7 Die vielen Gesichter der Islamophobie

Autor: Yusuf Kuhn -
Autoren
Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf
Textlänge des Kapitels in Buchseiten ca. 42

Jede Auseinandersetzung mit Islamophobie muss heutzutage von einer Betrachtung der Kartographie der Macht des „Weltsystems“ seit 1492 ausgehen.

Wenn wir das „moderne Weltsystem“ als ein System verstehen, das lediglich in Begriffen einer internationalen Arbeitsteilung und eines globalen zwischenstaatlichen Systems organisiert ist, wäre Islamophobie mithin ein Epiphänomen der politischen Ökonomie des Weltsystems und insbesondere der unaufhörlichen Kapitalakkumulation im Weltmaßstab. Wenn wir jedoch die Geo- und Körperpolitik des Wissens von einer nach Norden orientierten Sicht auf das Weltsystem auf einen nach Süden orientierten Blick umstellen, erhalten wir ein anderes Bild der globalen Kartographie der Macht.

Aus einer südlichen Perspektive ist das Weltsystem nicht nur um eine internationale Arbeitsteilung und ein globales zwischenstaatliches System herum organisiert, sondern schließt auch, nicht als zusätzliche Elemente, sondern als konstitutiv für die Kapitalakkumulation im Weltmaßstab, eine globale rassialistische/ethnische Hierarchie (westliche versus nicht-westliche Völker), eine globale patriarchalische Hierarchie (globales System des sozialen und biologischen Geschlechts), eine globale religiöse Hierarchie, eine globale sprachliche Hierarchie, eine globale epistemische Hierarchie usw. ein.1 Das „Paket“ verwobener Machthierarchien des Weltsystems ist breiter und komplexer als das, was oftmals in der Weltsystemanalyse theoretisiert wird.

Wir verwenden den Ausdruck „Weltsystem“ in diesem Essay, kurz gesagt, um das „moderne/koloniale verwestlichte christozentrische kapitalistische/patriarchalische Weltsystem“ zu bezeichnen.2 Auf die Gefahr hin, lächerlich zu klingen, ziehen wir einen langen Ausdruck wie diesen vor, um die gegenwärtige heterarchische Struktur (mannigfaltige Machthierarchien, die in komplexen historischen Weisen miteinander verwoben sind) des Weltsystems zu bezeichnen, statt der beschränkten Kennzeichnung einer einzigen Hierarchie namens „kapitalistisches Weltsystem“ mit der Kapitalakkumulation als der einzigen Logik des Systems.3 Letztere führt zu einem ökonomisch-reduktionistischen Verständnis des Weltsystems, während erstere zu einer komplexeren, nicht-reduktiven, strukturell-historischen Analyse führt.

Islamophobie als eine Form des Rassismus gegenüber Muslimen ist kein Epiphänomen, sondern konstitutiver Bestandteil der internationalen Arbeitsteilung.

Das erste Kapitel 7.1 dieses Essays behandelt Islamophobie als eine Form des Rassismus in einer welthistorischen Perspektive. Das zweite Kapitel 7.2 erörtert Islamophobie als eine Form des kulturellen Rassismus. Das dritte Kapitel 7.3 betrachtet Islamophobie als Orientalismus. Das vierte Kapitel 7.4 untersucht Islamophobie als epistemischen Rassismus. Das fünfte Kapitel 7.5 beschäftigt sich mit Islamophobie in Gestalt eurozentrischer Sozialwissenschaften. Und das sechste Kapitel 7.6 kommt auf die heutigen islamophoben Debatten zu sprechen.4

 7.1 Islamophobie als eine Form des Rassismus in welthistorischer Perspektive

Die große Herausforderung bei unserem Thema besteht darin, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie es möglich ist, dass eine religiöse Differenz in der vormodernen/kolonialen Welt in eine rassialistische/ethnische Differenz in der modernen/kolonialen Welt umgewandelt worden ist. In der heterarchischen Konzeptualisierung des Weltsystems, wie sie hier vorgenommen wird, wäre Islamophobie die Subalternisierung und Inferiorisierung des Islams, die durch die christozentrische religiöse Hierarchie des Weltsystems seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts herbeigeführt worden ist.

Das Jahr 1492 ist ein entscheidendes Jahr, das für das Verstehen des gegenwärtigen Systems von grundlegender Bedeutung ist. In diesem Jahr hat die christliche spanische Monarchie das islamische Spanien zurück-erobert, indem sie Juden und Araber von der spanischen Halbinsel vertrieben hat, während sie zur gleichen Zeit die Amerikas „entdeckt“ und die indigenen Völker kolonisiert hat. Die arabische und jüdische Bevölkerung, die innerhalb der Iberischen Halbinsel belassen wurde, wurde gezwungen, zum Christentum zu konvertieren. Marranen (konvertierte Juden) und Morisken (konvertierte Muslime) waren die Bezeichnungen, die zu dieser Zeit gebraucht wurden, um diese „christianisierten“ Bevölkerungen zu klassifizieren. Das ganze sechzehnte Jahrhundert war ein Jahrhundert der Verfolgung der Morisken auf der Iberischen Halbinsel bis zu ihrer endgültigen Vertreibung 16095 und der Versklavung der indigenen und afrikanischen Völker in den Amerikas6.

Diese „internen“ und „externen“ eroberten Territorien und Völker schufen nicht nur eine internationale kapitalistische Arbeitsteilung von Zentrum und Peripherie, die mit einer internationalen ethnischen/rassialistischen Arbeitsteilung zwischen Westen und Nicht-Westen überlappte, sondern konstituierten auch die internen und externen imaginierten Grenzen Europas. Dies ist damit verbunden, dass die globale rassialistische/ethnische Hierarchie des Weltsystems Bevölkerungen europäischer Abstammung gegenüber dem Rest privilegiert. Juden und Araber wurden die nicht-europäischen subalternen internen „Anderen“ innerhalb Europas, während indigene Völker die externen „Anderen“ Europas wurden.7

Das erste Kennzeichen für „Andersheit“ in dem „verwestlichten christozentrischen kapitalistischen/patriarchalischen modernen/kolonialen Weltsystem“ war die religiöse Identität. Juden und Araber wurden als „Völker mit der falschen Religion“ charakterisiert, während indigene Völker als „Völker ohne Religion“ konstruiert wurden.8 In der globalen rassialistischen/​ethnischen Hierarchie, die aus den beiden Hauptgeschehnissen von 1492 hervorging, waren die „Völker ohne Religion“, das heißt „Völker ohne Gott“, am Boden der Hierarchie, während die „Völker mit der falschen Religion“, das heißt „Völker mit dem falschen Gott“, eine andere Position in dieser Hierarchie einnahmen. Wie sind die „Völker mit der falschen Religion“ in „Völker unterhalb des Menschseins“, das heißt rassialistisch-inferiore Völker, umgewandelt worden?

Der Kampf des christlichen Spaniens gegen den Islam war Bestandteil eines langen imperialen Kampfes im Mittelmeergebiet, der bis auf die Kreuzzüge zurückgeht. Der christliche Kampf gegen den Islam artikulierte, was Walter Mignolo9 als die „imperiale Differenz“ bezeichnet hat, während der spanische Kampf gegen die Indigenen in den Amerikas nach 1492 die „koloniale Differenz“ artikulierte.

Die „imperiale Differenz“ nach 1492 ist das Ergebnis der imperialen Beziehungen zwischen europäischen Reichen und nicht-europäischen Reichen. Wir werden sie hier als das Ergebnis der „imperialen Beziehung“ charakterisieren.

Die „koloniale Differenz“ ist das Ergebnis der kolonialen Beziehungen zwischen europäischen und nicht-europäischen Völkern. Und wir werden sie hier als ein Ergebnis der „kolonialen Beziehung“ charakterisieren.

Die Vertreibung von Arabern und Juden aus dem christlichen Spanien im Namen der „Reinheit des Blutes“ (limpieza de sangre) war in historischer Betrachtung ein proto-rassistischer Prozess (noch nicht vollkommen rassistisch, obgleich die Folgen nicht so verschieden waren). „Reinheit des Blutes“ wurde nicht als rassialistischer Ausdruck verwendet, sondern als eine Technologie der Macht, um die Spur der religiösen Herkunft der Bevölkerung zu verfolgen. „Reinheit des Blutes“ wird indes erst viel später zu einer vollkommen rassistischen Perspektive werden, nämlich erst nach der Anwendung des Begriffs der „Reinheit des Blutes“ auf die indigenen Völker der Amerikas.

Indigene Völker, die im späten fünfzehnten und frühen sechzehnten Jahrhundert in der christlichen spanischen Vorstellungswelt als „Völker ohne Gott“ charakterisiert worden waren, wurden inferiore Untermenschen oder Nicht-Menschen. Es ist diese Inferiorisierung unter das „Menschsein“, auf die Ebene von Tieren, die die indigenen Völker in den Amerikas in das erste rassialisierte Subjekt der modernen/kolonialen Welt umwandelte, die 1492 eröffnet wurde.10 Diese rassistische Vorstellungswelt wurde auf neue „Völker ohne Gott“ wie etwa subsaharische Afrikaner ausgedehnt, die nach der berüchtigten Debatte zwischen Sepúlveda und Las Casas in den 1550er Jahren im Rahmen des europäischen Sklavenhandels massenhaft in die Amerikas verschleppt worden sind.

Sepúlveda vertrat die Auffassung, dass indigene Völker keine Seele hatten, daher keine Menschen waren und versklavt werden konnten, ohne eine Sünde in den Augen Gottes darzustellen. Hingegen sprach Las Casas sich dafür aus, dass sie Wilde mit einer Seele waren, das heißt kulturell-inferior, kindergleich und daher Menschen, die zu christianisieren waren und nicht zu versklaven. Beide repräsentieren die anfängliche formale Artikulation der zwei Formen des Rassismus, der sich durch die folgenden fünf Jahrhunderte hindurchziehen sollte. Sepúlveda repräsentierte einen biologisch-rassistischen, Las Casas hingegen einen kulturell-rassistischen Diskurs.

Las Casas sprach sich dafür aus, dass „Indianer“ in die Encomienda (eine Form der semifeudalen Zwangsarbeit) aufgenommen werden sollten, und erhob die Forderung, Afrikaner heranzuschaffen, um sie als Sklaven auf den Plantagen zu ersetzen. Schließlich wurden Afrikaner von Las Casas nicht als „Völker ohne Religion“ charakterisiert, sondern auch als „Völker ohne Seele“. Das Argument hier lautet, dass die rassistische Vorstellungswelt, die gegen die indigenen Völker der Neuen Welt geschaffen worden ist, sodann auf alle nicht-europäischen Völker übertragen wurde, was mit dem Sklavenhandel mit Afrikanern in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts einsetzte.

Von besonderer Bedeutung für unser Thema ist, wie diese rassistische Vorstellungswelt sogar auf Völker übertragen worden ist, die im späten fünfzehnten Jahrhundert als „Völker mit dem falschen Gott“ charakterisiert wurden. Als die Beziehungen der europäischen Reiche mit den islamischen Reichen von „imperialen Beziehungen“ in eine „koloniale Beziehung“ übergingen (die spanische Zerstörung von al-Andalus im späten fünfzehnten Jahrhundert und die darauffolgende Unterwerfung der Morisken im sechzehnten Jahrhundert, die holländische Kolonisation Indonesiens im siebzehnten Jahrhundert, die britische Kolonisation Indiens im achtzehnten Jahrhundert, die französische Kolonisation des Mittleren Ostens im neunzehnten Jahrhundert sowie der Niedergang und die darauffolgende Aufspaltung des Osmanischen Reiches unter mehreren europäischen Reichen am Ende des ersten Weltkrieges), wurden „Völker mit dem falschen Gott“ in der theologisch-christlichen Vorstellungswelt des späten fünfzehnten Jahrhunderts im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert zu Tieren inferiorisiert;11 und später wurde diese theologisch-rassialistische Grundlage in eine „wissenschaftliche evolutionäre hierarchische zivilisatorische“ Vorstellungswelt säkularisiert, die die „Völker mit der falschen Religion“ des späten fünfzehnten Jahrhunderts (imperiale Differenz) in die inferioren „Wilden und Primitiven“ der „Völker ohne Zivilisation“ im neunzehnten Jahrhundert (koloniale Differenz) verwandelte.

Dieser Prozess repräsentierte eine entscheidende Transformation von der Inferiorisierung der nicht-christlichen Religionen (wie etwa Islam, Judentum usw.) zur Inferiorisierung der Menschen, die diese Religionen praktizieren (wie etwa Muslime und Juden, die in Semiten umgewandelt wurden, das heißt in eine gegenüber Europäern inferiore Rasse). Diese diskursive Mutation war von zentraler Bedeutung für die Verflechtung zwischen der Inferiorisierung der Religion und dem Rassismus gegen nicht-europäische Menschen, die diese Religionen praktizieren. Die christozentrische globale religiöse Hierarchie und die eurozentrische globale rassialistische/ethnische Hierarchie sind zunehmend verflochten worden, und die Unterscheidung zwischen dem Praktizieren einer nicht-christlichen Religion und dem Rassialisiertsein als inferiorer Mensch wurde zunehmend ausgelöscht.

 7.2 Islamophobie als eine Form des kulturellen Rassismus

Darüber hinaus hat sich in den letzten 60 Jahren ein historischer Wandel in den rassistischen Diskursen vollzogen. Während biologisch-rassistische Diskurse zurückgingen, wurde der kulturelle Rassismus zur hegemonialen Form des Rassismus im ausgehenden Weltsystem.12

Die Niederlage Nazideutschlands, die antikolonialen Kämpfe und die Bürgerrechtsbewegungen der kolonialen Minderheiten innerhalb der westlichen Imperien schufen die historischen und politischen Bedingungen für den Übergang vom biologischen zum kulturellen Rassismus. Die weißen Eliten des Weltsystems haben ihren Rassismus nicht aufgegeben. Sie veränderten die Bedeutungen von und Diskurse über „Rasse“ als Antwort auf die Herausforderungen infolge der Kämpfe der kolonisierten Menschen.

Kultureller Rassismus ist eine Form des Rassismus, bei der das Wort „Rasse“ nicht einmal erwähnt wird. Er konzentriert sich auf die kulturelle Inferiorität einer Gruppe von Menschen. In der Regel wird er in Begriffen von inferioren Gewohnheiten, Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Werten einer Gruppe von Menschen eingerahmt. Er steht dem biologischen Rassismus insofern nahe, als der kulturelle Rassismus die Kultur der rassialisierten/inferiorisierten Menschen naturalisiert/essentialisiert. Letztere werden als in einem zeitlosen Raum fixiert dargestellt.

In den neuen kulturell-rassistischen Diskursen spielt die Religion eine herausragende Rolle. Die gängigen Phrasen über „unzivilisierte“, „barbarische“, „wilde“, „primitive“, „unterentwickelte“, „autoritäre“ und „terroristische“ inferiore Menschen sind heute auf die religiösen Praktiken und Überzeugungen der „anderen“ gerichtet. Indem sie sich auf die Religion der „anderen“ fokussieren, gelingt es den Europäern, Euro-Amerikanern und Euro-Israelis, dem Vorwurf des Rassismus zu entgehen. Wenn wir jedoch die gegenwärtige hegemoniale Rhetorik genau untersuchen, stellen die gegenwärtigen Phrasen eine Wiederauflage alter biologisch-rassistischer Diskurse dar, und die Menschen, die Zielscheibe islamophober Diskurse sind, sind die traditionellen kolonialen Subjekte/Untertanen der westlichen Imperien, das heißt die „üblichen Verdächtigen“.

Nur im Rahmen der umrissenen langen Dauer (longue durée) historischer Kontinuitäten in Verbindung mit der jüngsten Hegemonie des kulturellen Rassismus können wir die Beziehung zwischen Islamophobie und gegenwärtigem Rassismus verstehen. Es ist absolut unmöglich, Hass oder Angst, die gegen Muslime gerichtet sind, vom Rassismus gegen nicht-europäische Völker zu entkoppeln. Islamophobie und kultureller Rassismus sind miteinander verwobene und sich überschneidende Diskurse. Die Assoziation von Muslimen mit den kolonialen Subjekten/Untertanen westlicher Imperien in den Köpfen weißer Bevölkerungen ist im Zentrum des „modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystems“ einfach gegeben. Dies verbindet die Islamophobie mit einem alten kolonialen Rassismus, der in der Welt von heute immer noch präsent ist, insbesondere in den metropolitanen Zentren.

In Großbritannien werden Muslime mit Ägyptern, Pakistanern und Bangladeschern (koloniale Subjekte/Untertanen aus den ehemaligen britischen Kolonien) in Verbindung gebracht. Islamophobie wird in Großbritannien mit anti-schwarzen-, anti-arabischen und anti-südasiatischen-Rassismus in Verbindung gebracht. In Frankreich sind die meisten Muslime Nordafrikaner (aus ehemaligen Kolonien wie Algerien, Marokko, Tunesien, Senegal usw.). In den Niederlanden sind die Muslime hauptsächlich Gastarbeiter und Migranten aus den Kolonien aus der Türkei, Marokko, Indonesien und Surinam. Die Islamophobie in den Niederlanden ist mit dem Rassismus gegen Gastarbeiter-Migranten und ehemaligen kolonialen Subjekten/Untertanen verbunden. Islamophobie als Angst vor oder Hass auf Muslime wird also mit anti-arabischen, anti-asiatischen und anti-schwarzen Rassismen in Verbindung gebracht.

In Deutschland wird der Islam mit anti-türkischem Rassismus in Verbindung gebracht, in Spanien mit anti-maurischem Rassismus. Auch in den USA wird der Islam mit Afroamerikanern und Arabern aller Ethnizitäten in Verbindung gebracht. Puerto Ricaner als koloniale Subjekte/Untertanen des US-Imperiums sind ebenfalls verdächtige Subjekte/Untertanen in der islamophoben Hysterie.13 Latinos sind die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe von Konvertiten zum Islam in den USA. Das macht sie auch zur Zielscheibe der neofaschistischen Politik des US-Staates. Darüber hinaus brachte die Bush-Regierung nach 9/11 illegale Einwanderer mit Terrorismus und nationaler Sicherheit in Verbindung, was zu einer verstärkten Militarisierung der Grenze zwischen den USA und Mexiko führte.

Es spielt keine Rolle, ob das westliche innerstaatliche politische System das britische multikulturelle oder das französische republikanische Modell ist, Tatsache ist, dass keines davon funktioniert. Ohne die Überwindung des Problems der rassialistischen Diskriminierung wird der Rassismus zu einem zersetzenden Prozess, der letztlich die abstrakten Ideale des jeweiligen Modells zerstört.

Im Falle der angloamerikanischen Welt dienen Multikulturalismus und Diversität dazu, die weiße Suprematie zu verschleiern. Den rassialistischen Minderheiten wird erlaubt, ihre Geschichte, ihren Karneval und ihre Identität zu feiern, solange sie die rassialistische/ethnische Hierarchie der weißen Suprematie des Status quo unberührt lassen. Das vorherrschende System im Vereinigten Königreich, in Kanada und in den Vereinigten Staaten ist eine institutionalisierte und verschleierte „positive Diskriminierung für Weiße“ (White affirmative action), von der die Weißen täglich und auf allen Ebenen der sozialen Existenz profitieren. Sie ist so mächtig, dass sie so weit normalisiert wurde, dass sie nicht mehr als solche erkannt wird.

Im französischen republikanischen Modell funktioniert das formale System der Gleichheit mit einem institutionalisierten und normalisierten „weißen männlichen Kommunitarismus“ (comunitarisme masculin blanc). Wenn rassialistische/​geschlechtliche/sexuelle Minderheiten gegen Diskriminierung protestieren, werden sie von den „weißen männlichen Kommunitaristen“ an der Macht beschuldigt, als „Kommunitaristen“ (communitaristes) zu handeln. Als ob die Eliten an der Macht rassialistisch und geschlechtlich blind/neutral wären und sich allen gegenüber nach einem „universalen Prinzip der Gleichheit“ verhalten würden. Die weiße Suprematie in Frankreich operiert mit dem Mythos einer „rassialistisch-blinden Gesellschaft“. Der „rassialistisch-blinde Rassismus“ ist in Frankreich so weit institutionalisiert und normalisiert, dass er den diskriminierenden „weißen männlichen Kommunitarismus“ an der Macht unsichtbar macht.

Islamophobie ist ein typisches Beispiel dafür. Die so genannte Neutralität des Westens wird widerlegt, wenn Muslime ihre Praktiken und Identitäten im öffentlichen Raum bekräftigen und wenn sie als mit gleichen Rechten ausgestattete Bürger in westlichen Staaten gegen Diskriminierung im Bildungswesen oder auf dem Arbeitsmarkt klagen. Das „Schleiergesetz“ (loi sur le voile) in Frankreich, das muslimischen Frauen das Tragen des „Schleiers“ in öffentlichen Einrichtungen verbietet, oder die Inhaftierung und Folterung tausender Muslime in den Vereinigten Staaten ohne ordnungsgemäßes Verfahren sind nur die jüngsten Beispiele in einer langen Liste von Missständen.

Auf globaler Ebene war Islamophobie der vorherrschende Diskurs, der in der Ära nach den Bürgerrechten und nach der Unabhängigkeit in den vorherrschenden kulturell-rassistischen Diskursen gegen Araber eingesetzt wurde. Die Ereignisse von 9/11 haben den anti-arabischen Rassismus durch eine islamophobe Hysterie in der ganzen Welt eskalieren lassen, insbesondere bei den herrschenden Eliten der USA und Israels. Letzteres ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass die USA und Israel Palästinenser, Araber und Muslime im Allgemeinen schon Jahrzehnte vor 9/11 als Terroristen dargestellt haben.14 Die Verantwortung der US-Außenpolitik wird nie mit den tragischen Ereignissen von 9/11 in Verbindung gebracht. Der Kalte Krieg der USA gegen das Reich des Bösen in Afghanistan in den 1980er Jahren finanzierte, unterstützte und kreierte ein globales Netzwerk islamischer fundamentalistischer Terrorgruppen, die sie zur damaligen Zeit noch „Freiheitskämpfer“ nannten, das aber mit 9/11 auf sie zurückschlug.15 Die USA waren an den Operationen von Osama Bin-Laden und al-Qaida als Teil der globalen/imperialen Pläne und Operationen der CIA gegen die Sowjetunion in den 1980er Jahren beteiligt.

Es ist indes einfacher, den Arabern die Schuld zu geben und rassistische, islamophobe Argumente anzuführen, als die US-Außenpolitik der letzten 50 Jahre kritisch zu hinterfragen. Dasselbe gilt für Saddam Hussein, der ein treuer Verbündeter der USA war und in den 1980er Jahren einen von der CIA finanzierten schmutzigen Krieg gegen den Iran führte, der den imperialen/globalen Plänen der USA folgte, und der später zum Feind der USA erklärt und von den US-Eliten fälschlicherweise beschuldigt wurde, Verbindungen zu al-Qaida zu unterhalten, um einen lange geplanten Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen.16

Es ist symptomatisch, dass die Araber in den meisten westlichen Ländern immer noch so wahrgenommen werden, als stellten sie „die Mehrheit der Muslime in der Welt“ dar, obwohl sie nur ein Fünftel der gesamten muslimischen Weltbevölkerung ausmachen. Dies hängt mit den globalen/imperialen Plänen des Westens zur Beherrschung und Ausbeutung des Öls im Nahen Osten und dem Widerstand der Araber dagegen zusammen. Das in den westlichen Medien (Zeitungen, Filme, Radio, Fernsehen usw.) seit langem übertriebene Erscheinungsbild der Araber als terroristisch und gewalttätig war grundlegend für die neue Welle des anti-arabischen Rassismus in Verbindung mit einem islamophoben Diskurs durch kulturellen Rassismus vor und nach 9/11.17 Es ist kein Zufall, dass der anti-arabische Rassismus für den größten Teil der Islamophobie im Westen verantwortlich ist. Auch die im Westen lebenden Muslime südasiatischer und afrikanischer Herkunft bekommen einen Teil des anti-arabischen Rassismus zu spüren, insbesondere in den USA.18

 7.3 Islamophobie als Orientalismus

Eines der kulturell-rassistischen Argumente, die heute gegen Muslime vorgebracht werden, ist deren „patriarchalische und sexistische Herabsetzung von Frauen“. Als Teil der Konstruktion von Muslimen als inferior gegenüber dem Westen ist die Unterdrückung der Frauen durch die Männer ein wichtiges Argument, um ihre „unzivilisierten“ und „gewalttätigen“ Werte/Verhaltensweisen zu bekräftigen. Es ist eine Ironie des Schicksals, wenn westliche patriarchalische und christlich-konservative Fundamentalisten so tun, als seien sie Fürsprecher des Feminismus, wenn sie über den Islam sprechen. George W. Bushs Hauptargument für den Einmarsch in Afghanistan war die Notwendigkeit, braune Frauen von den Gräueltaten brauner Männer zu befreien. Die Heuchelei dieses Arguments wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Bush-Regierung in den acht Jahren ihrer Amtszeit in den USA aktiv den christlich-patriarchalischen Fundamentalismus verteidigte, Abtreibung und zivile/soziale Rechte der Frauen ablehnte, während sie für den Einmarsch in Afghanistan das Argument der Frauenrechte gegen die Taliban anführte.

Die Rhetorik von „weißen Männern als Retter der farbigen Frauen vor den patriarchalischen Herabsetzungen durch farbige Männer“ geht auf die Kolonialzeit zurück. Sie hat historisch dazu gedient, die wahren Gründe für die Kolonisation des Nicht-Westens durch die weißen Männer zu verschleiern.

Wir wissen jetzt, dass die wahren Gründe für die Invasion Afghanistans durch die Bush-Regierung und deren Fortsetzung durch die Obama-Regierung in der geopolitisch-strategischen Lage des Landes und seiner Bedeutung im Hinblick auf seine Nähe zu Öl und Gas in Südasien liegen. Unmittelbar nach der Invasion erteilte das besetzte Afghanistan transnationalen Gas- und Ölkonzernen die rechtliche Erlaubnis, Pipelines über sein Territorium zu bauen.19 Die islamophobe Darstellung von Muslimen als Wilde, die westlicher zivilisierender Missionen bedürfen, ist das Hauptargument, mit dem globale/imperiale militärische und ökonomische Pläne verschleiert werden.

Außerdem ist die Kolonisation des Islams durch das Patriarchat nicht nur auf den Islam beschränkt. Die gleichen Herabsetzungen gegen Frauen können wir bei Christen (Katholiken und Protestanten) oder jüdischen Männern beobachten. Man kann in christlichen Texten ebenso viele patriarchalische und sexistische Gedanken finden wie in jüdischen oder muslimischen Texten. Die sexistische und patriarchalische Charakterisierung des Islams ist jedoch das, was in der Presse dargestellt wird, während über die patriarchalische Unterdrückung von Frauen, die vom Judentum und Christentum im Westen aufrechterhalten und praktiziert wird, fast nichts gesagt wird. Es ist wichtig zu erwähnen, dass der Islam die erste Religion der Welt war, die Frauen vor mehr als tausend Jahren das Recht auf Scheidung zugestanden hat. Die christliche Welt erkannte das Recht der Frauen auf Scheidung erst sehr spät im späten 20. Jahrhundert an, und die katholische Kirche und viele Länder erkennen es immer noch nicht an. Wir sagen dies nicht, um patriarchalische Herabsetzungen von Frauen durch einige muslimische Männer zu rechtfertigen, sondern um die stereotype rassialistische Darstellung in Frage zu stellen, die nur muslimische Männer zur Quelle der Herabsetzungen von Frauen in der ganzen Welt macht. Dieses islamophobe Argument ist inkohärent, inkonsistent und falsch. Es dient einzig den globalen/imperialen Plänen des Westens.

Somit haben wir es in der heutigen Welt nicht mit einem Kampf der Kulturen, sondern mit einem Kampf der Fundamentalismen20 und einem Kampf der Patriarchate zu tun. Die Bush-Regierung verteidigte christlich-fundamentalistische Argumente, um den „islamischen Feind“ als Teil der alten Kreuzzüge zu charakterisieren, während islamische Fundamentalisten eine ähnliche Sprache verwenden.21 Erstere verteidigen im Namen der Zivilisation und des Fortschritts eine westliche Form des Patriarchats mit der christlichen monogamen Familie im Zentrum, während letztere eine nicht-westliche Form des Patriarchats verteidigen, in der die Polygamie für Männer (nicht für Frauen) als zentraler Bestandteil für die Familienstruktur anerkannt wird. Wie islamische Feministinnen jedoch betonen, sind patriarchalische Versionen des Islams nicht wesenhaft islamisch, sondern stellen die Kolonisation des Islams durch das Patriarchat dar.22 Die Auslegung der ursprünglichen heiligen Schriften wurde im Laufe der Geschichte des Islams von Männern vereinnahmt.

Das Gleiche gilt für die jüdischen und christlichen heiligen Texte. Die Interpretationen wurden durch patriarchalische Auslegungen der Schriften als dominante Perspektive in diesen Weltreligionen kontrolliert. Daher gibt es im heutigen Weltsystem kein „Patriarchat“ als einzelnes System, sondern „Patriarchate“ im Sinne mehrerer Systeme der geschlechtlichen Vorherrschaft von Männern über Frauen. Es ist jedoch von grundlegender Bedeutung zu betonen, dass das patriarchalische System, das im heutigen Weltsystem globalisiert wurde, die westlich-christliche Form des Patriarchats ist. Nicht-westliche Formen des Patriarchats haben mit dem Westen in peripheren Regionen des Weltsystems koexistiert, und in vielen Epochen der Kolonialgeschichte hat sich der Westen mit ihnen bei ihren kolonialen/​imperialen Projekten verschworen.

So zu tun, als sei das Patriarchat als System der geschlechtlichen Vorherrschaft außerhalb des Westens und im Islam angesiedelt, ist eine historisch-orientalistische Verzerrung, die auf westliche rassistische Darstellungen des Islams im 18. Jahrhundert zurückgeht. Die europäische koloniale Expansion hat nicht nur Kapitalismus und Militarismus, sondern auch das christliche Patriarchat in die ganze Welt exportiert.

Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass orientalistische Sichtweisen durch rassistisch-exotische und inferior-essentialistische Darstellungen des Islams als in der Zeit eingefroren gekennzeichnet sind.23 Diesen orientalistischen Darstellungen des Islams nach dem 18. Jahrhundert gingen dreihundert Jahre Okzidentalismus (die Superiorität des Westens über den Rest) vom späten 15. Jahrhundert bis zum Aufkommen des Orientalismus im 18. Jahrhundert voraus.24 Die historische und politische Bedingung der Möglichkeit für die Entstehung des Orientalismus war der Okzidentalismus.

 7.4 Islamophobie als epistemischer Rassismus

Der Okzidentalismus schuf das epistemische Privileg und die hegemoniale Identitätspolitik des Westens, von dem aus die „Anderen“ beurteilt und das Wissen über sie erzeugt wird. Die Ego-Politik des Wissens von René Descartes im 17. Jahrhundert, in der die westlichen Männer an die Stelle Gottes als Grund des Wissens treten, ist die Grundlage der modernen westlichen Philosophie. Wie Enrique Dussel25, lateinamerikanischer Philosoph der Befreiung, uns jedoch in Erinnerung ruft, ging Descartes’ ego cogito („Ich denke, also bin ich“) 150 Jahre lang ego conquiro („Ich erobere, also bin ich“) voraus. Der von Descartes verfochtene Blick mit dem Auge Gottes übertrug die Attribute des christlichen Gottes auf die westlichen Männer (men) (das Geschlecht ist hier nicht zufällig). Dies war jedoch nur von einem imperialen Sein/Wesen (Imperial Being) aus möglich, das heißt von der Subjektivität eines Menschen aus, der im Zentrum der Welt steht, weil er sie bereits erobert hat.

Der Mythos von der Fähigkeit der westlichen Männer, ein universales Wissen jenseits von Zeit und Raum hervorzubringen, war für die imperialen/globalen Entwürfe von grundlegender Bedeutung. Die cartesianische Ego-Politik des Wissens führte zu dem, was der kolumbianische Philosoph Santiago Castro-Gomez die „Nullpunkt“-Perspektive nannte. Die „Nullpunkt“-Perspektive bezeichnet den westlichen Mythos eines Standpunkts, der sich selbst als jenseits eines Standpunkts begreift. Dieser Mythos erlaubte es den westlichen Männern, ihr Wissen als universal, neutral und objektiv zu deklarieren. Zeitgenössische Autoren wie Samuel Huntington26 reproduzieren eine Kombination des alten Okzidentalismus mit dem Orientalismus. Die Superiorität des Westens wird als selbstverständlich vorausgesetzt, und das epistemische Privileg der westlichen Identitätspolitik, von dem aus Urteile über den „Anderen“ und globale/imperiale Entwürfe überall auf der Welt hervorgebracht werden, ist eine unhinterfragte Grundannahme.

Welche Bedeutung hat diese epistemische Betrachtung für die Islamophobie? Ausgehend von der hegemonialen Identitätspolitik und dem epistemischen Privileg des Westens werden die übrigen Epistemologien und Kosmologien der Welt als Mythos, Religion, Folklore oder Kultur subalternisiert, indem nicht-westliches Wissen unter den Status von Philosophie und Wissenschaft herabgestuft wird. Von dieser hegemonialen epistemischen Position aus entwerfen westliche Denker den Orientalismus über den Islam. Ersteres führt zu epistemischem Rassismus, das heißt zur Inferiorisierung und Subalternisierung nicht-westlichen Wissens, während letzteres zum Orientalismus führt. Die Subalternisierung und Inferiorisierung des Islams bedeutete nicht nur eine Herabstufung des Islams zu bloßer Spiritualität, sondern auch eine im Hinblick auf seine Epistemologie.

Islamische kritische Denker werden als inferior gegenüber den westlichen/christlichen Denkern betrachtet. Die Superiorität der westlichen Epistemologie erlaubt es dem Westen unter Bezugnahme auf seine Autorität, das islamische „Andere“ als inferiores, in der Zeit erstarrtes Volk zu konstruieren. Epistemischer Rassismus führt zur Orientalisierung des Islams. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da Islamophobie als eine Form des Rassismus nicht ausschließlich ein soziales Phänomen darstellt, sondern auch eine epistemische Frage aufwirft. Epistemischer Rassismus erlaubt es dem Westen, sich das kritische Denken islamischer Denker zu westlichen globalen/imperialen Entwürfen nicht anhören zu müssen. Das Denken, das von nicht-westlichen Standorten ausgeht, wird nicht für beachtenswert gehalten, außer um es als „unzivilisiert“, „primitiv“, „barbarisch“ und „rückständig“ darzustellen. Der epistemische Rassismus erlaubt es dem Westen, einseitig zu entscheiden, was für die Muslime heute das Beste ist, und verhindert jede Möglichkeit eines ernsthaften interkulturellen Dialogs. Islamophobie als eine Form des Rassismus gegenüber Muslimen manifestiert sich nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungswesen, im öffentlichen Raum, im globalen Krieg gegen den Terrorismus oder in der globalen Wirtschaft, sondern auch auf dem epistemologischen Schlachtfeld der Festlegung der Prioritäten der heutigen Welt.

Jüngste Ereignisse wie der Anschlag vom 11. September in den USA (9/11), die Unruhen in den Pariser „Banlieues“, gegen Immigranten gerichtete Fremdenfeindlichkeit, die Demonstrationen gegen dänische Karikaturen des Propheten, die Bombenanschläge auf Londoner U-Bahn-Stationen, der Triumph der Hamas bei den palästinensischen Wahlen, der Widerstand der Hizbullah gegen die israelische Invasion im Libanon, die Bombenanschläge auf spanische Vorortzüge (3/11) und der Atomenergiekonflikt mit dem Iran wurden in der westlichen Öffentlichkeit mit islamophober Sprache kodiert. Westliche Politiker (mit Ausnahme von Rodríguez Zapatero in Spanien) und die Mainstream-Medien haben sich an den islamophoben Reaktionen auf die geschilderten Ereignisse mitschuldig gemacht, wenn nicht sogar aktiv daran mitgewirkt.

Epistemischer Rassismus als die unsichtbarste Form des Rassismus trägt zur Legitimierung einer Schar von Experten, Beratern, Fachleuten, Beamten, Akademikern und Theologen bei, die trotz ihrer absoluten Unkenntnis des Themas und ihrer islamophoben Vorurteile weiterhin mit Autorität über den Islam und die Muslime sprechen. Diese Schar von Intellektuellen, die orientalistisches Wissen über die Inferiorität des Islams und seiner Völker verbreiten, gibt es seit dem 16. Jahrhundert in Spanien27 und seit dem 18. Jahrhundert in Frankreich und England28. Sie tragen zur arroganten Zurückweisung islamischer Denker durch den Westen bei.

Epistemischer Rassismus und epistemischer Sexismus sind die verborgensten Formen von Rassismus und Sexismus in dem globalen System, in dem wir alle leben, dem „verwestlichten/christianisierten modernen/kolonialen kapitalistischen/patriarchalischen Weltsystem“.29 Sozialer, politischer und ökonomischer Rassismus und Sexismus sind heute viel sichtbarer und bekannter als epistemologischer Rassismus/Sexismus. Der epistemische Rassismus ist jedoch die grundlegende Form und eine alte Version des Rassismus, bei der die Inferiorität „nicht-westlicher“ Völker als unterhalb der Grenze des Menschseins (Nicht-Menschen oder Untermenschen) aufgrund ihrer Nähe zur Tierheit definiert ist; und letztere wird aufgrund ihrer inferioren Intelligenz und somit mangelnden Rationalität definiert.

Epistemischer Rassismus funktioniert durch die Privilegierung einer essentialistischen („Identitäts“-)Politik „westlicher“ männlicher Eliten, das heißt der hegemonialen Denktradition der westlichen Philosophie und Gesellschaftstheorie, die fast nie „westliche“ Frauen und nie „nicht-westliche“ Philosophen/​Philosophien und Sozialwissenschaftler (Männer und Frauen) einschließt. In dieser Tradition gilt der „Westen“ als die einzige legitime Denktradition, die in der Lage ist, Wissen hervorzubringen, und als die einzige, die Zugang zu „Universalität“, „Rationalität“ und „Wahrheit“ hat. Epistemischer Rassismus betrachtet „nicht-westliches“ Wissen als inferior gegenüber „westlichem“ Wissen. Da epistemischer Rassismus mit epistemischem Sexismus verwoben ist, stellt die westzentrische Sozialwissenschaft eine Form des epistemischen Rassismus/Sexismus dar, die das Wissen der „westlichen“ Männer als das superiore Wissen in der heutigen Welt privilegiert.

Wenn wir den Kanon der in den westlichen akademischen Disziplinen privilegierten Denker betrachten, können wir feststellen, dass sie ausnahmslos „westliche“ männliche Denker und Theorien privilegieren, vor allem die von europäischen und europäisch-nordamerikanischen Männern. Diese hegemoniale essentialistische „Identitätspolitik“ ist so mächtig und so normalisiert – durch den Diskurs der „Objektivität“ und „Neutralität“ der cartesianischen „Ego-Politik des Wissens“ in den Sozialwissenschaften -, dass sie verbirgt, wer spricht und von welchem Ort der Macht aus, so dass wir, wenn wir an „Identitätspolitik“ denken, sofort annehmen, wie durch „Commonsense“, dass wir über rassialisierte Minderheiten sprechen. Ohne die Existenz einer essentialistischen „Identitätspolitik“ unter rassialisierten Minderheiten zu leugnen, benutzt die hegemoniale „Identitätspolitik“ – die des eurozentrischen männlichen Diskurses – diesen identitären, rassistischen und sexistischen Diskurs, um alle kritischen Interventionen zu verwerfen, die in Epistemologien und Kosmologien von unterdrückten Gruppen und „nicht-westlichen“ Denktraditionen wurzeln.30

Der zugrundeliegende Mythos der verwestlichten Akademie ist immer noch der szientifizistische (scientificist) Diskurs der „Objektivität“ und „Neutralität“, der den „Ort der Äußerung“ (locus of enunciation) des Sprechers verbirgt, das heißt wer spricht und von welcher in den bestehenden Machtverhältnissen im Weltmaßstab verorteten epistemischen Körper- und Geopolitik des Wissens aus. Durch den Mythos der „Ego-Politik des Wissens“ (die in Wirklichkeit immer durch einen „westlichen“ männlichen Körper und eine eurozentrische Geopolitik des Wissens spricht) werden kritische Stimmen von Individuen und Gruppen, die durch diesen hegemonialen epistemischen Rassismus und Sexismus inferiorisiert und subalternisiert werden, verleugnet und als partikularistisch abgetan.

Wenn die Epistemologie eine Farbe hat – wie der afrikanische Philosoph Emmanuel Chukwudi Eze31 so treffend feststellt – und wenn sie zudem ein Geschlecht hat – wie die afroamerikanische Soziologin Patricia Hill Collins32 argumentiert hat -, dann hat die eurozentrische Epistemologie, die die Sozialwissenschaften beherrscht, sowohl eine Farbe als auch ein Geschlecht. Die Konstruktion der Epistemologie „westlicher“ Männer als superior und der übrigen Welt als inferior ist ein wesenhafter Bestandteil des epistemologischen Rassismus/Sexismus, der im Weltsystem seit mehr als 500 Jahren vorherrscht.

Das epistemische Privileg des „Westens“ wurde durch die Zerstörung von al-Andalus durch die spanische katholische Monarchie und die europäische koloniale Expansion seit dem späten 15. Jahrhundert in die Wege geleitet und normalisiert. Von der Neubestimmung der Welt gemäß der christlichen Kosmologie (Europa, Afrika, Asien und später Amerika) und der Charakterisierung alles nichtchristlichen Wissens als Produkt heidnischer und teuflischer Kräfte bis hin zur Annahme innerhalb ihres eigenen eurozentrischen Provinzialismus, dass „Wahrheit“ und „Universalität“ im Durchgang durch Renaissance, Aufklärung und westliche Wissenschaften nur innerhalb der griechisch-römischen Tradition erreicht werden, wurde das epistemische Privileg der westlichen, eurozentrischen, männlichen „Identitätspolitik“ so weit normalisiert, dass es als hegemoniale „Identitätspolitik“ unsichtbar wurde. Sie wurde zum universalen normalisierten Wissen. Auf diese Weise wurden alle „anderen“ Denktraditionen als inferior abgetan (im 16. Jahrhundert als „Barbaren“, im 19. Jahrhundert als „Primitive“, im 20. Jahrhundert als „unterentwickelt“ und zu Beginn des 21. Jahrhunderts als „antidemokratisch“).

Daher sind seit der Herausbildung der westlichen liberalen Sozialwissenschaften im 19. Jahrhundert sowohl der epistemische Rassismus als auch der epistemische Sexismus konstitutiv für ihre Disziplinen und ihre Wissensproduktion. Die westlichen Sozialwissenschaften gehen in ihrer Wissensproduktion von der Inferiorität, Voreingenommenheit und mangelnden Objektivität des „nicht-westlichen“ Wissens und der Superiorität des „Westens“ aus. Infolgedessen basiert die westliche Gesellschaftstheorie auf den Erfahrungen von fünf Ländern (Frankreich, England, Deutschland, Italien und den USA), die nur knapp 12 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Der Provinzialismus der Gesellschaftstheorie der westlichen Sozialwissenschaften mit ihrem falschen Anspruch auf Universalität gibt vor, die soziale Erfahrung der anderen 88 Prozent der Weltbevölkerung zu repräsentieren. Kurzum, der Eurozentrismus mit seinem epistemischen Rassismus/Sexismus ist eine Form des Provinzialismus, der sich in den heutigen Sozialwissenschaften fortsetzt.

Gegen diese hegemoniale „Identitätspolitik“, die stets christliche und westliche Schönheit, Wissen, Traditionen, Spiritualitäten und Kosmologien privilegierte, während sie nicht-christliche und nicht-westliche Schönheit, Wissen, Traditionen, Spiritualitäten und Kosmologien als inferior und subaltern abtat, entwickelten die durch diese hegemonialen Diskurse als inferior und subaltern abgestempelten Subjekte/Untertanen ihre eigene „Identitätspolitik“ als Reaktion auf den Rassismus der ersteren. Dieser Prozess ist notwendiger Bestandteil eines Prozesses der Selbstaufwertung in einer rassistischen Welt, die sie als inferior abstempelt und ihnen ihr Menschsein abspricht.

Dieser Prozess der identitären Selbstbestätigung hat jedoch seine Grenzen, wenn er zu fundamentalistischen Vorhaben führt, die die dichotomen Begriffe der hegemonialen „westlichen“, männlichen, eurozentrischen, rassistischen und sexistischen philosophischen Denktradition auf den Kopf stellen. Wenn beispielsweise davon ausgegangen wird, dass subalterne nicht-westliche ethnische/rassialistische Gruppen superior und die vorherrschenden westlichen rassialistischen/ethnischen Gruppen inferior sind, werden lediglich die Begriffe des hegemonialen westlichen Rassismus umgedreht, ohne dessen grundlegendes Problem zu überwinden, das heißt den Rassismus, der einige Menschen als inferior abstempelt und andere aus kulturellen oder biologischen Gründen zur Kategorie der Superioren erhebt.33

Ein weiteres Beispiel ist die Übernahme – wie von einigen islamischen und afrozentrischen Fundamentalisten vollzogen – des hegemonialen, fundamentalistischen, eurozentrischen Diskurses, wonach die europäische Tradition die einzige ist, die von Natur aus und dem Wesen nach demokratisch ist, während die nicht-europäischen „Anderen“ als von Natur aus und dem Wesen nach autoritär angesehen werden, wodurch der nicht-westlichen Welt demokratische Diskurse und Formen der institutionellen Demokratie (die sich natürlich von der westlichen liberalen Demokratie unterscheiden) vorenthalten werden und folglich politischer Autoritarismus unterstützt wird. Das ist es, was alle Dritte-Welt-Fundamentalisten tun, wenn sie die eurozentrische, fundamentalistische, falsche Prämisse übernehmen, dass die einzige demokratische Tradition die westliche ist, und daher davon ausgehen, dass die Demokratie nicht für ihre „Kultur“ und ihre „Gesellschaften“ gilt, und monarchische, autoritäre und/oder diktatorische Formen der politischen Autorität verteidigen. Damit wird lediglich eine auf den Kopf gestellte Form des eurozentrischen Essentialismus reproduziert. Die Vorstellung, dass „Demokratie“ dem Wesen nach „westlich“ ist und dass „nicht-demokratische“ Formen dem Wesen nach „nicht-westlich“ sind, wird sowohl von eurozentrischen fundamentalistischen Diskursen als auch von deren Abwandlungen wie den „Dritte-Welt“-Fundamentalismen geteilt.

Die „Spaltungen“, die sich aus dieser Identitätspolitik ergeben, reproduzieren letztlich in auf den Kopf gestellter Form denselben Essentialismus und Fundamentalismus des hegemonialen eurozentrischen Diskurses. Wenn wir Fundamentalismus als jene Perspektive definieren, die ihre eigene Kosmologie und Epistemologie als superior und als einzige Quelle der Wahrheit ansieht und andere Epistemologien und Kosmologien inferiorisiert und ihnen die Ebenbürtigkeit abspricht, dann ist der Eurozentrismus nicht nur eine Form des Fundamentalismus, sondern der hegemoniale Fundamentalismus in der heutigen Welt.

Diese Dritte-Welt-Fundamentalisten (afrozentrische, islamistische, indigenistische usw.), die als Reaktion auf den hegemonialen eurozentrischen Fundamentalismus entstehen und von der „westlichen“ Presse täglich auf die Titelseiten der Zeitungen gebracht werden, sind untergeordnete Formen des eurozentrischen Fundamentalismus, insofern sie die dichotomen, essentialistischen, rassialistischen Hierarchien des eurozentrischen Fundamentalismus reproduzieren und aufrechterhalten.34

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine politische Konsequenz dieser epistemologischen Erörterung darin besteht, dass die gegenwärtigen Diskussionen über den politischen Islam, über die Demokratie und über den so genannten „Krieg gegen den Terrorismus“ auf einem „epistemischen Rassismus“ beruhen. Der „westliche“ epistemische Rassismus, der „nicht-westliche“ Epistemologien und Kosmologien inferiorisiert und die „westliche“ Epistemologie als die superiore Form des Wissens und als einzige Quelle für die Definition von Menschenrechten, Demokratie, Staatsbürgerschaft usw. privilegiert, disqualifiziert den „Nicht-Westen“ letztlich als unfähig, Demokratie, Gerechtigkeit, Menschenrechte, wissenschaftliche Erkenntnisse usw. hervorzubringen. Dem liegt die essentialistische Vorstellung zugrunde, dass Vernunft und Philosophie im „Westen“ verortet sind, während nicht-rationales Denken beim „Rest“ zu lokalisieren ist.

 7.5 Islamophobie in Gestalt eurozentrischer Sozialwissenschaften

Wie ich in diesem Artikel zu argumentieren versucht habe, ist der epistemische Rassismus in der Form von epistemischer Islamophobie eine grundlegende und konstitutive Logik der modernen/kolonialen Welt und ihrer legitimen Formen der Wissensproduktion. Europäische Humanisten und Gelehrte haben seit dem 16. Jahrhundert argumentiert, dass islamisches Wissen dem des Westens gegenüber inferior sei. Die Debatte über die Morisken im Spanien des 16. Jahrhunderts war voll von epistemischen, islamophoben Vorstellungen.35 Nach der Vertreibung der Morisken im frühen 17. Jahrhundert wurde die Inferiorisierung der „Moros“ im Rahmen eines epistemischen islamophoben Diskurses fortgesetzt. Einflussreiche europäische Denker des 19. Jahrhunderts wie zum Beispiel Ernest Renan führten aus, „der Islam sei mit Wissenschaft und Philosophie unvereinbar“36.

In ähnlicher Weise gibt es in den Sozialwissenschaften konkrete Manifestationen von epistemischer Islamophobie in den Werken klassischer Gesellschaftstheoretiker der westzentrischen patriarchalischen Sozialwissenschaft wie Karl Marx und Max Weber.

Sukidi stellt dazu fest:

Der Islam, so Weber, war das genaue Gegenteil des Calvinismus. Es gab keine Doppeldeutigkeit im Hinblick auf die Prädestination im Islam. Stattdessen enthält der Islam, wie Weber in Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus37 feststellte, einen Glauben an die Vorherbestimmung (predetermination), nicht an die Prädestination (predestination), die das Schicksal der Muslime in dieser Welt, nicht in der nächsten, betraf.38 Die von den Calvinisten vertretene Lehre der Prädestination, die sie zu harter Arbeit als einer Pflicht (Beruf, Berufung) veranlasste, ist bei den Muslimen nicht zu finden. In der Tat, wie Weber argumentiert, „das ethisch Entscheidende: die ‚Bewährung‘ als Prädestinierter, [spielte] im Islam keine Rolle“39. Ohne das Konzept der Prädestination konnte der Islam den Gläubigen keine positive Einstellung zum diesseitigen Handeln vermitteln. Infolgedessen sind die Muslime zum Fatalismus verurteilt.40

Die Rationalisierungen von Lehre und Lebensführung waren dem Islam fremd. Weber verwendete den Glauben an die Prädestination als Schlüsselbegriff, um die Rationalisierung der Lehre und der Lebensführung zu erklären. Im Calvinismus konnte der Glaube an die Prädestination durchaus eine ethische Rigorosität, Gesetzlichkeit und eine rationale diesseitige Handlungsweise hervorbringen. Nichts von alledem war im Islam vorhanden. Dementsprechend führte der islamische Glaube an die Prädestination nicht zu einer Rationalisierung der Lehre und der Lebensführung. Im Gegenteil, er machte die Muslime zu irrationalen Fatalisten. Der Islam, so Weber, hat durch das „Eindringen des Heiligenkults und schließlich der Magie […] vollends von jeder eigentlichen Lebensmethodik abgeführt“41.42

Wenn wir der Logik Webers bis zu ihrer letzten Konsequenz folgen, das heißt, dass Muslime irrationale und fatalistische Menschen sind, dann kann von ihnen kein ernstzunehmendes Wissen kommen. Was ist die Geopolitik des Wissens, die in Webers epistemischem Rassismus gegenüber Muslimen eine Rolle spielt? Die Geopolitik des Wissens ist die epistemische Islamophobie der deutschen und französischen Orientalisten, die sich in Webers Verdikt über den Islam wiederholt. Für Weber ist es nur die christliche Tradition, die den ökonomischen Rationalismus und damit den modernen westlichen Kapitalismus hervorbringt. Der Islam kann mit der „Superiorität“ der westlichen Werte nicht mithalten, da es ihm an Individualität, Rationalität und Wissenschaft mangelt. Rationale Wissenschaft und die daraus abgeleitete rationale Technologie sind, so Weber, den orientalischen Zivilisationen unbekannt. Diese Aussagen sind äußerst problematisch.

Wissenschaftler wie Saliba43 und Graham44 haben den Einfluss der wissenschaftlichen Entwicklungen in der islamischen Welt auf den Westen, die moderne Wissenschaft und die moderne Philosophie nachgewiesen. Rationalität war ein zentraler Grundsatz der islamischen Zivilisation. Während Europa während des so genannten Mittelalters in obskurantistischem feudalem Aberglauben versank, war die Schule von Bagdad das weltweite Zentrum der intellektuellen und wissenschaftlichen Produktivität und Kreativität. Die orientalistischen Ansichten Webers und der Weberianer über den Islam reproduzieren eine epistemische Islamophobie, nach der Muslime trotz historischer Beweise nicht in der Lage sind, Wissenschaft zu betreiben und Rationalität zu besitzen.

Das gleiche Problem der epistemischen Islamophobie finden wir allerdings auch bei Marx und Engels. Obwohl Marx 1882 zwei Monate in Algier verbrachte, um sich von einer Krankheit zu erholen, schrieb er fast nichts über den Islam. Marx hatte indes eine orientalistische, epistemische, rassistische Sicht auf nicht-westliche Völker im Allgemeinen, über die er ausführlich schrieb.45 Darüber hinaus schrieb sein enger Mitstreiter Friedrich Engels über muslimische Völker und wiederholte die gleichen rassistischen Stereotypen, die Marx gegen „orientalische“ Völker verwendete. In Bezug auf die französische Kolonisation Algeriens sagte Engels:

Alles in allem ist es unserer Meinung nach ein großes Glück, dass der arabische Anführer gefangen genommen wurde. Der Kampf der Beduinen war aussichtslos, und obwohl die Art und Weise, wie brutale Soldaten wie Bugeaud den Krieg geführt haben, höchst tadelnswert ist, ist die Eroberung Algeriens eine wichtige und glückliche Tatsache für den Fortschritt der Zivilisation. Die Piraterie der barbarischen Staaten, in die die englische Regierung nie eingegriffen hat, solange sie ihre Schiffe nicht störte, konnte nur durch die Eroberung eines dieser Staaten unterbunden werden. Und die Eroberung Algeriens hat bereits die Herrscher von Tunis und Tripolis und sogar den König von Marokko gezwungen, den Weg der Zivilisation zu beschreiten. Sie waren gezwungen, für ihre Leute eine andere Beschäftigung als die Piraterie zu finden [...] Und wenn wir auch bedauern, dass die Freiheit der Beduinen in der Wüste zerstört wurde, so dürfen wir doch nicht vergessen, dass dieselben Beduinen ein Volk von Räubern waren, deren Lebensunterhalt hauptsächlich darin bestand, sich gegenseitig oder die sesshaften Dorfbewohner zu überfallen, zu rauben, was sie fanden, alle, die sich widersetzten, abzuschlachten und die übrigen Gefangenen als Sklaven zu verkaufen. Alle diese Völker freier Barbaren sehen aus der Ferne sehr stolz, edel und ruhmreich aus, aber wenn man sich ihnen nähert, wird man feststellen, dass sie ebenso wie die zivilisierteren Völker von der Gier nach Gewinn beherrscht werden und nur gröbere und grausamere Mittel anwenden. Und schließlich ist der moderne Bürger (bourgeois) mit seiner Zivilisation, seiner Industrie, seiner Ordnung und seiner zumindest verhältnismäßigen Aufgeklärtheit dem feudalen, marodierenden Räuber mit seinem barbarischen Gesellschaftszustand, dem er angehört, vorzuziehen.46

Engels’ Standpunkt ist ganz klar: die koloniale Expansion unterstützen und die westliche Zivilisation bringen, auch wenn diese bürgerlich und brutal ist, um einen „barbarischen“ Zustand zu überwinden. Die Superiorität des „Westens über den Rest“ und insbesondere über die Muslime wird in dieser Aussage ganz deutlich. Im Rahmen der Betrachtungen über Indien kommt der irrationale Fanatismus der Muslime in dem folgenden Zitat von Engels zum Ausdruck:

Die Kriegführung der Aufständischen beginnt nun, den Charakter des Krieges anzunehmen, den die Beduinen Algeriens gegen die Franzosen führen, mit dem Unterschied, daß die Hindus längst nicht so fanatisch und daß sie kein Reitervolk sind.47

Wenn es irgendeinen Zweifel daran gibt, dass Marx die Ansichten von Engels über die Inferiorität von Muslimen und „nicht-westlichen“ Völkern gegenüber dem Westen teilt, dann ist das folgende Zitat eine Bestätigung:

Die Frage ist [...] nicht, ob die Engländer ein Recht hatten, Indien zu erobern, sondern ob ein von den Türken, den Persern, den Russen erobertes Indien dem von den Briten eroberten vorzuziehen wäre.

England hat in Indien eine doppelte Mission zu erfüllen: eine zerstörende und eine erneuernde – die Zerstörung der alten asiatischen Gesellschaftsordnung und die Schaffung der materiellen Grundlagen einer westlichen Gesellschaftsordnung in Asien.

Die Araber, Türken, Tataren, Moguln, die Indien nacheinander überrannten, wurden rasch hinduisiert, denn einem unabänderlichen Gesetz der Geschichte zufolge werden barbarische Eroberer selbst stets durch die höhere Zivilisation der Völker erobert, die sie sich unterwarfen. Die britischen Eroberer waren die ersten, die auf einer höheren Entwicklungsstufe standen und daher der Hindu-Zivilisation unzugänglich waren. […]

Der Tag ist nicht mehr fern, an dem dank dem Zusammenwirken von Eisenbahnen und Dampfschiffen die Entfernung zwischen England und Indien auf ein Zeitmaß von acht Tagen verkürzt und so dies einstige Märchenland wirklich an die Welt des Westens angeschlossen sein wird.48

Marx hatte nicht viel Hoffnung in den proletarischen Geist der muslimischen Massen, als er in Bezug auf die Ausdehnung des Osmanischen Reiches auf osteuropäische Gebiete Folgendes feststellte:

Die Hauptstütze der türkischen Bevölkerung in Europa ist – abgesehen von der stets bereiten Reserve in Asien – der Mob Konstantinopels und einiger anderer großer Städte. Er ist vorwiegend türkischer Abkunft, und obgleich er seinen Unterhalt hauptsächlich durch die Beschäftigung bei christlichen Kapitalisten verdient, hält er doch eifersüchtig an der eingebildeten Überlegenheit und an der tatsächlichen Straflosigkeit für alle Exzesse fest, die ihm der privilegierte Islam gegenüber den Christen verleiht. Es ist wohl bekannt, daß dieser Mob bei jedem wichtigen Coup d’état durch Bestechung und Schmeichelei gewonnen werden muß. Dieser Mob allein ist es, der, abgesehen von einigen kolonisierten Distrikten, die Hauptmasse der türkischen Bevölkerung in Europa bildet. Und sicherlich wird sich früher oder später die absolute Notwendigkeit herausstellen, einen der schönsten Teile des europäischen Kontinents von der Herrschaft eines Mobs zu befreien, mit dem verglichen der Mob des römischen Kaiserreichs eine Versammlung von Weisen und Helden war.49

Für Marx sind die türkischstämmigen Muslime, ähnlich wie für Weber, ein Mob von Unwissenden, der die Mobs des Römischen Reiches wie Weise aussehen lässt. Er rief zum Befreiungskampf gegen die muslimischen Mobs. Dementsprechend ist für Marx die westliche Zivilisation superior, und er rief dazu auf, die nicht-westlichen Muslime zu zivilisieren. Aus seiner Sicht ist die westliche koloniale Expansion besser, als ein barbarisches, inferiores Volk in einem zeitlosen Stadium verharren zu lassen.

Marx misstraute den Muslimen und war von den wesenhaft fremdenfeindlichen Zügen des Islams überzeugt, weshalb er über den westlichen Kolonialismus auf apologetische Weise schrieb. Marx legte dar:

Da der Koran jeden Ausländer zum Feind erklärt, so wird niemand wagen, in einem muselmanischen Land aufzutreten, ohne seine Vorsichtsmaßregeln getroffen zu haben. Die ersten europäischen Kaufleute, die das Risiko des Handels mit solch einem Volk auf sich nahmen, gedachten deshalb, sich anfänglich für ihre Person Ausnahmebedingungen und Privilegien zu sichern, die sich aber später auf ihre ganze Nation ausdehnten. Daher rührt der Ursprung der Kapitulationen.50

Indem er den typischen epistemischen Rassismus der orientalistischen Vorstellung seiner Zeit wiederholte, schrieb Marx:

Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist „harby“, d.h. der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen.51

Diese grob vereinfachte, essentialistische und reduktionistische Sicht des Islams aus einer judeo-/christozentrischen, westzentrischen Perspektive war Teil des epistemischen Rassismus und der herablassenden Bevormundung des islamischen Denkens durch die Orientalisten, von denen Marx keine Ausnahme darstellte.

Marx war der Ansicht, dass der Säkularismus von grundlegender Bedeutung sei, damit die Revolution in den Ländern der Muslime eine Chance habe. Er schrieb:

Schafft man also ihre Unterwerfung unter den Koran durch eine zivile Emanzipation ab, so hebt man gleichzeitig ihre Unterwerfung unter die Geistlichkeit auf und ruft eine Revolution in ihren sozialen, politischen und religiösen Verhältnissen hervor [...]. Wer den Koran durch einen code civil „ein Bürgerliches Gesetzbuch“ ersetzt, der muß die ganze Struktur der byzantinischen Gesellschaft nach abendländischem Muster verändern.52

Diese säkularistische Sichtweise von Marx war eine typische koloniale Strategie, die von den westlichen Imperien befördert wurde, um die Weisen des Denkens und Lebens der kolonialen Subjekte/Untertanen zu zerstören und so jede Spur von Widerstand zu verhindern. Mit der Behauptung, die Muslime seien der Herrschaft einer „Religion“ unterworfen, projizierte Marx die Kosmologie der säkularisierten westzentrischen, christozentrischen Sichtweise auf den Islam.

Der Islam versteht sich nicht als „Religion“ im verwestlichten, christianisierten Sinne einer von Politik, Wirtschaft usw. getrennten Sphäre. Der Islam stellt vielmehr eine Kosmologie dar, die der Idee von tauhīd folgt, einer Lehre von der Einheit, einer ganzheitlichen Weltsicht, die die eurozentrische cartesianische moderne/koloniale Weltsicht im Westen zerstört hat und mit ihrer kolonialen Expansion auch im Rest der Welt zu zerstören versuchte. Die Praxis der kolonialen Christianisierung im frühen modernen/kolonialen Zeitalter und des Säkularismus nach der kolonialen Expansion im späten 18. Jahrhundert war Teil des „Epistemizids“ (epistemicide)53 und des „Religiozid“ (religiouscide), das heißt die durch die westliche koloniale Expansion in Gang gesetzte Vernichtung nicht-westlicher Spiritualität und Wissensformen. Epistemizid und „Religiozid“ ermöglichten die Kolonisation des Geistes/Körpers der kolonialen Subjekte/Untertanen.

Wenn Marx und Weber die klassischen Theoretiker der Sozialwissenschaften sind, so sind die westlichen Sozialwissenschaften von epistemischen eurozentrischen und islamophoben Vorurteilen geprägt. Die Dekolonisierung der westlichen Sozialwissenschaften würde viele wichtige Prozesse nach sich ziehen, die wir hier nicht im Detail ausführen können. Aber einer davon wäre, den Kanon der Gesellschaftstheorie zu erweitern, um die Beiträge dekolonialer europäischer und nicht-europäischer Gesellschaftstheoretiker wie Boaventura de Sousa Santos, Salman Sayyid, Ali Schariati, Aníbal Quijano, Silvia Rivera Cusicanqui, W.E.B. Dubois, Silvia Wynter und anderer Gesellschaftstheoretiker, die von der Unterseite der Moderne/Modernität her denken, als zentralen Bestandteil mit einzubeziehen. Diese Denker einzubeziehen ist keine Frage des Multikulturalismus, sondern der Schaffung einer rigoroseren und pluriversalen (im Gegensatz zu einer universalen) dekolonialen Sozialwissenschaft. Insbesondere Ali Schariati ist ein islamischer Sozialwissenschaftler, der wichtige Kritiken an westlichen Gesellschaftstheoretikern wie Marx vorgebracht hat und in den heutigen Sozialwissenschaften ignoriert wird.

Was wir derzeit als Sozialwissenschaft bezeichnen, ist eine partikulare, provinzielle (westliche männliche Denktradition), die für den Rest absteckt, was Sozialwissenschaft ist und was gültiges, universales Wissen darstellt. Um die verwestlichten, provinziellen Sozialwissenschaften zu dekolonisieren, müssen wir in einen globalen, inter-epistemischen, horizontalen Dialog zwischen Sozialwissenschaftlern aus verschiedenen epistemischen Denktraditionen eintreten, um neue, dekoloniale Sozialwissenschaften in einem pluriversalen Modus anstelle des derzeitigen universalistischen Modus zu gründen. Dies ist keine leichte Aufgabe, und wir können in diesem Artikel nicht im Detail darauf eingehen, was dies bedeutet.

Der Übergang vom Universalismus zum Pluriversalismus in den Sozialwissenschaften ist allerdings von grundlegender Bedeutung für den Übergang von Rahmenbedingungen, in denen man dem Rest etwas vorschreibt (koloniale Sozialwissenschaften), zu einem neuen Paradigma, in dem die Herausbildung von Konzepten und Wissen das Ergebnis eines wirklich inter-epistemischen, horizontalen und universalen Dialogs ist (dekoloniale Sozialwissenschaften). Dies ist kein Aufruf zum Relativismus, sondern dazu, Universalität als Pluriversalität zu begreifen, das heißt als Ergebnis der inter-epistemischen Interaktion im horizontalen Modus und nicht als Ergebnis der gegenwärtigen uni­versalistischen Sozialwissenschaften der mono-epistemischen imperialen/kolonialen Interaktion mit dem Rest der Welt.

 7.6 (Un)Schluss: Islamophobe Debatten heute

Die Bedeutung dieser Erörterung der Islamophobie liegt in den vielen Gesichtern, die sie annimmt, und in den Folgen, die sie in heutigen Debatten und in der öffentlichen Politik hat. Der islamophobe Rassismus als eine Form des epistemischen Rassismus und der von ihm abgeleitete eurozentrische Fundamentalismus in der Gesellschaftstheorie manifestieren sich in den heutigen Diskussionen über Menschenrechte und Demokratie. „Nicht-westliche“ Epistemologien, die Menschenrechte und Menschenwürde anders definieren als der Westen, werden als inferior gegenüber „westlichen“ hegemonialen Festlegungen betrachtet und somit von der globalen Diskussion über diese Fragen ausgeschlossen.

Wenn die islamische Philosophie und das islamische Denken von eurozentrischen Denkern und der klassischen Gesellschaftstheorie als inferior gegenüber dem Westen dargestellt werden, dann ist die logische Konsequenz, dass sie nichts zur Frage der Demokratie und der Menschenrechte beizutragen haben und nicht nur von der globalen Diskussion ausgeschlossen, sondern unterdrückt werden sollten. Die zugrundeliegende westzentrische Sichtweise besagt, dass Muslime so lange an der Diskussion teilnehmen können, wie sie aufhören, als Muslime zu denken und die hegemoniale eurozentrische liberale Definition von Demokratie und Menschenrechten übernehmen. Jeder Muslim, der versucht, diese Fragen aus der islamischen Tradition heraus zu denken, wird sofort des Fundamentalismus verdächtigt. Islam und Demokratie oder Islam und Menschenrechte gelten im hegemonialen eurozentrischen „Commonsense“ als ein Widerspruch in sich.

Die Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie beruht auf der epistemischen Inferiorisierung der muslimischen Weltsicht. Heute spricht eine Schar von epistemischen rassistischen „Experten“ im Westen mit Autorität über den Islam, ohne ernstzunehmendes Wissen von der islamischen Tradition. Die Stereotypen und Lügen, die in der westlichen Presse und in Zeitschriften immer und immer wieder wiederholt werden, werden schließlich, wie in Goebbels nazistischer Propagandatheorie, als Wahrheit geglaubt. Wie Edward Said vor nicht allzu langer Zeit schrieb:

Eine Schar von Experten für die islamische Welt ist zu Berühmtheit gelangt, die in Krisenzeiten herangezogen werden, um in Nachrichtensendungen oder Talkshows ihre formelhaften Vorstellungen über den Islam zu verkünden. Es scheint auch eine seltsame Wiederbelebung kanonischer, wenn auch zuvor diskreditierter, orientalistischer Vorstellungen über im Allgemeinen nicht-weiße Muslime gegeben zu haben – Vorstellungen, die in einer Zeit, in der rassialistische oder religiöse Falschdarstellungen jeder anderen kulturellen Gruppe nicht mehr so ungestraft in Umlauf gebracht können, eine erstaunliche Verbreitung gefunden haben. Böswillige Verallgemeinerungen über den Islam sind zur letzten akzeptablen Form der Verunglimpfung fremder Kulturen im Westen geworden; was über den muslimischen Geist oder Charakter oder die Religion oder die Kultur als Ganzes gesagt wird, kann in der Mainstream-Diskussion nicht mehr über Afrikaner, Juden, andere Orientalen oder Asiaten gesagt werden. […]

Ich behaupte [...], dass das meiste davon eine inakzeptable Verallgemeinerung der unverantwortlichsten Art ist und niemals für irgendeine andere religiöse, kulturelle oder demografische Gruppe auf der Erde verwendet werden kann. Was wir von der ernstzunehmenden Forschung westlicher Gesellschaften mit ihren komplexen Theorien, enorm vielschichtigen Analysen von sozialen Strukturen, Geschichten und kulturellen Formationen sowie anspruchsvollen Untersuchungsmethoden erwarten, sollten wir auch von der Erforschung und Diskussion islamischer Gesellschaften im Westen erwarten.54

Die Verbreitung dieser Stereotypen trägt dazu bei, dass Muslime als rassialistisch-inferiore, gewalttätige Kreaturen dargestellt werden. Daher werden sie leicht mit „Terrorismus“ in Verbindung gebracht und als „Terroristen“ hingestellt.

 

 Literatur

Ali, Tariq, Fundamentalismus im Kampf um die Weltordnung: Die Krisenherde unserer Zeit und ihre historischen Wurzeln, Übers. Petra Hrabak, Sonja Schuhmacher & Rita Seuß, Diederichs, München, 2003; englisches Original: Ali, Tariq, The Clash of Fundamentalisms: Crusades, Jihads and Modernity, Verso, London, 2009.

Dussel, Enrique, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.

Engels, Friedrich, French Rule in Algiers, The Northern Star, 22. Januar 1848, in: MECW, 6, S. 469-472; zitiert nach: S. Avineri, Karl Marx on Colonialism and Modernization, Doubleday, New York, 1968, S. 43.

Ernst, Carl W., Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.

Eze, Emmanuel, „The Color of Reason. The Idea of ‚Race‛ in Kant’s Anthropology“, in: Emmanuel Eze (Hrsg.), Postcolonial African Philosophy. A Critical Reader, Oxford, 1997, S. 103-140.

Graham, Mark, How Islam Created the Modern World, Amana Publications, Beltsville/Maryland, 2006.

Grosfoguel, Ramón, Colonial Subjects, Puerto Ricans in a Global Perspective, California University Press, Berkeley, 2003.

Grosfoguel, Ramón, World-Systems Analysis in the Context of Transmodernity, Border Thinking, and Global Coloniality, REVIEW Vol. XIX, No. 2, 2006, S. 167-187.

Grosfoguel, Ramón, „Menschenrechte und Antisemitismus nach GAZA“, in diesem Band: Ramón Grosfoguel, Horizonte dekolonialen Denkens. Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne, Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf (Hrsg. & Übers.), tredition, Hamburg, 2024, S. 343-375; englisches Original: Ramón Grosfoguel, „Human Rights and Anti-Semitism after GAZA“, in: Historicizing Anti-Semitism, Human Architecture: Journal of the Sociology of Self-Knowledge, Okcir Press, Belmont, MA, 7, 2009, S. 89-102.

Grosfoguel, Ramón, „Dekolonisierung postkolonialer Studien und Paradigmen der politischen Ökonomie: Transmoderne, Dekoloniales Denken und Globale Dekolonialität“, in diesem Band: Ramón Grosfoguel, Horizonte dekolonialen Denkens. Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne, Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf (Hrsg. & Übers.), tredition, Hamburg, 2024, S. 155-215; englisches Original: Ramón Grosfoguel, „Decolonizing Post-Colonial Studies and Paradigms of Political-Economy: Transmodernity, Decolonial Thinking, and Global Coloniality“, in: Transmodernity: Journal of Peripheral Cultural Production of the Luso-Hispanic World, 1, 2011.

Hill Collins, Patricia, Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness and the Politics of Empire, Routledge, London, 1991.

Huntington, Samuel P., Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, Übers. Holger Fliessbach, Goldmann, München, 2002; englisches Original: Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order, Simon & Schuster, New York, 1996.

Johnson, Chalmers, Nemesis: The Last Days of the American Republic. Metropolitan Books, New York, 2006.

Maldonado-Torres, Nelson, „Reconciliation as a Contested Future: Decolonization as Project or Beyond the Paradigm of War“, in: Iain S. Maclean (Hrsg.), Reconciliation: Nations and Churches in Latin America, Ashgate, London, 2006, S. 225-245.

Maldonado-Torres, Nelson, Against War: Views from the Underside of Modernity, Duke University Press, Durham, 2008.

Maldonado-Torres, Nelson, „Religion, Conquest, and Race in the Foundations of the Modern/Colonial World“, in: Journal of the American Academy of Religion, 82, 2014, S. 636-665.

Marx, Karl & Engels, Friedrich, Werke, Dietz, Berlin, 1960/61.

Mernissi, Fatima, Der politische Harem – Mohammed und die Frauen, Übers. Veronika Kabis-Alamba, Herder, Freiburg im Breisgau/​Basel/Wien, 1992; französisches Original: Fatima Mernissi, Le harem politique : le Prophète et les femmes, Albin Michel, 1987.

Mignolo, Walter, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

Moore, Carlos, Were Marx and Engels White Racists?, The Prolet-Aryan Outlook of Marx and Engels, Institute of Positive Education, Chicago/​Illinois, 1977.

de Perceval, José María Pérez, „Animalitos del señor: Aproximación a una teoría de las animalizaciones propias y del otro, sea enemigo o siervo, en la España imperial (1550-1650)“, in: Áreas: Revista Internacionale de Ciencias Sociales, Universidad de Murcia, Nr. 14, 1992, S. 173-184.

de Perceval, José María Pérez, Todos son uno. Arquetipos, xenofobia y racismo. La imagen del morisco en la monarquía española durante los siglos XVI y XVII, Instituto de Estudios Almerienses, Almería, 1997.

Rashid, Ahmed, Taliban. Afghanistans Gotteskrieger und der Dschihad, Übers. Harald Riemann, Rita Seuß & Thomas Stauder, Droemer Knaur, München, 2022; englisches Original: Ahmed Rashid, Taliban. The Power of Militant Islam in Afghanistan and Beyond, Bloomsbury Publishing, London, 2010.

Risen, James, State of War: Die geheime Geschichte der CIA und der Bush-Administration, Hoffmann und Campe, Hamburg, 2006; englisches Original: James Risen, State of War: The Secret History of the CIA and the Bush Administration, Simon & Schuster, New York, 2006.

Said, Edward, Covering Islam: How the Media and the Experts Determine How We See the Rest of the World, Pantheon Books, New York, 1981.

Said, Edward, Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978.

Salaita, Steven, Anti-Arab Racism in the United States: Where it Comes from and What it Means for Politics Today, Pluto Press, London, 2006.

Saliba, George, Islamic Science and the Making of the European Renaissance, MIT Press, Cambridge, 2011.

Sukidi, „Max Weber’s remarks on Islam: The Protestant Ethic among Muslim puritans“, in: Islam and Christian-Muslim Relations, 17, Nr. 2, MIT Press, Boston, 2006, S. 195-205.

Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Mohr Siebeck, Tübingen, 2002.

Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus, Springer VS, Wiesbaden, 2016.


 


1Ramón Grosfoguel, World-Systems Analysis in the Context of Transmodernity, Border Thinking, and Global Coloniality, REVIEW Vol. XIX, No. 2, 2006, S. 167-187.

2Ebenda.

3Ebenda.

4Anm. d. Hrsg.: Dieser Artikel wurde im Jahr 2012 veröffentlicht. Da die neueren Entwicklungen im Fall Tariq Ramadan demnach keine Berücksichtigung finden, wurde von der Übersetzung des ehemals fünften Unterkapitels mit der Überschrift „Islamophobia as intellectual irresponsibility: the Western case against Tariq Ramadan“ (Islamophobie als intellektuelle Unverantwortlichkeit: die westlichen Vorwürfe gegen Tariq Ramadan) abgesehen.

5José María Pérez de Perceval, „Animalitos del señor: Aproximación a una teoría de las animalizaciones propias y del otro, sea enemigo o siervo, en la España imperial (1550-1650)“, in: Áreas: Revista Internacionale de Ciencias Sociales, Universidad de Murcia, Nr. 14, 1992, S. 173-184.

6Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.

7Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

8Nelson Maldonado-Torres, „Reconciliation as a Contested Future: Decolonization as Project or Beyond the Paradigm of War“, in: Iain S. Maclean (Hrsg.), Reconciliation: Nations and Churches in Latin America, Ashgate, London, 2006, S. 225-245.

9Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

10Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.

11José María Pérez de Perceval, „Animalitos del señor: Aproximación a una teoría de las animalizaciones propias y del otro, sea enemigo o siervo, en la España imperial (1550-1650)“, in: Áreas: Revista Internacionale de Ciencias Sociales, Universidad de Murcia, Nr. 14, 1992, S. 173-184. José María Pérez de Perceval, Todos son uno. Arquetipos, xenofobia y racismo. La imagen del morisco en la monarquía española durante los siglos XVI y XVII, Instituto de Estudios Almerienses, Almería, 1997.

12Ramón Grosfoguel, Colonial Subjects, Puerto Ricans in a Global Perspective, California University Press, Berkeley, 2003.

13Siehe den Fall von Jose Padilla, einem Puerto-Ricaner aus Chicago, der mehr als drei Jahre in einer isolierten Zelle eines Militärgefängnisses verbracht hat, ohne dass eine Anklage erhoben wurde. Obwohl Puerto-Ricaner US-Bürger sind, erlaubt das neofaschistische Gesetz des US Patriot Act die uneingeschränkte Inhaftierung von US-Bürgern ohne Anklage und Verfahren vor einem Zivilgericht. Der erste öffentliche Anklagepunkt gegen Padilla, der von den US-Behörden bei seiner Verhaftung erhoben wurde, war, dass er angeblich ein Dokument zum Selbstbau einer Atombombe in seiner Wohnung in Chicago besaß. Diese Anschuldigung ist so lächerlich, dass sie ihn mehrere Jahre lang ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren inhaftiert hielten.

14Edward Said, Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978. Edward Said, Covering Islam: How the Media and the Experts Determine How We See the Rest of the World, Pantheon Books, New York, 1981.

15Chalmers Johnson, Nemesis: The Last Days of the American Republic, Metropolitan Books, New York, 2006.

16James Risen, State of War: Die geheime Geschichte der CIA und der Bush-Administration, Hoffmann und Campe, Hamburg, 2006; englisches Original: James Risen, State of War: The Secret History of the CIA and the Bush Administration, Simon & Schuster, New York, 2006.

17Edward Said, Covering Islam: How the Media and the Experts Determine How We See the Rest of the World, Pantheon Books, New York, 1981.

18Steven Salaita, Anti-Arab Racism in the United States: Where it Comes from and What it Means for Politics Today, Pluto Press, London, 2006.

19Ahmed Rashid, Taliban. Afghanistans Gotteskrieger und der Dschihad, Übers. Harald Riemann, Rita Seuß & Thomas Stauder, Droemer Knaur, München, 2022; englisches Original: Ahmed Rashid, Taliban. The Power of Militant Islam in Afghanistan and Beyond, Bloomsbury Publishing, London, 2010.

20Tariq Ali, Fundamentalismus im Kampf um die Weltordnung: Die Krisenherde unserer Zeit und ihre historischen Wurzeln, Übers. Petra Hrabak, Sonja Schuhmacher & Rita Seuß, Diederichs, München, 2003; englisches Original: Ali, Tariq, The Clash of Fundamentalisms: Crusades, Jihads and Modernity, Verso, London, 2009.

21Ebenda.

22Fatima Mernissi, Der politische Harem – Mohammed und die Frauen, Übers. Veronika Kabis-Alamba, Herder, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien, 1992; französisches Original: Fatima Mernissi, Le harem politique : le Prophète et les femmes, Albin Michel, 1987.

23Edward Said, Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978.

24Walter Mignolo, Local Histories/Global Design: Coloniality, Border Thinking and Subaltern Knowledge, Princeton University Press, Princeton, 2000.

25Enrique Dussel, Von der Erfindung Amerikas zur Entdeckung des Anderen: ein Projekt der Transmoderne, Patmos, Düsseldorf, 1993; spanisches Original: Enrique Dussel, 1492: El encubrimiento del Otro. Hacia el origen del „mito de la Modernidad“, Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación, La Paz, 1992.

26Samuel P. Huntington, Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, Übers. Holger Fliessbach, Goldmann, München, 2002; englisches Original: Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order, Simon & Schuster, New York, 1996.

27José María Pérez de Perceval, „Animalitos del señor: Aproximación a una teoría de las animalizaciones propias y del otro, sea enemigo o siervo, en la España imperial (1550-1650)“, in: Áreas: Revista Internacionale de Ciencias Sociales, Universidad de Murcia, Nr. 14, 1992, S. 173-184.

28Edward Said, Orientalismus, Übers. Hans Günter Holl, S. Fischer, Frankfurt am Main, 2009; englisches Original: Edward Said, Orientalism, Pantheon Books, New York, 1978.

29Ramón Grosfoguel, „Dekolonisierung postkolonialer Studien und Paradigmen der politischen Ökonomie: Transmoderne, Dekoloniales Denken und Globale Dekolonialität“, in diesem Band: Ramón Grosfoguel, Horizonte dekolonialen Denkens. Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne, Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf (Hrsg. & Übers.), tredition, Hamburg, 2024, S. 155-215; englisches Original: Ramón Grosfoguel, „Decolonizing Post-Colonial Studies and Paradigms of Political-Economy: Transmodernity, Decolonial Thinking, and Global Coloniality“, in: Transmodernity: Journal of Peripheral Cultural Production of the Luso-Hispanic World, 1, 2011.

30Nelson Maldonado-Torres, Against War: Views from the Underside of Modernity, Duke University Press, Durham, 2008. Nelson Maldonado-Torres, „Religion, Conquest, and Race in the Foundations of the Modern/Colonial World“, in: Journal of the American Academy of Religion, 82, 2014, S. 636-665.

31Emmanuel Eze, „The Color of Reason. The Idea of ‚Race‛ in Kant’s Anthropology“, in: Emmanuel Eze (Hrsg.), Postcolonial African Philosophy. A Critical Reader, Oxford, 1997, S. 103-140.

32Patricia Hill Collins, Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness and the Politics of Empire, Routledge, London, 1991.

33Ramón Grosfoguel, Colonial Subjects, Puerto Ricans in a Global Perspective, California University Press, Berkeley, 2003.

34Ramón Grosfoguel, „Menschenrechte und Antisemitismus nach GAZA“, in diesem Band: Ramón Grosfoguel, Horizonte dekolonialen Denkens. Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne, Yusuf Kuhn & Daniel Rudolf (Hrsg. & Übers.), tredition, Hamburg, 2024, S. 343-375; englisches Original: Ramón Grosfoguel, „Human Rights and Anti-Semitism after GAZA“, in: Historicizing Anti-Semitism, Human Architecture: Journal of the Sociology of Self-Knowledge, Okcir Press, Belmont, MA, 7, 2009, S. 89-102.

35José María Pérez de Perceval, „Animalitos del señor: Aproximación a una teoría de las animalizaciones propias y del otro, sea enemigo o siervo, en la España imperial (1550-1650)“, in: Áreas: Revista Internacionale de Ciencias Sociales, Universidad de Murcia, Nr. 14, 1992, S. 173-184. José María Pérez de Perceval, Todos son uno. Arquetipos, xenofobia y racismo. La imagen del morisco en la monarquía española durante los siglos XVI y XVII, Instituto de Estudios Almerienses, Almería, 1997.

36Carl W. Ernst, Mohammed folgen. Der Islam in der modernen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, S. 45; englisches Original: Carl W. Ernst, Following Muhammad; Rethinking Islam in the Contemporary World, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 2003.

37Max Weber, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus, Springer VS, Wiesbaden, 2016, S. 204.

38Ebenda.

39Ebenda.

40Sukidi, „Max Weber’s remarks on Islam: The Protestant Ethic among Muslim puritans“, in: Islam and Christian-Muslim Relations, 17, Nr. 2, MIT Press, Boston, 2006, S. 195-205, hier: S. 197.

41Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Mohr Siebeck, Tübingen, 2002, S. 376.

42Sukidi, „Max Weber’s remarks on Islam: The Protestant Ethic among Muslim puritans“, in: Islam and Christian-Muslim Relations, 17, Nr. 2, MIT Press, Boston, 2006, S. 195-205, hier: S. 199-200.

43George Saliba, Islamic Science and the Making of the European Renaissance, MIT Press, Cambridge, 2011.

44Mark Graham, How Islam Created the Modern World, Amana Publications, Beltsville/Maryland, 2006.

45Carlos Moore, Were Marx and Engels White Racists?, The Prolet-Aryan Outlook of Marx and Engels, Institute of Positive Education, Chicago/​Illinois, 1977.

46Friedrich Engels, French Rule in Algiers, The Northern Star, 22. Januar 1848, in: MECW, Vol. 6, S. 469-472; zitiert nach: S. Avineri, Karl Marx on Colonialism and Modernization, Doubleday, New York, 1968, S. 43.

47Karl Marx & Friedrich Engels, Werke, Dietz, 12, Berlin/DDR, 1961, S. 521

48Karl Marx & Friedrich Engels, Werke, Dietz, 9, Berlin/DDR, 1960, S. 221-222.

49Ebenda, S. 8-9.

50Karl Marx & Friedrich Engels, Werke, Dietz, 10, Berlin/DDR, 1960, S. 171-172.

51Ebenda, S. 170.

52Ebenda, S. 171.

53Anm. d. Hrsg.: „Epistemizid“ ist ein von Boaventura de Sousa Santos geprägter Begriff. Siehe dazu Fußnote 4 auf Seite 71.

54Edward Said, Covering Islam: How the Media and the Experts Determine How We See the Rest of the World, Pantheon Books, New York, 1981, S. xi-xvi.