Ramón Grosfoguel ist einer der bedeutendsten Vertreter des dekolonialen Denkens der Gegenwart. Aus dem karibischen Puerto Rico stammend, das mit seinem historischen Hintergrund von Kolonisation und Versklavung weiterhin unter US-amerikanischem Verwaltungskolonialismus steht, wurde sein Bewusstsein für die anhaltenden Formen der kolonialen Machthierarchien und den dagegen gerichteten Kampf schon früh geschärft. Mit dazu beigetragen haben mag auch sein familiärer Hintergrund – sein Vater ein Argentinier jüdischer Herkunft, seine Mutter eine Puertoricanerin afrikanischer Abstammung -, der nicht nur weitreichende historische, geographische und kulturelle Horizonte eröffnet, sondern auch einen Lebensweg außergewöhnlicher Bandbreite ebnete: von militantem Befreiungskampf über politischen Aktivismus bis hin zu akademischer Forschung und Lehre.
Ramón Grosfoguel ist Professor für ethnische Studien (Chicano/Latino Studies) an der University of California in Berkeley. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen über die politische Ökonomie des Weltsystems, internationale Migration und die Dekolonisierung von Macht, Wissen und Sein. Ein besonderer Schwerpunkt seines Schaffens liegt auf der Betonung kolonialer Kontinuitäten in miteinander verflochtenen politisch-rechtlichen, ökonomischen, kulturellen und epistemischen Hierarchien und der darin gründenden Notwendigkeit der globalen Dekolonisierung.