seinem Begriff der „Kolonialität der Macht“, dass es keine übergreifende Logik der kapitalistischen Akkumulation gibt, die ethnische/rassialistische Spaltungen instrumentalisieren kann und die der Herausbildung einer globalen kolonialen eurozentrischen Kultur vorausgeht. Der „instrumentalistische“ Ansatz der meisten Weltsystemanalysen ist reduktiv und noch immer in der alten Sprache der Sozialwissenschaft des neunzehnten Jahrhunderts gefangen. Für Quijano ist der Rassismus konstitutiv und mit der internationalen Arbeitsteilung und der kapitalistischen Akkumulation im Weltmaßstab verflochten.

Der Begriff der „strukturellen Heterogenität“ impliziert, dass mannigfaltige Formen der Arbeit innerhalb eines einzigen historischen Prozesses nebeneinander bestehen. Im Gegensatz zu orthodoxen marxistischen Ansätzen gibt es keine lineare Abfolge von Produktionsweisen (Sklaverei, Feudalismus, Kapitalismus usw.). Aus der lateinamerikanischen peripheren Perspektive haben sich diese Formen der Arbeit im Rahmen eines allgemeinen Trends gleichzeitig und örtlich-verflochten artikuliert, und zwar zwischen „freien“ Formen der Arbeit, die dem Zentrum beziehungsweise der Bevölkerung europäischen Ursprungs zugewiesen wurden, und „erzwungenen“ Formen der Arbeit, die der Peripherie beziehungsweise der nichteuropäischen Bevölkerung zugewiesen wurden. Die kapitalistische Akkumulation im Weltmaßstab bedient sich des gleichzeitigen Einsatzes verschiedener Formen von Arbeit, die gemäß der rassistischen eurozentrischen Rationalität der „Kolonialität der Macht“ aufgeteilt, organisiert und zugewiesen werden.

Außerdem gibt es für Quijano keine lineare Teleologie zwischen den verschiedenen Formen der kapitalistischen Akkumulation (ursprünglich, absolut und relativ, in dieser Reihenfolge gemäß der marxistischen eurozentrischen Analyse). Für Quijano koexistieren die mannigfaltigen Formen der Akkumulation auch gleichzeitig, sind sie von gleicher zeitlicher Dauer. Langfristig überwiegen in der nichteuropäischen Peripherie die „gewaltsamen“ (im eurozentrischen Marxismus als „ursprüngliche“ Akkumulation bezeichneten) und „absoluten“ Formen der Akkumulation, während in den „freien“ Arbeitszonen des europäischen Zentrums die „relativen“ Formen der Akkumulation überwiegen.

Das zweite Problem mit der Unterschätzung kultureller und ideologischer Dynamiken der Dependenztheoretiker ist, dass sie ihren eigenen politisch-ökonomischen Ansatz verarmt haben. Ideologische/symbolische Strategien sowie eurozentrische Wis­sensformen sind konstitutiv für die politische Ökonomie im kapitalistischen Weltsystem. Globale symbolische/ideologische Strategien sind ein wichtiger strukturierender Prozess der Zentrum-Peripherie-Verhältnisse im kapitalistischen Weltsystem.

Zum Beispiel entwickeln die Staaten des Zentrums ideologische/symbolische Strategien, indem sie „okzidentalistische“ Wissensformen fördern, die den „Westen über den Rest“ erheben. Dies zeigt sich deutlich in entwicklungsideologischen Diskursen, die in den letzten fünfzig Jahren zu einer so genannten „wissenschaftlichen“ Form des Wissens wurden. Dieses Wissen privilegierte den „Westen“ als Modell für Entwicklung. Der entwicklungsideologische Diskurs bietet ein koloniales Rezept dafür, wie der „Westen“ zu werden.

Obwohl die Dependenztheoretiker gegen diese universalistischen/okzidentalistischen Wissensformen kämpften, sahen sie dieses Wissen als „Überbau“ oder als Epiphänomen einer „ökonomischen Basis“ an. Die Dependenztheoretiker haben dieses Wissen nie als konstitutiv für die politische Ökonomie Lateinamerikas wahrgenommen. Die Herausbildung von peripheren Zonen wie Afrika und Lateinamerika als „Problemregionen“ oder jene mit „rückständiger Entwicklung“ verschleierte die europäische und euroamerikanische Verantwortung für die Ausbeutung dieser Kontinente. Die Herausbildung von „pathologischen“ Regionen in der Peripherie im Gegensatz zu den so genannten „normalen“ Entwicklungsmustern des „Westens“ rechtfertigte eine noch intensivere politische und ökonomische Intervention der imperialen Mächte. Durch die Behandlung des „Anderen“ als „unterentwickelt“ und „rückständig“ wurde die metropolitane Ausbeutung und Unterdrückung im Namen der „zivilisatorischen Mission“ gerechtfertigt.

Die zugeschriebene Überlegenheit des europäischen Wissens in vielen Lebensbereichen war ein wichtiger Aspekt der Kolonialität der Macht im modernen/kolonialen Weltsystem. Subalternes Wissen wurde ausgeschlossen, ausgelassen, verschwiegen und/oder ignoriert. Dies ist kein Aufruf zu einer fundamentalistischen oder essentialistischen Rettungsmission um der Authentizität willen. Es geht hier darum, die koloniale Differenz59 in den Mittelpunkt des Prozesses der Wissensproduktion zu stellen. Subalternes Wissen ist jenes Wissen an der Schnittstelle zwischen dem Traditionellen und dem Modernen. Es handelt sich um hybride, transkulturelle Wissensformen, nicht nur im traditionellen Sinne des Synkretismus oder der „Mestizaje“, sondern im Sinne von Aimé Césaire als „wunderbare Waffen“ (Les armes miraculeuses)60 oder, wie ich es genannt habe, als „subversive Komplizenschaft“61 gegen das System. Es handelt sich um Formen des Widerstands, die dominante Wissensformen aus der Sicht der nicht-eurozentrischen Rationalität subalterner Subjektivitäten, die aus Grenz-Epistemologien heraus denken, aufheben und umgestalten. Sie bilden das, was Walter Mignolo62 eine Kritik der Moderne/Modernität aus den geopolitischen Erfahrungen und Erinnerungen der Kolonialität heraus nennt. Mignolo63 zufolge ist dies ein neuer Ort, der als neue kritische Dimension der Modernität/Kolonialität und gleichzeitig als ein Ort, von dem aus neue Utopien entwickelt werden können, weitere Untersuchungen verdient.

Dies hat wichtige Implikationen für die Wissensproduktion. Werden wir ein neues Wissen produzieren, das den universalistischen, eurozentrischen Blick mit dem Auge Gottes wiederholt oder reproduziert? Zu sagen, dass die Analyseeinheit das Weltsystem und nicht der Nationalstaat ist, ist nicht gleichbedeutend mit einem neutralen Blick auf die Welt mit dem Auge Gottes. Ich glaube, dass die Weltsystemanalyse ihre Epistemologie dekolonisieren muss, indem sie die subalterne Seite der kolonialen Differenz ernst nimmt: die Seite der Peripherie, der Arbeiter, Frauen, Schwulen/Lesben, rassialisierten/kolonialen Subjekte/Untertanen und antisystemischen Bewegungen im Prozess der Wissensproduktion. Das bedeutet, dass das Weltsystem zwar die Welt als Analyseeinheit nimmt, aber von einer bestimmten Perspektive in der Welt aus denkt.

Die Weltsystemanalyse hat noch immer keinen Weg gefunden, subalternes Wissen in die Prozesse der Wissensproduktion einzubeziehen. Ohne dies kann es keine Dekolonisierung des Wissens und keine Utopistik64 jenseits des Eurozentrismus geben. Die Komplizenschaft der Sozialwissenschaften mit der Kolonialität der Macht in der Wissensproduktion und den imperialen globalen Entwürfen erfordert neue institutionelle und nicht-institutionelle Orte, von denen aus die Subalternen sprechen und gehört werden können.

3.5 Dekoloniales Denken

Bislang hat die Geschichte der westlichen Zivilisation, die sich in dem von mir so bezeichneten „modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen west-/christozentrischen Welt­system“ artikuliert, die Kultur, das Wissen und die Epistemologie, die vom Westen hervorgebracht wurden, privilegiert und den Rest inferiorisiert. Keine Kultur der Welt blieb unberührt von der europäischen Moderne/Modernität. Es gibt kein absolutes Außen dieses Systems. Der Monologismus und der monothematische globale Entwurf des Westens verhält sich gegenüber anderen Kulturen und Völkern aus einer Position der Superiorität und ist taub gegenüber den Kosmologien und Epistemologien der nicht-westlichen Welt.

Die Auferlegung des Christentums zur Bekehrung der so genannten Wilden und Barbaren im 16. Jahrhundert, gefolgt von der Auferlegung der „Bürde des weißen Mannes“ und der „zivilisatorischen Mission“ im 18. und 19. Jahrhundert, die Auferlegung des „entwicklungsideologischen Projekts“ im 20. Jahrhundert und in jüngster Zeit des imperialen Projekts der militärischen Interventionen im Rahmen der Rhetorik von „Demokratie“ und „Menschenrechten“ im 21. Jahrhundert wurden allesamt durch Militarismus und Gewalttätigkeit im Rahmen der Rhetorik der Moderne aufgezwungen, die darin besteht, den Anderen vor seiner eigenen Barbarei zu bewahren.

Zwei Antworten auf das eurozentrische koloniale Aufzwingen sind die Dritte-Welt-Nationalismen und -Fundamentalismen.

Der Nationalismus bietet eurozentrische Lösungen für ein eurozentrisches globales Problem. Er reproduziert eine interne Kolonialität der Macht innerhalb jedes Nationalstaates und erhebt den Nationalstaat als privilegierten Ort des sozialen Wandels zu einer selbstständigen Entität.65 Kämpfe oberhalb und unterhalb des Nationalstaates werden in nationalistischen politischen Strategien nicht berücksichtigt. Darüber hinaus bekräftigen nationalistische Antworten auf den globalen Kapitalismus den Nationalstaat als die politische institutionelle Form schlechthin des modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems. In diesem Sinne ist der Nationalismus ein Komplize von eurozentrischem Denken und politischen Strukturen.

Andererseits reagieren Dritte-Welt-Fundamentalismen unterschiedlicher Art mit der Rhetorik eines essentialistischen „reinen Außenraums“ oder einer „absoluten Exteriorität“ auf die Moderne/Modernität. Sie sind „antimoderne moderne“ Kräfte, die die dichotomen Gegensätze des eurozentrischen Denkens reproduzieren. Wenn das eurozentrische Denken behauptet, „Demokratie“ sei ein natürliches Attribut des Westens, so akzeptieren die Dritte-Welt-Fundamentalismen diese eurozentrische Prämisse und behaupten, Demokratie habe nichts mit dem Nicht-Westen zu tun. Demzufolge sei sie ein inhärent-europäisches Attribut, das vom Westen aufgezwungen wurde. Beide bestreiten die Tatsache, dass sich viele der Elemente, die wir heute als Teil der Moderne/Modernität bezeichnen, wie etwa die Demokratie, in einem globalen Verhältnis zwischen dem Westen und dem Nicht-Westen ausgebildet haben. Die Europäer haben einen großen Teil ihres utopischen Denkens von den nicht-westlichen historischen Systemen übernommen, auf die sie in den Kolonien gestoßen sind und die sie sich als Teil der eurozentrischen Moderne/Modernität angeeignet haben. Die Dritte-Welt-Fundamentalismen antworten auf die Auferlegung der eurozentrischen Moderne/Modernität als globaler/imperialer Entwurf mit einer antimodernen Moderne/Modernität, die ebenso eurozentrisch, hierarchisch, autoritär und antidemokratisch ist wie erstere.

Eine von vielen plausiblen Lösungen für das Dilemma Eurozentrismus versus Fundamentalismus ist das, was Walter Mignolo in Anlehnung an Chicano(a)-Denker wie Gloria Anzaldúa66 und Jose David Saldívar67 „kritisches Grenzdenken“ (critical border thinking) nennt.68 Kritisches Grenzdenken ist die epistemische Antwort der Subalternen auf das eurozentrische Projekt der Moderne/Modernität. Anstatt die Moderne/Modernität abzulehnen, um sich in einen fundamentalistischen Absolutismus zurückzuziehen, subsumieren/redefinieren die Grenz-Epistemologien die emanzipatorische Rhetorik der Moderne/Modernität aus den Kosmologien und Epistemologien der Subalternen, die auf der unterdrückten und ausgebeuteten Seite der kolonialen Differenz verortet sind, hin zu einem dekolonialen Befreiungskampf für eine Welt jenseits der eurozentrischen Moderne/​Modernität. Was das Grenzdenken hervorbringt, ist eine Redefinition/Subsumtion von Bürgerschaft (citizenship), Demokratie, Menschenrechten, Menschsein und ökonomischen Verhältnissen jenseits der engen Definitionen, die die europäische Moderne/Modernität aufgezwungen hat. Grenzdenken ist kein antimoderner Fundamentalismus. Es ist eine dekoloniale transmoderne Antwort der Subalternen auf die eurozentrische Moderne/​Modernität.

Das Grenzdenken ist allerdings nur ein Ausdruck der epistemischen Dekolonisierung, in diesem Fall in Anlehnung an die koloniale Erfahrung der Chicanos im Inneren des US-Imperiums.

Es gibt andere dekoloniale Begriffe wie diasporisches Denken, autonomes Denken, Denken von den Rändern, Denken von Pachamama usw., die von anderen kolonialen Erfahrungen aus artikuliert werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Kampf der Zapatisten in Mexiko. Die Zapatisten sind keine antimodernen Fundamentalisten. Sie lehnen die Demokratie nicht ab und ziehen sich nicht in eine Form von indigenem Fundamentalismus zurück. Im Gegenteil, die Zapatisten akzeptieren den Begriff der Demokratie, redefinieren ihn aber aus einer lokalen indigenen Praxis und Kosmologie heraus, indem sie ihn als „zu befehlen und dabei zu gehorchen“ (mandar obedeciendo) oder „wir sind Gleiche, weil wir verschieden sind“ (somos iguales porque somos diferentes) konzeptualisieren. Was wie ein paradoxer Slogan erscheint, ist in Wirklichkeit eine kritische dekoloniale Redefinition der Demokratie von den Praktiken, Kosmologien und Epistemologien der Subalternen aus. Dies führt zu der Frage, wie der von der eurozentrischen Moderne/Modernität errichtete imperiale Monolog transzendiert werden kann.

3.6 Transmoderne als ein utopisches dekoloniales Projekt

Ein interkultureller Nord-Süd-Dialog kann ohne eine Dekolonisation der Machtverhältnisse in der modernen Welt nicht verwirklicht werden. Ein horizontaler Dialog im Gegensatz zum vertikalen Monolog des Westens erfordert eine Transformation in den globalen Machtstrukturen.

Wir können nicht von einem Habermas’schen Konsens oder einem gleichberechtigten horizontalen Verhältnis zwischen Kulturen und Völkern ausgehen, die global in die beiden Pole der kolonialen Differenz aufgeteilt sind. Wir könnten jedoch beginnen, uns alternative Welten jenseits von Eurozentrismus und Fundamentalismus vorzustellen.

Die Transmoderne ist das utopische Projekt des lateinamerikanischen Befreiungsphilosophen Enrique Dussel, um die eurozentrische Version der Moderne/Modernität zu transzendieren.69

Im Gegensatz zu Habermas’ Projekt, das darin besteht, das unabgeschlossene und unvollständige Projekt der Moderne zu vollenden, ist Dussels Transmoderne das Projekt, das unabgeschlossene und unvollständige Projekt der Dekolonisation des 20. Jahrhunderts zu vollenden. Anstelle einer einzigen in Europa zentrierten Moderne, die dem Rest der Welt als globaler Entwurf aufgezwungen wird, plädiert Dussel für eine Mannigfaltigkeit dekolonialer kritischer Antworten auf die eurozentrische Moderne von den subalternen Kulturen und dem epistemischen Ort der kolonialisierten Menschen auf der ganzen Welt aus. Dussels Transmoderne wäre gleichbedeutend mit „Diversalität als ein universales Projekt“, die ein Ergebnis des „kritischen Grenzdenkens“, des „kritischen diasporischen Denkens“ oder des „kritischen Denkens von den Rändern“ als epistemische Intervention von den verschiedenen subalternen Orten aus ist.

Subalterne Epistemologien könnten in Anlehnung an Walter Mignolos70 Redefinition des Konzepts des karibischen Denkers Edouard Glissant eine „Diversalität“ von Antworten auf die Probleme der Moderne/Modernität liefern, die zu „Transmoderne/Transmodernität“ führt.

Befreiungsphilosophie kann für Dussel nur von den kritischen Denkern einer jeden Kultur im Dialog mit anderen Kulturen kommen. Dies bedeutet unter anderem, dass die diversen Formen von Demokratie, Bürgerrechten oder Frauenbefreiung nur aus den kreativen Antworten lokaler subalterner Epistemologien hervorgehen können. Zum Beispiel können westliche Frauen ihre Vorstellung von Befreiung nicht islamischen Frauen aufzwingen. Westliche Männer können ihre Vorstellung von Demokratie nicht nicht-westlichen Völkern aufzwingen. Dies ist kein Aufruf zu einer fundamentalistischen oder nationalistischen Lösung für das Fortbestehen der Kolonialität oder für einen isolierten provinziellen Partikularismus. Es ist ein Aufruf zu kritischem dekolonialem Denken als Strategie oder Mechanismus für eine „dekolonisierte transmoderne Welt“ als pluriversales Projekt, das uns über Eurozentrismus und Fundamentalismus hinausführt.

In den letzten mehr als 500 Jahren des „kapitalistischen/​patriarchalischen west-/christozentrischen modernen/kolonialen Weltsystems“ sind wir vom „christianisiere dich oder ich erschieße dich“ des 16. Jahrhunderts über das „zivilisiere dich oder ich erschieße dich“ des 19. Jahrhunderts, „entwickle dich oder ich erschieße dich“ des 20. Jahrhunderts und „neoliberalisiere dich oder ich erschieße dich“ des späten 20. Jahrhunderts bis hin zum „demokratisiere oder ich erschieße dich“ des frühen 21. Jahrhunderts übergegangen. Kein Respekt und keine Anerkennung für indigene, afrikanische, islamische oder andere nichteuropäische Formen der Demokratie!

Die liberale Form der Demokratie ist die einzige, die akzeptiert und legitimiert wird. Formen der demokratischen Alterität werden abgelehnt. Wenn die nichteuropäische Bevölkerung die euroamerikanischen Bestimmungen der liberalen Demokratie nicht akzeptiert, wird sie im Namen von Zivilisation und Fortschritt mit Gewalt aufgezwungen. Die Demokratie muss in einer transmodernen Form rekonzeptualisiert werden, um von der liberalen Demokratie, das heißt der westlichen, rassialisierten und kapitalistisch-zentrischen Form der Demokratie, dekolonisiert zu werden.

Indem er den Levinas’schen Begriff der Exteriorität radikalisiert, sieht Dussel ein radikales Potenzial in jenen relativ exterioren Orten, die nicht vollständig von der europäischen Moderne/​Modernität kolonialisiert wurden. Diese exterioren Orte sind nicht rein oder absolut. Sie wurden von der europäischen Moderne/Modernität beeinflusst und hervorgebracht, aber nie vollständig subsumiert oder instrumentalisiert.

Aus der Geopolitik des Wissens dieser relativen Exteriorität oder Ränder geht das „kritische dekoloniale Denken“ als Kritik der Moderne/Modernität hervor – hin zu einer pluriversalen transmodernen Welt mannigfaltiger und diverser ethisch-politischer Projekte, in der ein echter horizontaler Dialog und eine echte Kommunikation zwischen allen Völkern der Welt verwirklicht werden könnte. Um dieses utopische Projekt zu verwirklichen, ist es jedoch von grundlegender Bedeutung, die Systeme der Unterdrückung und Ausbeutung der gegenwärtigen kolonialen Machtmatrix des „modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen west-/christozentrischen Weltsystems“ zu transformieren.

3.7 Antisystemische Kämpfe heute

Sowohl der schädliche Einfluss der Kolonialität in all ihren Ausdrucksformen auf verschiedenen Ebenen (global, national, lokal) als auch ihr eurozentrisches Wissen hat sich in antisystemischen Bewegungen und utopischem Denken auf der ganzen Welt niedergeschlagen. Daher besteht die erste Aufgabe eines erneuerten linken Projekts darin, sich mit den eurozentrischen Kolonialitäten nicht nur der Rechten, sondern auch der Linken auseinanderzusetzen. So haben beispielsweise viele linke Projekte die rassialistischen/ethnischen Hierarchien unterschätzt und die weiße/eurozentrische Herrschaft über nichteuropäische Völker innerhalb ihrer Organisationen und im Falle der Übernahme der Kontrolle über staatliche Strukturen reproduziert. Die internationale „Linke“ hat die rassialistischen/ethnischen Hierarchien, die während der europäischen kolonialen Expansion aufgebaut wurden und in der weltweiten „Kolonialität der Macht“ immer noch vorhanden sind, nie radikal problematisiert. Kein linksradikales Projekt kann heute erfolgreich sein, ohne diese kolonialen/​rassialistischen Hierarchien niederzureißen. Die Unterschätzung des Problems der Kolonialität hat wesentlich zur allgemeinen Desillusionierung gegenüber „linken“ Projekten beigetragen. Die (liberale oder linksradikale) Demokratie kann nicht vollständig verwirklicht werden, wenn die koloniale/​rassistische Dynamik einen großen Teil oder in einigen Fällen die Mehrheit der Bevölkerung als Bürger zweiter Klasse weiterhin herabsetzt.

Die hier dargelegte Perspektive ist keine Verteidigung der „Identitätspolitik“. Subalterne Identitäten könnten als epistemischer Ausgangspunkt für eine radikale Kritik an eurozentrischen Paradigmen und Weisen des Denkens dienen. Allerdings ist „Identitätspolitik“ nicht gleichzusetzen mit epistemologischer Alterität. Die Reichweite der „Identitätspolitik“ ist begrenzt und kann keine radikale Transformation des Systems und seiner kolonialen Machtmatrix bewirken. Da alle modernen Identitäten eine Konstruktion der Kolonialität der Macht in der modernen/​kolonialen Welt sind, ist ihre Verteidigung nicht so subversiv, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. „Schwarze“, „indianische“, „afrikanische“ oder nationale Identitäten wie „kolumbianische“, „kenianische“ oder „französische“ sind koloniale Konstruktionen. Je nachdem, was in bestimmten Kontexten auf dem Spiel steht, kann die Verteidigung dieser Identitäten progressiven Zwecken dienen. In den Kämpfen gegen eine imperialistische Invasion oder in antirassistischen Kämpfen gegen die weiße Suprematie können diese Identitäten beispielsweise dazu dienen, die unterdrückten Menschen gegen einen gemeinsamen Feind zu vereinen.

Aber Identitätspolitik befasst sich nur mit den Zielen einer einzelnen Gruppe und fordert Gleichheit innerhalb des Systems, anstatt einen radikalen antisystemischen Kampf gegen die systemische und planetarische westzentrische Zivilisation zu entwickeln. Das System der Ausbeutung ist ein entscheidender Interventionsbereich, der breitere Bündnisse nicht nur entlang von Rassen- und Geschlechtergrenzen, sondern auch entlang von Klassengrenzen und unter einer Diversität von unterdrückten Gruppen erfordert, mit dem Ziel der Radikalisierung des Begriffes der sozialen Gleichheit. Doch anstelle des begrenzten, abstrakten und formalen Gleichheitsbegriffs der eurozentrischen Moderne/Modernität geht es hier darum, den Begriff der Gleichheit auf jedes Unterdrückungsverhältnis, handle es sich um Rasse, Klasse, Sexualität oder Geschlecht, auszuweiten.

Das neue Sinn-Pluriversum (pluriverse of meaning) oder die neue Vorstellung von Befreiung bedarf trotz der Diversität der Kulturen und Formen der Unterdrückung einer gemeinsamen Sprache. Diese gemeinsame Sprache könnte durch die Radikalisierung der aus dem alten modernen/kolonialen Machtdiskurs (pattern of power) stammenden auf Befreiung abzielenden Begriffe (liberatory notions) wie Freiheit (freedom) (Presse-, Religions- oder Redefreiheit), individuelle Freiheiten (liberties) oder soziale Gleichheit bereitgestellt und mit der radikalen Demokratisierung der politischen, epistemischen, geschlechtlichen, sexuellen, spirituellen und ökonomischen Machthierarchien auf globaler Ebene verbunden werden.

Quijanos71 Vorschlag einer „Sozialisierung der Macht“ im Gegensatz zu einer „staatlichen Nationalisierung der Produktion“ ist hier entscheidend. Anstelle von „staatssozialistischen“ oder „staatskapitalistischen“ Projekten, die um die Verwaltung des Staates und um hierarchische Machtstrukturen herum zentriert sind, privilegiert die Strategie der „Sozialisierung der Macht“ in allen Bereichen des sozialen Daseins globale und lokale Kämpfe für kollektive Formen der öffentlichen Autorität.

Gemeinden, Unternehmen, Schulen, Krankenhäuser und alle Institutionen, die derzeit das soziale Leben regeln, würden von den Menschen selbst verwaltet werden, mit dem Ziel, soziale Gleichheit und Demokratie auf alle Bereiche des sozialen Daseins auszudehnen. Dies ist ein Prozess der Ermächtigung und radikalen Demokratisierung von unten, der die Bildung globaler öffentlicher Institutionen zur Demokratisierung und Sozialisierung von Produktion, Reichtum und Ressourcen im Weltmaßstab nicht ausschließt.

Die Sozialisierung der Macht würde auch die Bildung globaler Institutionen jenseits nationaler oder staatlicher Grenzen implizieren, um soziale Gleichheit und Gerechtigkeit in der Produktion, Reproduktion und Verteilung der weltweiten Ressourcen zu gewährleisten. Dies würde eine Form selbstverwalteter demokratischer globaler Organisationen implizieren, die als kollektive globale Autorität arbeiten würden, um soziale Gerechtigkeit und soziale Gleichheit im Weltmaßstab zu garantieren. Die Sozialisierung der Macht auf lokaler und globaler Ebene würde die Bildung einer öffentlichen Autorität implizieren, die sich außerhalb staatlicher Strukturen befindet und gegen diese gerichtet ist.

Ausgehend von den alten indigenen Gemeinschaften in den Anden und den neuen städtischen marginalen Gemeinschaften, in denen Gegenseitigkeit und Solidarität die wichtigsten Formen der sozialen Interaktion sind, sieht Quijano das utopische Potenzial einer sozialen privaten Alternative zum Privateigentum und einer alternativen nicht-staatlichen Öffentlichkeit, die über die kapitalistischen/sozialistischen eurozentrischen Begriffe des Privaten und Öffentlichen hinausgeht. Diese nicht-staatliche Öffentlichkeit (im Gegensatz zur Entsprechung des Staates und des Öffentlichen in der liberalen und sozialistischen Ideologie) steht nach Quijano nicht im Widerspruch zu einem sozialen Privaten (im Gegensatz zu einem unternehmerischen, kapitalistischen Privateigentum). Das soziale Private und seine institutionelle nicht-staatliche öffentliche Autorität stehen nicht im Widerspruch zu persönlichen/individuellen Freiheiten und kollektiver Entwicklung. Eines der Probleme des liberalen und sozialistischen Diskurses ist, dass der Staat immer die Institution der öffentlichen Autorität ist, was im Widerspruch zur Entwicklung eines alternativen „privaten“ und „individuellen“ Wachstums steht.

Entwicklungsideologische Projekte, die sich auf politische Veränderungen auf der Ebene des Nationalstaates konzentrieren, sind in der heutigen Weltwirtschaft obsolet und führen zu entwicklungsideologischen Illusionen. Ein System der Unterdrückung und Ausbeutung, das im Weltmaßstab funktioniert, wie das kapitalistische Weltsystem, kann keine „nationale Lösung“ haben. Ein globales Problem kann nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst werden. Es erfordert globale dekoloniale Lösungen. So erfordert die Dekolonisation der politischen Ökonomie des modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems die Abschaffung des kontinuierlichen Transfers von Reichtum vom Süden in den Norden und die Institutionalisierung der globalen Umverteilung und des Transfers von Reichtum vom Norden in den Süden.

Nach Jahrhunderten der „Akkumulation durch Enteignung“72 verfügt der Norden über eine Konzentration von Reichtum und Ressourcen, die für den Süden unerreichbar sind. Globale Mechanismen zur Umverteilung von Reichtum von Nord nach Süd könnten durch direkte Intervention internationaler Organisationen und/oder durch Besteuerung globaler Kapitalströme umgesetzt werden. Dies würde jedoch einen globalen dekolonialen Machtkampf im Weltmaßstab voraussetzen, der zu einer Transformation der globalen kolonialen Machtmatrix und folglich zu einer Transformation des „modernen/kolonialen west-/christozentrischen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems“ führen würde.

Der Norden weigert sich, die Konzentration und Anhäufung von Reichtum zu teilen, der von nicht-europäischen Arbeitskräften aus dem Süden produziert wird, nachdem letzterer jahrhundertelang von ersterem ausgebeutet und unterdrückt worden ist. Auch heute noch stellen die neoliberalen Politikstrategien eine Fortsetzung der „Akkumulation durch Enteignung“73 dar, die durch die europäische koloniale Expansion mit der Eroberung der Amerikas im 16. Jahrhundert eingeleitet wurde.

Viele periphere Länder wurden in den letzten 20 Jahren des weltweiten Neoliberalismus unter der Aufsicht und direkten Intervention des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ihres nationalen Reichtums und ihrer Ressourcen beraubt. Diese Politik hat zum Bankrott vieler Länder in der Peripherie und zum Transfer von Reichtum aus dem Süden an transnationale Konzerne und Finanzinstitute im Norden geführt. Der Handlungsspielraum der peripheren Regionen ist angesichts der durch das globale zwischenstaatliche System auferlegten Einschränkungen der Souveränität der peripheren Nationalstaaten sehr begrenzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lösung globaler Ungleichheiten die Notwendigkeit erfordert, sich antisystemische, globale, dekoloniale, utopische Alternativen jenseits kolonialistischer und nationalistischer, eurozentrischer, fundamentalistischer und Dritte-Welt-fundamentalistischer dichotomer Weisen des Denkens vorzustellen.

3.8 Auf dem Weg zu einem Projekt der „radikalen universalen dekolonialen antisystemischen Diversalität“

Die Notwendigkeit einer gemeinsamen kritischen Sprache der Dekolonisierung erfordert eine Form der Universalität, die nicht mehr ein monologischer, monothematischer imperialer globaler/universaler Entwurf ist, der von der Rechten oder der Linken dem Rest der Welt im Namen des Fortschritts oder der Zivilisation durch Überredung oder Gewalt aufgezwungen wird. Diese neue Form der Universalität nenne ich eine „radikale universale dekoloniale antisystemische Diversalität“ als Projekt der Befreiung. Im Gegensatz zu den abstrakten Universalien eurozentrischer Epistemologien, die das Partikulare unter das Gleiche subsumieren/verschneiden, ist eine „radikale universale dekoloniale antisystemische Diversalität“ eine konkrete Universalie, die eine dekoloniale Uni-versalität bildet, indem sie die mannigfaltigen lokalen Besonderheiten in den Kämpfen gegen Patriarchat, Kapitalismus, Kolonialität und eurozentrische Moderne/Modernität aus einer Diversität von dekolonialen epistemischen/ethischen historischen Projekten heraus respektiert.

Dies stellt eine Verschmelzung von Dussels „Transmoderne/​Transmodernität“ und Quijanos „Sozialisierung der Macht“ dar. Dussels Transmoderne/Transmodernität führt uns zu dem, was Walter Mignolo74 als „Diversalität als universales Projekt“ bezeichnet hat, um die eurozentrische Moderne/​Modernität zu dekolonisieren, während Quijanos Sozialisierung der Macht zu einer neuen Form einer radikalen antisystemischen universalen Vision aufruft, die marxistische/sozialistische Perspektiven von ihren eurozentrischen Grenzen dekolonisiert.

Die gemeinsame Sprache sollte antikapitalistisch, antipatriarchalisch, antiimperialistisch und gegen die Kolonialität der Macht gerichtet sein, auf dem Weg zu einer Welt, in der die Macht sozialisiert ist, aber offen für eine Diversalität institutioneller Formen der Sozialisierung der Macht, entsprechend der verschiedenen dekolonialen epistemischen/ethischen Antworten subalterner Gruppen an verschiedenen Orten des Weltsystems. Quijanos Aufruf zu einer Sozialisierung der Macht könnte zu einer weiteren abstrakten Universalie werden, die zu einem globalen Entwurf führt, wenn sie nicht von einer transmodernen Perspektive aus redefiniert und rekonfiguriert wird.

Die Formen der antisystemischen Kämpfe und der Sozialisierung der Macht, die in der islamischen Welt auftauchen, unterscheiden sich deutlich von denen, die von den indigenen Völkern in den Amerikas oder den Bantu-Völkern in Afrika ausgehen. Sie alle teilen das dekoloniale antikapitalistische, antipatriarchalische, antikoloniale und antiimperialistische Projekt, während sie diverse institutionelle Formen und Konzepte für das Projekt der Sozialisierung der Macht entsprechend ihrer diversen, mannigfaltigen Epistemologien aufweisen.

Eine Reproduktion der eurozentrischen, sozialistischen, globalen Entwürfe der Linken des 20. Jahrhunderts, die von einem unilateralen eurozentrischen epistemischen linken Zentrum ausgingen, würde nur die Fehler wiederholen, die zum globalen linken Desaster des 20. Jahrhunderts geführt haben.

Dies ist ein Aufruf zu einer Universalie, die eine Pluriversalie ist,75 zu einer konkreten Universalie, die alle epistemischen Besonderheiten in Richtung einer „transmodernen dekolonialen Sozialisierung der Macht“ einschließt. Wie die Zapatisten sagen: „Kämpfen für eine Welt, in der andere Welten möglich sind“ (luchar por un mundo donde otros mundos sean posibles).

 

 Literatur

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1Florencia Mallon, „The Promise and Dilemma of Subaltern Studies: Perspectives from Latin American History“, in: American Historical Review, 99, 1994, S. 1491-1515. Ileana Rodríguez, „Reading Subalterns Across Texts, Disciplines, and Theories: From Representation to Recognition“, in: The Latin American Subalterns Studies Reader, Duke University Press, Durham/London, 2001.

2Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000, S. 183-186, 213-214.

3Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000, S. 183-186, 213-214.

4Ramón Grosfoguel, „From Postcolonial Studies to Decolonial Studies: Decolonizing Postcolonial Studies: A Preface“, in: Review (Fernand Braudel Center), 29, New York, 2006, S. 141-142. Ramón Grosfoguel, „World-System Analysis in the Context of Transmodernity, Border Thinking and Global Coloniality“, in: Review (Fernand Braudel Center), 29, New York, 2006, S. 168-187.

5Ramón Grosfoguel, „The Implications of Subaltern Epistemologies for Global Capitalism: Transmodernity, Border Thinking and Global Coloniality“, in: Critical Globalization Studies, Routledge, London, 2005. Ramón Grosfoguel, „World-System Analysis in the Context of Transmodernity, Border Thinking and Global Coloniality“, in: Review (Fernand Braudel Center), 29, New York, 2006, S. 168-187.

6Cherrie Moraga & Gloria Anzaldúa, This Bridge Called my Back: Writing by Radical Women of Color, Kitchen Table/Women of Color, New York, 1983. Patricia Hill Collins, Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness and the Politics of Empire, Routledge, London, 1991.

7Enrique Dussel, Philosophie der Befreiung, Argument, Hamburg, 1989; spanisches Original: Enrique Dussel, Filosofía de Liberación, Edicol, México, 1977.

8Donna Haraway, „Situated Knowledges: The Science Question in Feminism and the Privilege of Partial Perspective“, in: Feminist Studies, 14, 1988, S. 575-599.

9Patricia Hill Collins, Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness and the Politics of Empire, Routledge, London, 1991.

10Enrique Dussel, Philosophie der Befreiung, Argument, Hamburg, 1989; spanisches Original: Enrique Dussel, Filosofía de Liberación, Edicol, México, 1977.

11Frantz Fanon, Schwarze Haut, weiße Masken, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1980; französisches Original: Frantz Fanon, Peau noire, masques blancs, Les Éditions du Seuil, Paris, 1952.

12Gloria Anzaldúa, Borderlands/La Frontera: The New Mestiza, Aunt Lute Books, San Francisco, 2012.

13Santiago Castro-Gómez, Zero-Point Hubris. Science, Race, and Enlightenment in Eighteenth-Century Latin America, Rowman & Littlefield, Lanham/Boulder/New York/London, 2021.

14Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.

15Immanuel Wallerstein, Das moderne Weltsystem. Die Anfänge kapitalistischer Landwirtschaft und die europäische Weltökonomie im 16. Jahrhundert, Übers. Angelika Schweikhart, Syndikat/Promedia, Frankfurt am Main/Wien, 1986; englisches Original: Immanuel Wallerstein, The Modern World-System. Capitalist Agriculture and the Origins of the European World-Economy in the Sixteenth Century, Academic Press, New York/London, 1974.

16Immanuel Wallerstein, The Capitalist World-Economy, Cambridge University Press and Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge/​Paris, 1979.

17Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188. Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

18Gayatri Spivak, In Other Worlds: Essays in Cultural Politics, Routledge, New York, 2006. Cythia Enloe, Banana, Beaches and Bases: Making Sense of International Politics, University of California Press, Berkeley, 1990.

19Walter Mignolo, The Darker Side of the Renaissance: Literacy, Territoriality and Colonization, The University of Michigan Press, Ann Arbor, 1995. Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000. Aníbal Quijano, „Colonialidad y Modernidad/Racionalidad“, in: Perú Indígena, 13, Lima, 1991, S. 11-20.

20Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

21Aníbal Quijano, „Colonialidad y Modernidad/Racionalidad“, in: Perú Indígena, 13, Lima, 1991, S. 11-20. Aníbal Quijano, „La colonialidad del poder y la experiencia cultural latinoamericana“, in: Roberto Briceño-León & Heinz R. Sonntag (Hrsg.), Pueblo, época y desarrollo: la sociología de América Latina, Nueva Sociedad, Caracas, 1998, S. 139-155. Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

22Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

23Kimberlé Crenshaw, „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory, and Antiracist Politics“, in: Feminism in the Law: Theory, Practice, and Criticism, University of Chicago Legal Forum, Chicago, 1989, S. 139-167. Rosa Linda Fregoso, MeXicana Encounters: The Making of Social Identities in the Borderlands, University of California Press, Berkeley, 2003.

24Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188.

25Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

26Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000. Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

27Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188.

28Kyriakos Kontopoulos, The Logic of Social Structures, Cambridge University Press, Cambridge, 1993.

29Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

30Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

31Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

32Ebenda.

33Frantz Fanon, Schwarze Haut, weiße Masken, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1980; französisches Original: Frantz Fanon, Peau noire, masques blancs, Les Éditions du Seuil, Paris, 1952.

34Ramón Grosfoguel, „From Cepalismo to Neoliberalism: A World-System Approach to Conceptual Shifts in Latin America”, in: Review (Fernand Braudel Center), 19, New York, 1996, S. 131-154.

35Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

36Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000. Ramón Grosfoguel, „Colonial Difference, Geopolitics of Knowledge and Global Coloniality in the Modern/Colonial Capitalist World-System“, in: Review (Fernand Braudel Center), 25, New York, 2002, S. 203-224.

37Aníbal Quijano, „Colonialidad y Modernidad/Racionalidad“, in: Perú Indígena, 13, Lima, 1991, S. 11-20. Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188. Aníbal Quijano, „La colonialidad del poder y la experiencia cultural latinoamericana“, in: Roberto Briceño-León & Heinz R. Sonntag (Hrsg.), Pueblo, época y desarrollo: la sociología de América Latina, Nueva Sociedad, Caracas, 1998, S. 139-155.

38Immanuel Wallerstein, The Capitalist World-Economy, Cambridge University Press and Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge/​Paris, 1979. Immanuel Wallerstein, After Liberalism, The New Press, New York, 1995.

39Immanuel Wallerstein, Die Sozialwissenschaft „kaputtdenken“. Die Grenzen der Paradigmen des 19. Jahrhunderts, Übers. Nicole Jeschke & Britta Krüger, Beltz Athenäum, Weinheim, 1995; englisches Original: Immanuel Wallerstein, Unthinking Social Science: The Limits of Nineteenth Century Paradigms, Polity, Cambridge, 1991.

40Immanuel Wallerstein, The Capitalist World-Economy, Cambridge University Press and Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge/​Paris, 1979. Immanuel Wallerstein, The Politics of the World-Economy, Cambridge University Press & Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge & Paris, 1984. Immanuel Wallerstein, After Liberalism, The New Press, New York, 1995.

41Immanuel Wallerstein, Geopolitics and Geoculture, Cambridge University Press & Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge & Paris, 1991. Immanuel Wallerstein, After Liberalism, The New Press, New York, 1995. Aníbal Quijano, „La colonialidad del poder y la experiencia cultural latinoamericana“, in: Roberto Briceño-León & Heinz R. Sonntag (Hrsg.), Pueblo, época y desarrollo: la sociología de América Latina, Nueva Sociedad, Caracas, 1998, S. 139-155. Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000. Edgardo Lander, „Eurocentrism and Colonialism in Latin American Social Thought“, in: Nepantla: Views from South, 1, Duke University Press, Durham, 2000, S. 519-532. Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978.

42Immanuel Wallerstein, The Politics of the World-Economy, Cambridge University Press & Editions de la Maison des Sciences de l’Homme, Cambridge & Paris, 1984. Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188. Walter Mignolo, The Darker Side of the Renaissance: Literacy, Territoriality and Colonization, The University of Michigan Press, Ann Arbor, 1995.

43Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188. Aníbal Quijano, „La colonialidad del poder y la experiencia cultural latinoamericana“, in: Roberto Briceño-León & Heinz R. Sonntag (Hrsg.), Pueblo, época y desarrollo: la sociología de América Latina, Nueva Sociedad, Caracas, 1998, S. 139-155. Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

44Kyriakos Kontopoulos, The Logic of Social Structures, Cambridge University Press, Cambridge, 1993.

45Gayatri Spivak, In Other Worlds: Essays in Cultural Politics, Routledge, New York, 2006.

46Edward Said, Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978.

47Immanuel Wallerstein, Die Sozialwissenschaft „kaputtdenken“. Die Grenzen der Paradigmen des 19. Jahrhunderts, Übers. Nicole Jeschke & Britta Krüger, Beltz Athenäum, Weinheim, 1995; englisches Original: Immanuel Wallerstein, Unthinking Social Science: The Limits of Nineteenth Century Paradigms, Polity, Cambridge, 1991, S. 8-9.

48Ebenda, S. 8-9.

49Ebenda, S. 321-322.

50Ebenda, S. 273.

51Kyriakos Kontopoulos, The Logic of Social Structures, Cambridge University Press, Cambridge, 1993.

52Aníbal Quijano, „Colonialidad y Modernidad/Racionalidad“, in: Perú Indígena, 13, Lima, 1991, S. 11-20. Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188. Aníbal Quijano, „La colonialidad del poder y la experiencia cultural latinoamericana“, in: Roberto Briceño-León & Heinz R. Sonntag (Hrsg.), Pueblo, época y desarrollo: la sociología de América Latina, Nueva Sociedad, Caracas, 1998, S. 139-155.

53Kyriakos Kontopoulos, The Logic of Social Structures, Cambridge University Press, Cambridge, 1993.

54Immanuel Wallerstein, Die Sozialwissenschaft „kaputtdenken“. Die Grenzen der Paradigmen des 19. Jahrhunderts, Übers. Nicole Jeschke & Britta Krüger, Beltz Athenäum, Weinheim, 1995; englisches Original: Immanuel Wallerstein, Unthinking Social Science: The Limits of Nineteenth Century Paradigms, Polity, Cambridge, 1991, S. 273.

55André Gunder Frank, Latein America. Unterentwicklung oder Revolution, Sozialistisches Büro, Offenbach, 1969; englisches Original: André Gunder Frank, Latin America: Underdevelopment or Revolution. Essays on the Development of Underdevelopment and the Immediate Enemy, Monthly Review Press, New York, 1969. André Gunder Frank et al., Economia politica del subdesarrollo en America Latina, Ediciones Signos, Buenos Aires, 1970.

56Immanuel Wallerstein, „The Collapse of Liberalism“, in: Ralph Miliband & Leo Panitch, The Socialist Register 1991, The Merlin Press, London, 1992, S. 96-110.

57Immanuel Wallerstein, „The Concept of National Development, 1917-1989: Elegy and Requiem“, in: American Behavioral Scientist, 35, 1992, S. 517-529. Immanuel Wallerstein, „The Collapse of Liberalism“, in: Ralph Miliband & Leo Panitch, The Socialist Register 1991, The Merlin Press, London, 1992, S. 96-110.

58Aníbal Quijano, „Raza, Etnia y Nación en Mariátegui: cuestiones abiertas“, in: Roland Forgues (Hrsg.), José Carlos Mariátegui y Europa: el otro aspecto del descubrimiento, Editorial Amauta, Lima, 1993, S. 167-188.

59Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

60Aimé Césaire, An Afrika. Gedichte, Hanser, München, 1968; französisches Original: Aimé Césaire, Les armes miraculeuses, Gallimard, Paris, 1946.

61Ramón Grosfoguel, „From Cepalismo to Neoliberalism: A World-System Approach to Conceptual Shifts in Latin America”, in: Review (Fernand Braudel Center), 19, New York, 1996, S. 131-154.

62Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

63Ebenda.

64Immanuel Wallerstein, Utopistik. Historische Alternativen des 21. Jahrhunderts, Promedia, Wien, 2002; englisches Original: Immanuel Wallerstein, Utopistics: Or, Historical Choices of the Twenty-first Century, New Press, New York, 1998.

65Ramón Grosfoguel, „From Cepalismo to Neoliberalism: A World-System Approach to Conceptual Shifts in Latin America”, in: Review (Fernand Braudel Center), 19, New York, 1996, S. 131-154.

66Gloria Anzaldúa, Borderlands/La Frontera: The New Mestiza, Aunt Lute Books, San Francisco, 2012.

67José David Saldívar, Border Matters, University of California Press, Berkeley, 1997.

68Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

69Enrique Dussel, Hacia una Filosofía Política Crítica, Desclée de Brouwer, Bilbao, 2001.

70Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

71Aníbal Quijano, Kolonialität der Macht, Eurozentrismus und Lateinamerika, Übers. Alke Jenss & Stefan Pimmer, Turia + Kant, Wien, Berlin, 2016; spanisches Original: Aníbal Quijano, „Colonialidad del poder, eurocentrismo y América Latina“, in: Edgardo Lander (Hrsg.), La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas, CLACSO, Buenos Aires, 2000.

72David Harvey, Der neue Imperialismus, Übers. Britta Dutke, VSA-Verlag, Hamburg, 2005; englisches Original: David Harvey, The new imperialism, Oxford University Press, Oxford, 2003.

73Ebenda.

74Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

75Ebenda.